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Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Großeinsatz im Seniorenheim

Feuerwehrübung der Freiwilligen aus Grünau, Miltitz und Böhlitz-Ehrenberg

Am 7. März um 17.24 Uhr piept es in Dauerschleife in den Wachen der Freiwilligen Feuerwehren Grünau, Miltitz und Böhlitz-Ehrenberg. Die Kameraden bekommen die Info: Ausgelöste Brandmeldeanlage im AWO- Seniorenheim in der Jenaer Straße. »Die rechnen jetzt sicher damit, dass es sich um einen Fehlalarm handelt. Das kommt leider sehr oft vor«, erklärt Wehrleiter der FFW Grünau Uwe Seidel.

Gemeinsam mit weiteren Organisatoren der Großübung erwartet er seine Mannen auf dem Balkon des Pflegeheimes und die kommen schnell. Schon nach fünf Minuten braust das erste Löschfahrzeug durch die 30er-Zone im Schönauer Viertel. Danach wirkt alles zunächst sehr gemütlich. Man gehe nun zuerst zu jener Meldeanlage - diese befinde sich im Nachbargebäude - und überprüfe, wo der Alarm ausgelöst wurde, kommentiert der sichtlich angespannte Löschmeister das Procedere seiner Kameraden.

Der mittels einer Nebelmaschine präparierte Brandherd befindet sich im Obergeschoss des zweiten Hauses - es qualmt und stinkt. Der Flur ist dunkel. Im betreffenden Zimmer liegt obendrein noch eine Person, eine lebensechte Puppe, die immer mal wieder für solche Zwecke herhalten muss. Nach und nach treffen alle 50 beteiligten Einsatzkräfte ein. Die ersten beiden, die es dann bis ins Obergeschoss geschafft haben, sind blutjung und handeln trotzdem erstaunlich routiniert.

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Puppe im Nebel

Mittlerweile weiß jeder der Kameraden, dass es sich glücklicherweise nicht um einen echten Einsatz handelt. Trotzdem gehen sie mit dem nötigen Ernst an die Rettung der leblosen Puppe, löschen den vermeintlichen Brand bis zum letzten Nebelfaden und evakuieren die »schwierigen« Heimbewohner. Bei ihnen handelt es sich um AWO-Mitarbeiter, die ihre Patienten so gut kennen, dass sie deren Eigenheiten verblüffend gut nachahmen.

»Viele Bewohner hier sind demenzkrank. Diese Leute kann man nicht einfach ansacken und rausschleppen. Einige sind bettlägerig, einige sitzen im Rollstuhl. Die meisten sind verwirrt. Da muss man sehr behutsam vorgehen. Es ist wichtig, dass wir solche Situationen für den Ernstfall üben«, so Seidel. Ernstfälle gibt es für die ehrenamtlichen Helfer im Alltag jede Menge. Türöffnungen, mit oft grausigen Funden häuften sich gerade in Grünau in letzter Zeit.

Auch bei den beiden tödlichen Straßenbahnunfällen im vergangenen Jahr waren die Männer der freiwilligen Feuerwehr im Einsatz. Das seien Bilder, die man nicht so schnell wieder aus dem Kopf bekomme, gibt Uwe Seidel zu. So etwas sei dann ein Fall für das Kriseninterventionsteam (KIT), das nicht nur Angehörige der Opfer, sondern eben auch Ersthelfer betreue. Auch das KIT war neben Rettungskräften der Johanniter in die Übung involviert.

Sie nehmen die Pflegepersonal-Statisten im Nachbarhaus in Empfang. Für die Pflegekräfte ist der Test ebenfalls eine wichtige Erfahrung, schließlich müssen sie im Ernstfall bei der Evakuierung mit anpacken. Heimleiterin Silke Eilenberger: »Wir haben hier die Verantwortung für über 100 Patienten. Natürlich machen wir auch die normalen Alarm-Übungen und Begehungen, aber so einen Einsatz einmal hautnah zu erleben, ist schon etwas ganz anderes.«

Hautnah erleben, heißt am Abend des 7. März keuchende Männer und Frauen, die den Großteil der unechten Bewohner in Rollstühlen und auf Tragen die Treppe hinunterhieven. In voller Montur, behelmt und bei frühlingshaftem Wetter ist dies eine wahrlich schweißtreibende Aufgabe. Nachdem auch der letzte Patient außen über eine Steckleiter evakuiert werden konnte, neigt sich der 90-minütige Einsatz seinem Ende entgegen.

Während sich die Kameraden am eigens aufgebauten Grill mit Würstchen stärken und sich über den zurückliegenden Einsatz austauschen, zieht Wehrleiter und Organisator Uwe Seidel ein positives Resümee: »Es war nicht alles perfekt. Das müssen wir im Einzelnen auswerten, aber im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden mit dem Ablauf heute. Gute Arbeit.«

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