Grün-As
Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Die unerträgliche Schönheit der Melancholie

Franz M. begeisterte im Sommergarten der Pauluskirche

Sie singen von »meydlakh vi blumen« - Mädchen wie Blumen / reizend und schön. Oder »a mazeldiker yid« - Hab ich viele kleine Kinder / Kinder schreien nach Vergnügen. / Hab ich mehr Schulden als Haare / und keinen Penny in der Tasche. Sie erzählen eindringlich von unbändiger Lebensfreude und tiefer Sehnsucht und Melancholie: Klezmer - »Gefäß des Liedes«. Eine Volksmusiktradition jüdischen Ursprungs. Prall gefüllt mit krekhts, »Schluchzern«, und dreydlekhs, eine Art Triller.

Abgelauscht der menschlichen Stimme. In lautmalerischer Nachahmung des liturgischen Gesangs. Lebensfrohe Begleitung von Hochzeiten und anderen Festen. »Az der rebe lakht«. Charakteristische Melodielinien, meist solistisch vorgetragen von Klarinetten, Geigen, Akkordeon. Unsterblicher Tevje: »Wenn ich einmal reich wär'...«

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Franz M.

Einige Leser werden sich noch an Namen erinnern wie Gerry Wolff, Lin Jaldati, Jalda Rebling. Lin Jaldati, geboren 1912 in Amsterdam, die eigentlich Rebekka Brilleslijper hieß, war Mitglied der Lagergemeinschaft Auschwitz und des Komitees für Menschenrechte der DDR. Die holländische Jüdin räumte singend die »Trümmer in den Köpfen und Herzen der Menschen auf«, sagte einst Anna Seghers über sie. Und das, vielleicht gerade weil sie Anne Frank persönlich kennengelernt hatte. Jalda Rebling, die Tochter, trat engagiert in die Fußstapfen der Mutter. Die Künstlerin war 1987 Initiatorin der UNESCO-Weltkulturdekade »Tage der Jiddischen Kultur«.

Auch in Leipzig, vom 23. bis 30. Juni, feierte man. Heute verbinden wir Namen wie Küf Kaufmann, Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinde in Leipzig, mit engagierter lebendiger jüdischer Kultur. Und diese kommt mit ihm auch mal in umfangreicher Sammlung jüdischer Witze daher. »Fröhlich und meschugge«. Intelligent und immer ein wenig schlitzohrig. Und der tröstlichen Gewissheit: »Wodka ist immer koscher!«

Die Klezmermusik selbst ist in den letzten Jahren facettenreicher geworden. So verwundert es nicht, dass genreübergreifend Künstler diese aufgreifen. Klarinettist Giora Feidman, die Ikone an der Klarinette, und der Leipziger Organist Matthias Eisenberg setzten in gemeinsamen Konzerten aufwühlende Akzente. Die Schauspielerin Nina Hoger und das Ensemble Noisten verbindet in ihren gemeinsamen Programmen Lyrik und Klezmermusik: »redt yidish mir ale darfn farshteyn« - sprecht jiddisch / wir alle dürfen's verstehen.

Das Leipziger Musikerduo Franz M. steht für ein musikalisches Programm von Tango bis Klezmer, von Jazzigem bis Klassik. Der charismatische Michael Breitenbach und die etwas entrückt spielende Franziska Klimpel sind fest verwurzelt in der Leipziger Musikszene. Geerdet. Barfuss. Ihre Liebe zur Klezmermusik erwächst aus der Liebe zur Musik, dem Rhythmus, der tiefen Menschlichkeit. »Bay mir bistu sheyn!« Und das lassen die beiden ihr Publikum miterleben.

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