Leipzig
Grün-As Stadtteilmagazin
»Wir wissen uns nicht mehr zu helfen«
Im Interview: Ines Ackermann, Vizepräsidentin des TSV Leipzig 76 e.V.
Hinter dem Namen TSV Leipzig 76 e.V. steckt echte Power. Und zwar Grünauer Power. Der Sportverein mit über 1600 Mitgliedern - davon die Hälfte Kinder - gehört zu den größten in Leipzig. Im Stadtteil ist er
gar der größte überhaupt. So verwundert es kaum, dass er auch im größten Mehrzweckgebäude Grünaus seine Wirkungsstätte hat: in der Völkerfreundschaft. Seit 1998 ist der Verein in der Einrichtung beheimatet und
hat sich bislang immer wohl gefühlt. Seit gut einem halben Jahr ist dies jedoch anders. »Grün-As« unterhielt sich mit Ines Ackermann, Vizepräsidentin des TSV über die Ursachen.
»Grün-As« Frau Ackermann, was hat sich denn in den letzten Monaten derart verändert, dass Sie sich hier nicht mehr wohlfühlen?
Ines Ackermann Da ist Einiges zusammengekommen. Die Rahmenbedingungen haben sich ganz einfach geändert. Das Management hat gewechselt, sowie die Dienst- und Fachaufsicht. Auch gibt es im OFT eine
neue Leitung. Hinzu kam, dass der langjährige Hausmeister, mit dem wir sehr gut zusammengearbeitet haben, krankheitsbedingt ausfiel. Das alles hat letztlich zu den jetzigen Problemen geführt.
»Grün-As« Die da wären?
Ines Ackermann Das kann man gar nicht so einfach in zwei Sätze packen. Letztendlich geht es um den Zugang ins Gebäude für uns und unsere Kursteilnehmer. Plötzlich durften wir bestimmte Türen und
den Eingang des Jugendcafes des OFT nicht mehr nutzen. Als Grund dafür gab man Sicherheitsbedenken und Störung der sozialpädagogischen Arbeit im Jugendcafe an. Letzten Juli hatte man dann sogar eine Tür
einfach zugeklebt. Als neuer Ausgang für alle Mitglieder des Vereins ist uns der Personaleingang auf der Rückseite der Völle zugewiesen worden.
»Grün-As« Eine Art Disziplinierungsmaßnahme?
Ines Ackermann Ja, so haben wir es zumindest aufgefasst. Vorausgegangen waren Anweisungen seitens des Amtes für Gebäudemanagement, welchen Eingang wir zu nutzen hätten. Kursteilnehmer, die wie die
ganzen Jahre zuvor über den Haupteingang beziehungsweise über das Jugendcafé das Gebäude betreten wollten, wurden rüde zurechtgewiesen. Das sorgte natürlich für jede Menge Ärger unter den Leuten.
»Grün-As« Aber warum haben Sie dann nicht einfach den Eingang genutzt, der Ihnen zugewiesen wurde?
Ines Ackermann, Vizepräsidentin des TSV Leipzig 76 e.V.
Ines Ackermann Weil das eben nicht so einfach ist, wie es sich vielleicht anhört. Bei besagter Tür handelt es sich um den Personaleingang. Der Weg dorthin ist weder ausreichend beleuchtet, noch in
besonders gutem Zustand - das ist vor allem für Ältere ein Problem. Am Eingang fehlt eine Klingel- und Türöffnungsanlage. Hinzu kommt, dass er nicht barrierefrei und diese Tür eine feuerfeste Stahltür ist, die
sich nur schwer von Älteren, Behinderten und Eltern mit Kinderwagen öffnen lässt. Wir haben 300 Kursteilnehmer im Behinderten- und Reha-Sport - 50 davon mit Schwerbehindertenausweis.
»Grün-As« Dafür wird es doch sicher Lösungen geben?
Ines Ackermann Wir haben uns diesbezüglich an die zuständigen Ämter gewandt und um Gespräche gebeten, weil es so nicht weitergehen konnte.
»Grün-As« Wie haben die auf Ihr Gesprächsersuchen reagiert?
Ines Ackermann Sehr positiv. Darüber haben wir uns wirklich gefreut. Es gab dann zeitnah einen Vor-Ort-Termin mit allen Beteiligten. Die Völle war vertreten, das Gebäudemanagement, das Jugendamt,
die Gebäudedienstleistung, unser Verein natürlich und sogar der Stadtsportbund. Es gab eine Begehung - alle Mängel wurden notiert und gewisse Regelungen beschlossen. Wir waren sehr zuversichtlich, dass wir das
Problem zügig aus der Welt schaffen.
»Grün-As« Klingt doch gut. Was ist seither passiert?
Ines Ackermann Nicht viel. Die Ernüchterung ließ nicht lange auf sich warten. Zum Einen wurden die Festlegungen bezüglich des Einganges für unsere Mitglieder durch den OFT mehrfach geändert und das
bei 550 Sportlern und Interessenten pro Woche. Die vielen unterschiedlichen Festlungen haben alle total verunsichert. Zum Anderen wurde uns bei einem weiteren Ortstermin im Januar verkündet, dass für den in
Aussicht gestellten Umbau des für uns vorgesehenen Eingangs auf absehbare Zeit keine Mittel zur Verfügung stünden. Zwar hat man uns freundlicherweise kurzfristig AGH-Kräfte bewilligt, die beispielsweise
unseren behinderten Kursteilnehmern helfen sollen, die Tücken der Tür zu bewältigen. Allerdings müssten die zunächst eine Schwelle überbrücken, um an den Klingelknopf zu kommen - das ist schon mal völlig
absurd. Darüber hinaus geht die AGH-Maßnahme nur noch bis Mitte März. Dann sind wir mit unseren Problemen wieder auf uns allein gestellt.
»Grün-As« Könnten Sie denn den Umbau nicht selbst finanzieren?
Ines Ackermann Wir als Verein nicht. Das übersteigt unsere finanziellen Möglichkeiten. Eine langfristige Planung ist zurzeit nicht möglich. Fördermittel zu beantragen lässt der derzeitige
Mietzustand nicht zu, da wir nur quartalsweise Mietverträge erhalten. Wir können ja theoretisch relativ kurzfristig vor die Tür gesetzt werden.
»Grün-As« Befürchten Sie, dass das passiert?
Ines Ackermann Manchmal hat man den Ein- druck, als ob es darauf hinausläuft. Manchmal fühlen wir uns regelrecht unerwünscht. Beispielsweise wenn die Heizung im Winter zeitweise runtergeregelt wird
oder der Umstand, dass die Lüftung kaputt ist und einfach nicht repariert wird. Unsere Übungsleiter sind heiser und bekommen Kopfschmerzen. Insgesamt sind unsere Kursteilnehmer, die Dipl. Sportler und auch wir
selbst sehr genervt von den Bedingungen und der gesamten Atmosphäre. Das kann man nicht ewig durchhalten.
»Grün-As« Ihr Präsident, Herr Metze wäre auch bereit mehr Verantwortung für das Objekt Völle zu übernehmen. Ist das für Sie eine Option?
Ines Ackermann Ja, sicher. Natürlich wäre das ein finanzielles Risiko - das müsste man zuvor ganz genau abklopfen - welche Kosten da auf einen zukämen, wen man mit ins Boot holen könnte, um sich
diese zu teilen. Welche Fördermittel es in diesem Fall gebe und so weiter. Das ist sicher nicht einfach, aber auf jeden Fall reizvoll.
»Grün-As« Und das Jugendcafé hätte bei diesem Szenario eine Zukunft im Haus?
Ines Ackermann Auf jeden Fall. Wir haben kein Problem mit den Jugendlichen. Nie gehabt. Im Gegenteil: Wir fördern seit vielen Jahren die Kinder- und Jugendarbeit in dieser Einrichtung. Die Völle-
Kids können bei uns einmal die Woche kostenlos trainieren, wir stellen Turnhalle, Übungsleiter und Sportgeräte zur Verfügung. Das wird rege genutzt und das würden wir selbstverständlich auch beibehalten.
»Grün-As« Wie geht's nun weiter?
Ines Ackermann Ja, so richtig wissen wir das nicht. Es ist ja auch nicht so, dass wir uns einfach was anderes suchen könnten, wie es viele andere ja bereits getan haben. Die Siedler und der
Modelleisenbahnclub sind weg, die Musiker der Harmonie haben zum 31. März gekündigt. Der GGG würde auch gehen, wenn er nicht auf den großen Saal angewiesen wäre. Uns geht es ähnlich: Selbst wenn wir nicht mehr
in der Völle bleiben wollten - es gibt nichts Adäquates in dieser Größenordnung für uns in Grünau. Wir hoffen, dass in Zusammenarbeit mit den Ämtern schnellstmöglich eine Lösung für unsere Probleme gefunden
wird. Ansonsten können wir uns nur noch in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister wenden, denn langsam wissen wir uns nicht mehr zu helfen.
»Grün-As« Gutes Gelingen bei Ihren weiteren Vorhaben und vielen Dank fürs Gespräch.
Interview: Klaudia Naceur