Dirk Feiertag
34 Jahre, in glücklicher Lebenspartnerschaft mit 3 Kindern
Beruf: Selbständiger Rechtsanwalt, spezialisiert auf Sozialrecht Politischer Werdegang: Mit 16 Jahren wurde ich Vorstandssprecher des ökoscouts e.V.,
danach war ich Mitbegründer der Initiative SchülerInnen gegen Schacht Konrad, gründete den Verein Umweltjugend 2000 e.V., den Leipziger Stadtteilladen
Libelle, initiierte die Kampagne »Kita-Kürzungen-stoppen« und vertrat das gleichnamige Bürgerbegehren in der Öffentlichkeit. Wie
verbringen Sie Ihre Freizeit? Mit meiner Familie, möglichst in der Natur.
Frage Die Einwohnerzufriedenheit manifestiert sich zu einem großen Teil an der guten Infrastruktur, die Grünau aufzuweisen hat. Dazu
zählt natürlich auch der öffentliche Nahverkehr. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass Grünau auch in Zukunft nach Außen und im Inneren optimal
verkehrstechnisch erschlossen ist?
Dirk Feiertag
Dirk Feiertag Man hätte auf die Bürgerinnen und Bürger hören sollen, die im Frühjahr 2011 12.000 Unterschriften gegen die Einstellung der S1
sammelten. Die Gleisstrecke ist schon jetzt in einem bedauernswerten Zustand. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Einweihung des City-Tunnels auch
tatsächlich zu einer Reaktivierung der S1 führt. Quartiersbusse, wie mit dem »Grünolino« verwirklicht, sind dagegen Vorzeigeprojekte,
die nicht nur erhalten, sondern auch in anderen Stadtteilen erprobt werden sollten. Aber auch das Radwegenetz müssen wir im Auge behalten, in Richtung
Plagwitz ist es an einigen Stellen stark beschädigt. Hier muss nachgebessert werden. Mobilität ist ein wichtiger Faktor und Grünau ist in dieser Hinsicht
von besonderem Interesse, denn neben einem guten ÖPNV haben wir hier auch einen geringen Autoverkehr in den Quartieren. Beides sind Faktoren, die Grünau
zukunftsfähig machen.
Frage Grünau hat sich in den vergangenen Jahren städtebaulich stark gewandelt - lange Zeit eher unkoordiniert. Die Entwicklungsstrategie 2020
hat seit 2007 eine gewisse Planungssicherheit für Wohnungsunternehmen und Einwohner geschaffen. Trotzdem gibt es nach wie vor diesbezügliche Probleme
sowohl im Stadtumbaugürtel als auch im Kernbereich. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung Grünaus in städtebaulicher Hinsicht? Wie bewerten Sie die
momentane Fördermittelpolitik und welchen Einfluss von Verwaltung und Politik sehen Sie bei der Verwirklichung der einst gesteckten Entwicklungsziele?
Dirk Feiertag Statt millionenschwere Prestige-Projekte wie den Lindenauer Hafen zu fördern, hätte man mit dem Geld viele notwendige Sanierungen
beschleunigen können. Die Einflussnahme allein über das Sanierungsrecht reicht hier nicht aus. Auch das weitere Abreißen und Stilllegen von Wohnungen
müssen wir unbedingt unterbinden. Leipzig wächst, eine weitere Verknappung des Wohnraumes wird unweigerlich den Mietspiegel heben. Insbesondere die LWB
muss jetzt schnell umdenken, und ihre Rolle neu definieren, vom Verwalten und Veräußern hin zum Halten und Gestalten. Wie die historischen Dorfkerne der
eingemeindeten Ortsteile oder die Gründerzeitsubstanz der ehemaligen Arbeiterviertel tragen die städtebaulichen Besonderheiten Grünaus zu dem
vielgestaltigen Gesicht Leipzigs, wie wir es lieben, bei. Zentrales Anliegen meiner Kandidatur ist es, den Bürgerinnen und Bürgern mehr Verantwortung für
die Entwicklung und Gestaltung ihrer Quartiere und Viertel einzuräumen. Ich möchte die stadtteilspezifische Politik stärken, indem die Stadtbezirksbeiräte
das Rederecht vor dem Stadtrat erhalten und von den Menschen im Viertel gewählt, anstatt von Parteien im Rathaus benannt werden. Außerdem möchte ich mehr
Bürgerbefragungen durchführen. Denn gerade durch die Stärkung der Bürgerbeteiligung kann die Kommunalpolitik positiven Einfluss darauf nehmen, wohin die
Reise für einen Stadtteil geht.
Frage Grünau hatte einst die größte Dichte an Schulen und Kindertageseinrichtungen und verfügt auch heute noch über eine Vielzahl an
Bildungseinrichtungen für Kinder. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass das Angebot erhalten oder bestenfalls wieder verbessert wird?
Dirk Feiertag Es gibt zweifellos einige vorbildliche Bildungseinrichtungen in Grünau, diese können allerdings nur dann gehalten werden, wenn
der Bedarf besteht. Es nützt niemandem, beispielsweise neue Kitas zu bauen, wenn sie hinterher leer stehen. Wir müssen deshalb auch versuchen, mehr junge
Familien für Grünau zu gewinnen, denn momentan ist das Durchschnittsalter hier höher als in jedem anderen Stadtteil.
Frage Auch in punkto Kultur ist Grünau besser als sein Ruf. Im gesamten Stadtteil gibt es unzählige kulturelle Angebote. Dem
Zentralisierungsgedanken folgend, sollen die wichtigsten davon nun im so genannten Bildungszentrum in der Mitte Grünaus gebündelt werden. Unterstützen Sie
diese Idee, beziehungsweise halten Sie dieses millionenschwere Projekt für realisierbar? Und wo sehen Sie Entwicklungspotenziale bei momentan bestehenden
Einrichtungen?
Dirk Feiertag Gerade für Kunst- und Kulturschaffende ist eine gewisse Autonomie unerlässlich, damit ihre kreativen Ideen entsprechend
»gären« können. Eine Zentralisierung führt hier schnell zu einseitigen Angeboten. Trotzdem ist es wichtig, dass man sich besser vernetzt
und stärker miteinander kooperiert, damit die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden können. Ein gemeinsamer, zentraler Ort, der die Akteure
miteinander ins Gespräch bringt und Interessen vermittelt, kann dabei eine wesentliche Stütze sein. So etwas aber gegen den Willen der Kunst- und
Kulturschaffenden durchzusetzen, wäre völlig kontraproduktiv. Wenn die Idee weiter reifen soll, müssen diese, aber auch die Anwohner miteinander
diskutieren und sich einigen, was sie für Grünau wollen und ob bzw. in welcher Form ein »Bildungszentrum« dafür nützlich ist. Die Stadt
sollte sich hier moderierend einbringen und die Bürgerschaft dann dabei unterstützen, ein konsensfähiges Diskussionsergebnis tatkräftig umzusetzen.
Frage Wo sehen Sie Grünau ganz allgemein zum Ende Ihrer eventuellen Amtsperiode im Jahre 2020?
Dirk Feiertag Auf jeden Fall näher am Herzen der Stadt, durch guten ÖPNV und ein ausgebautes Radwegenetz. Als einen bunten Stadtteil im Grünen,
der zum Staunen, aber auch zum Verweilen einlädt. Der die Gäste der Stadt verführt, länger in Leipzig zu bleiben. Und in welchem sich Kinder und
Jugendliche, Erwachsene und Senioren gleichermaßen wohl fühlen können, sich achten, einander helfen und gemeinsam ihr Viertel gestalten. Ich werde mich
jedenfalls dafür einsetzen, dass im Rathaus in dieser Hinsicht endlich wieder eine klare politische Linie verfolgt wird.
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