Dr. Barbara Höll
55 Jahre, drei Kinder
Beruf: Philosophin Politischer Werdegang: Ich habe in Rostow am Don Philosophie studiert, in Magdeburg promoviert und war von 1981 bis 1990
wissenschaftliche Assistentin an der Handelshochschule Leipzig. In der Wendezeit vertrat ich den Demokratischen Frauenbund am Frauenpolitischen Runden
Tisch der Stadt. Das war mein Start in die Politik. 1990 kandidierte ich als Parteilose für die Liste der PDS für den Deutschen Bundestag, dem ich bis 2002
angehörte. 2004 wurde ich direkt in den Sächsischen Landtag gewählt. Seit 2005 bin ich wieder Mitglied des Bundestages und zuständig für Steuer- und
Finanzpolitik. Da mir gleiche Rechte für alle Menschen am Herzen liegen, ist die Gleichstellung von Lesben und Schwulen mein zweites Arbeitsfeld. Wie
verbringen Sie Ihre Freizeit? Meine Freizeit verbringe ich nach Möglichkeit mit meiner Tochter. Wir fahren gemeinsam Fahrrad im Auwald oder lesen
zusammen. An freien Abenden gehe ich gern ins Kino, ins Kabarett, in die Oper oder genieße die Gemeinschaft von Freunden. Seit Sommer bin ich Oma und freue
mich, wenn ich meinen Enkel sehen kann.
Frage Die Einwohnerzufriedenheit manifestiert sich zu einem großen Teil an der guten Infrastruktur, die Grünau aufzuweisen hat. Dazu
zählt natürlich auch der öffentliche Nahverkehr. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass Grünau auch in Zukunft nach Außen und im Inneren optimal
verkehrstechnisch erschlossen ist?
Dr. Barbara Höll
Dr. Barbara Höll Mit mir wird es keine Kürzungen beim Angebot von Straßenbahn und LVB-Bussen geben. Der Grünolino, dessen Einführung maßgeblich
auf die Fraktion DIE LINKE im Leipziger Stadtrat zurückgeht, hat sich zum Erfolgsmodell entwickelt und ist mittlerweile Vorbild für andere Stadtbezirke.
Die Staatsregierung hat aufgrund des massiven öffentlichen Drucks zugesichert, dass die S-Bahn in Grünau mit der Eröffnung des City-Tunnels wieder fährt.
Auch in Zukunft gibt es in diesem Punkt für mich keinen Verhandlungsspielraum. Grünau braucht die S1. Und selbstverständlich braucht Grünau ein eigenes
Polizeirevier!
Frage Grünau hat sich in den vergangenen Jahren städtebaulich stark gewandelt - lange Zeit eher unkoordiniert. Die Entwicklungsstrategie 2020
hat seit 2007 eine gewisse Planungssicherheit für Wohnungsunternehmen und Einwohner geschaffen. Trotzdem gibt es nach wie vor diesbezügliche Probleme
sowohl im Stadtumbaugürtel als auch im Kernbereich. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung Grünaus in städtebaulicher Hinsicht? Wie bewerten Sie die
momentane Fördermittelpolitik und welchen Einfluss von Verwaltung und Politik sehen Sie bei der Verwirklichung der einst gesteckten Entwicklungsziele?
Dr. Barbara Höll Die Entwicklung verlief sehr differenziert. Während die Einwohnerzahl in der Stadt Leipzig weiter wächst, geht sie in Grünau
nach wie vor zurück. Im Vergleich zu 1989 hat sich die Zahl der Einwohner in Grünau mehr als halbiert. Wahrscheinlich wirkt hier noch nach, dass Grünau von
vielen politisch Verantwortlichen schlecht gemacht wurde, anstatt die Vorzüge dieses Stadtteiles herauszustellen. Die neuerlichen Pläne einzelner
Wohnungsgenossenschaften, Wohnblocks abzureißen, sind unverantwortlich. Stattdessen sollte man an die positive Entwicklung der letzten Jahre anknüpfen und
den Stadtteil weiter entwickeln. Fördermittelgeber wie Land und Bund müssen endlich umdenken. Ich werde nicht weiter hinnehmen, dass lediglich der Abriss
gefördert wird. Wir brauchen Unterstützung beim Ausbau und der Aufwertung unserer Stadtteile!
Frage Grünau hatte einst die größte Dichte an Schulen und Kindertageseinrichtungen und verfügt auch heute noch über eine Vielzahl an
Bildungseinrichtungen für Kinder. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass das Angebot erhalten oder bestenfalls wieder verbessert wird?
Dr. Barbara Höll Die Vielfalt der Schulen und Kitas in Grünau ist ein Qualitätsmerkmal des Stadtteils. Hier gilt es anzuknüpfen. Denn
ausreichend Kitaplätze, sanierte Schulen, autofreie Zonen, die Nähe zum Kulkwitzer See, das viele Grün und zahlreiche Spielplätze sind die Voraussetzung
dafür, dass junge Familien zuziehen. Dieses Angebot werde ich erhalten und entwickeln sowie in der gesamtstädtischen Darstellung besser herausstellen. In
den Grünauer Schulen herrscht ein enormer Investitionsstau. Beim Max-Klinger-Gymnasium und in den Grünauer Grundschulen besteht dringender Handlungsbedarf.
Zudem werde ich dafür sorgen, dass Grünauer Schulstandorte eine gesicherte langfristige Perspektive erhalten.
Frage Auch in punkto Kultur ist Grünau besser als sein Ruf. Im gesamten Stadtteil gibt es unzählige kulturelle Angebote. Dem
Zentralisierungsgedanken folgend, sollen die wichtigsten davon nun im so genannten Bildungszentrum in der Mitte Grünaus gebündelt werden. Unterstützen Sie
diese Idee, beziehungsweise halten Sie dieses millionenschwere Projekt für realisierbar? Und wo sehen Sie Entwicklungspotenziale bei momentan bestehenden
Einrichtungen?
Dr. Barbara Höll Als Kultureinrichtung möchte ich das Theatrium hervorheben. Hier wird hervorragende Stadtteilarbeit mit künstlerischen Mitteln
geleistet, die finanzielle Sicherheit braucht. Ein Bildungszentrum in Grünau wertet die Attraktivität des Stadtteils deutlich auf. Langfristig ist das eine
richtige Investition, die ich unterstütze. Stadtteilbibliothek und Volkshochschule könnten so ihre Angebote noch besser auf einander abstimmen. Ein
Grünauer Bildungscampus darf aber nicht dazu führen, dezentrale Kultur- und Bildungsangebote zu reduzieren und die Vielfalt einzuschränken. Inwiefern die
angestrebte Zentralstadtteilbibliothek eine sinnvolle Lösung darstellt, möchte ich gern mit den Grünauerinnen und Grünauern besprechen.
Frage Wo sehen Sie Grünau ganz allgemein zum Ende Ihrer eventuellen Amtsperiode im Jahre 2020?
Dr. Barbara Höll Grünau macht seinem Namen als grüne Oase am Rand von Leipzig auch 2020 noch alle Ehre. Der Stadtteil ist jünger geworden, das
integrative Miteinander aller Generationen ist Vorbild für die ganze Stadt. 2020 ist Grünau so beliebt, dass von Abriss keiner mehr spricht, stattdessen
alte Brachen neu entwickelt werden und der öffentliche Nahverkehr ausgebaut wird. Der Bildungscampus hat dem kulturellen Leben in Grünau einen neuen Schub
verpasst und wird von allen Einwohnerinnen und Einwohner gut angenommen. Von hier gehen Kooperationen mit Initiativen und Vereinen im gesamten Stadtteil
aus.
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