Zeitreise
durch 20 Jahre Theatrium
– Schauspieler Tilo Esche und Beleuchtungsmeister Steffen Wieser > (beide am Theater der Jungen Welt) verteilen einen Aufruf im plattenbebauten Stadtteil > sie verteilten Handzettel, Aushänge, Hinweise in Tageszeitungen und forderten Jugendliche auf, die Lust zum Theaterspielen haben > sie wollen ein Theaterprojekt auf die Beine stellen – Kultur gegen Verkarstung erster Aufruf zu einem Jugend-Theaterprojekt, Handzettel, Aushänge im KOMM-Haus und umliegenden Schulen, Hinweise in Tageszeitungen > schon 14 Tage nach diesem ersten Aufruf trafen die ersten Jugendlichen ein.
– das Projekt startet im KOMM-Haus Grünau.
Ende 11.1994 – gemeinsam mit den Grünauer Jugendlichen wird ein Stück inszeniert, an dessen Inhalt, dramaturgischer, schauspielerischer und technischer Umsetzung sowie öffentlichkeitswirksamer Werbung sie von Anfang an beteiligt sind zunächst war die Lust aufs Theater machen noch gering > ganze sieben Jugendliche (von statistisch 20.000) folgten dem ersten Aufruf.
– Premiere »großstadtKINDER oder The day is waning slowly«
mit 45 schauspielernden, tanzenden und musizierenden Jugendlichen > begeistert
aufgenommene Uraufführung vor 400 Zuschauern in der Turnhalle des Klinger-Gymnasiums in Grünau Aufführungen im Saal des Theater der Jungen Welt / einmal wöchentlich zwei Stunden Proben im KOMM-Haus (mietfrei)
und im Haus der Volkskunst.
– Benefizvorstellung »großstadtKINDER oder The day is waning slowly«
im Haus Leipzig für die Obdachlosenarbeit 1.800 DM Spendeneinnahmen für
die Einrichtung von Wohnungen für Obdachlose bzw. 2.900 DM Erlös für Töpfe, Pfannen, Tassen und Stullenbretter, Spiegelschränke, Schrubber und Besen für die Grundausstattung von Küche und Bad in zehn
Wohnungen Dieses Pilotprojekt soll keine Eintagsfliege sein > das Ziel ist es, in die Grünauer Jugendsozialstruktur eine langfristige, kontinuierliche Theaterarbeit zu installieren.
– Der Verein »großstadtKINDER«
wird gegründet und als gemeinnützig registriert > aus dem Jugendprojekt gründete sich ein Trägerverein.
Finanzierung: ehrenamtliche Arbeit und Förderung durch das Kulturamt der Stadt Leipzig, die Stiftung Demokratische Jugend, der Sparkasse Leipzig, Bebel-Liebknecht-Verein Leipzig und Sponsoring.
– die Stadt schreibt die leer stehende Grünauer Gaststätte Atrium zur kulturellen Betreibung aus > das Konzept des Großstadtkindervereins bekommt den Zuschlag in Akkord- und selten nicht auch in Nachtarbeit wurde damit begonnen, mit den Jugendlichen gemeinsam das Haus um- und auszubauen und mit Bühne und Zuschauerraum auszustatten.
– zweites Stück: »Aussteiger«
von Thomas Guyenot > Uraufführung in der mit 360 Zuschauern komplett ausverkauften Sporthalle der 96.
Mittelschule – rund 40 Jugendliche sind an dem Projekt beteiligt.
– Der Verein »großstadt KINDER«
erhält nach einer Ausschreibung für kulturelle Zwecke das Nutzungsrecht für die alte Gaststätte > es ist
zunächst eine »Spielstätte auf Zeit«
bzw. von Anfang an als Interim gedacht > das Kulturamt der Stadt Leipzig stellt dem Verein die Räume ein Jahr mietfrei zur Verfügung > ein
langfristiger Mietvertrag wird vorerst auch von den Vereinsmitgliedern nicht gewünscht > in der Probezeit kann herausgefunden werden, ob das Konzept inhaltlich und finanziell aufgeht Die Arbeitsbedingungen
allerdings sind, vorsichtig formuliert, nicht die besten: enge, kleine, undichte Räume, die im Sommer die Hitze speichern und im Winter Heizkosten fressen, mit schlechten sanitären Bedingungen und einer 12-
Quadratmeter-Garderobe für Mädchen und Jungen zusammen, eine Theaterbühne und 65 Zuschauerplätze sowie ein kleines Café. Erste Premiere im neuen Theatrium: Das Anti-Drogen-Stück
»Kissing God«
von Phil Young, inszeniert von Tilo Esche.
10.– – Eröffnungswoche des Theatriums mit Kinderfest, Kino, Konzerten Grünauer Bands und Tag der offenen Tür Frühjahr 1997– mittlerweile hat das Theatrium rund 80 Projektbeteiligte.
26./27.05.1997 – Fördermittel des Jugendamtes, des Landesjugendamtes sowie des Kulturamtes der Stadt Leipzig ermöglichen es, zwei Vollbeschäftigungseinheiten für Künstlerische Leitung sowie Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Projektorganisation zu besetzen.
– Premiere der ersten Gemeinschaftsproduktion zwischen freiem Träger und städtischer Bühne »Käthi B.«
.
23.– – unter dem Thema »Angst-Sucht-Gewalt«
werden gemeinsam mit dem Gesundheitsamt der Stadt Leipzig (Drogenreferat) Theaterworkshops mit
zwei Grünauer Grundschulklassen sowie Lehrern, Sozialarbeitern und Polizeibeamten durchgeführt.
Sommer 1997 – Die Sommerpause wird genutzt, um gemeinsam mit den an Projekten beteiligten Jugendlichen den Bühnenraum zu erneuern und dem Café frische Farbe zu geben. Der Mietvertrag wird um ein Jahr verlängert.
– Benefizvorstellung »Keine Macht für Negord«
, deren Erlös dem Projekt »Drahtseil«
zu Gute kommt. Bis zu diesem Zeitpunkt
haben ungefähr 3.650 Besucher 24 Vorstellungen von Jugendtheaterprojekten mit erlebt, sowie rund 4.000 Besucher die 90 Profi-Inszenierungen.
– Der Grünauer Verein großstadtKINDER wird Anerkannter Freier Träger der Jugendhilfe. Aufführung der mittlerweile 18. Premiere »Die verdorbene
Wut«
. Seit der Eröffnung des Hauses haben etwa 16.000 Menschen ca. 270 Aufführungen besucht.
– Der Accor Club der Business Perlen spendet die Hälfte der Einnahmen jeder Club-Veranstaltung (insgesamt in diesem Jahr 6.700 DM). Mit diesem Geld wird u.a. ein Probenlager auf der Insel Rügen finanziert.
22.06.2000 – Jugendkunstpreis für »Erwins Welt oder Engel sind unbrauchbar«
.
– Anette Weber tritt die Nachfolge von Tilo Esche in der künstlerischen Leitung an.
23.06.2000 – Seit dieser Zeit verschlechtert sich der Bauzustand der derzeitigen Spielstätte und durch umfangreiche Abbruchmaßnahmen auch das Umfeld.
– Die großstadtKINDER geben ein Gastspiel in Litauen.
07.–12.09.2001 – Fünfjähriges Bestehen des Thetariums mit fünf Jubiläumsvorstellungen des Stückes »Forever Youngs«
. Bis dahin gab es 44 Theaterpremieren (davon 19 Kinder- und
Jugendtheaterprojekte und 25 Inszenierungen mit Profis), über 600 Vorstellungen, 35 Gastspiel- Aufführungen, zwölf Workshops und über 35.000 Zuschauer.
– Preis für Zivilcourage der Stadt Leipzig
– Der Regisseur und Schauspieler Dietmar Voigt übernimmt die Leitung. Drei Festangestellte, vier ABM-Kräfte und ein junger Mann, der sein kulturelles Jahr im Theatrium absolviert, sind am Theatrium beschäftigt.
– Etwa 90 Kinder und Jugendliche haben sich für Projektarbeiten eingeschrieben.
– bundesweiter Preis für Demokratie und Toleranz
– das Theatrium nimmt mit dem Jugendtheaterprojekt »Till Oi!lenspiegel«
bei den Theatertagen am See in Friedrichshafen (Baden-Württemberg)
teil und gewinnt den Radio-Seefunk-Theaterpreis 2003 in der Sparte Jugendtheater – unter den 30 eingeladenen Gruppen aus verschiedenen Ländern waren die Leipziger das einzige ostdeutsche Jugendtheater.
– Durch das marode Dach oder zerschlissene Rücklaufventile werden Wasserschäden im Kostümzimmer verursacht, die mit Stoffbahnen verdeckt werden > im Klo schmatzt das Wasser aus undichten Rohren, die Belüftung hat sich schon längst verabschiedet, eine Fensterfront wurde zugenagelt. Ein halbes Jahr später scheitert der Plan, das ehemalige Ärztezentrum in der Brackestraße zu beleben, ebenso am Finanziellen wie das Vorhaben, eine der ausgedienten Trafostationen umzunutzen, die den Stadtwerken gehören.
01.04.2004– Vom »Bündnis für Demokratie und Toleranz«
für sein zivilgesellschaftliches Engagement ausgezeichnet, erhält das Theatrium für zwei Theateraufführungen gegen rechtsextreme
Gewalt (»und dran bist du!«
sowie »Rattenfänger oder Mach weg das Nazi«
) jeweils 2.000 Euro.
– Auftritt mit »Das Herz eines Boxers«
auf dem Gesamtrussischen Germanistenkongress in Russland vor 500 Zuschauern.
28.–31.10.2004 – Auftritt mit »Der Teufel mit den drei goldenen Haaren«
beim 1. Deutschen Kinder-Theater-Fest in Rudolstadt.
01.10.2005 – Larsen Sechert ist neuer künstlerischer Leiter im Theatrium und tritt damit die Nachfolge von Dietmar Voigt an.
01.12.2005 – Das Theatrium mit seinen zurzeit acht festen Mitarbeitern bekommt rund 240.000 Euro Förderung von Jugend-, Kulturund Arbeitsamt.
– Vertreter von Kulturamt, Jugendamt und Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung (ASW) berät über die Zukunft des Theatriums. Konsens: der großstadtKINDER e.V. verdient eine bessere Spielstätte als die an der Miltitzer Allee, jenes mühsam zusammengehaltene Sammelsurium aus Baumängeln und Platznot – Vorschlag: Umzug in das Gebäude der Völkerfreundschaft (Vorteile: mehr Platz, zentrale Grünauer Lage). Gelder für den mit 350.000 Euro veranschlagten Umbau kämen von Jugendamt und ASW > als Umzugs-Zeitrahmen wird der Herbst oder Winter 2007 geplant.
– Das Jugendamt stellt einen dreistelligen Betrag für einen Umbau der Völle bereit. Kulturamt und Jugendamt favorisieren sie weiterhin als neuen Theatriums- Sitz.
– Die Einigkeit unter den beteiligten Ämtern hat Risse bekommen: Kultur- und Jugendamt gehen von einer soliden, langfristigen Lösung aus. Karsten Gerkens vom
ASW meldet Bedenken an: »Eine Unterbringung des Theatriums in der Völkerfreundschaft eignet sich nicht als Dauerzustand, die Interessen der ansässigen Vereine und die der Theatermacher würden
kollidieren.«
– »... die Völle kann nur ein Provisorium sein und dafür gibt das ASW kein Geld.«
.
07.– – Das Theatrium feiert seinen zehnten Geburtstag mit einem opulenten Theater- und Familienfest auf der Pferderennbahn. Fazit aus zehn Jahren: 50 Kinder- und Jugendtheaterprojekte, 43 Inszenierungen für Kinder und Jugendliche, seit 1996 etwa 70.000 Zuschauer bei einer Saalkapazität von 65 Plätzen, rund 400 Mitstreiter vor und hinter der Bühne. Zugleich drohen gleich fünf ABM-Stellen wegzufallen.
01.01.2007 – Aufführung des Stückes »Hinter sieben Schlössern / Der kleine Erlkönig«
von jungen Patienten des Maßregelvollzugs am St.-Georg-Krankenhaus – jeder der 20- bis 30-jährigen
Darsteller hat eine kriminelle Vergangenheit > in monatelanger Arbeit entstand ein Märchen, dass spritzig und charmant von Ängsten und Sehnsüchten erzählt und ganz nebenher Ausdauer, Teamfähigkeit und
Selbstbewusstsein schulte.
– Die großflächigen Fenster der Fundusräume der Einrichtung wird verwüstet sowie die Eingangstür beschädigt > bereits mehrfach wurden die Fenster eingeschlagen, Türen und die Theatrium-Werbung zertrümmert sowie die Wände mit Graffiti verunstaltet.
– Der geplante Umzug des Kinder- und Jugendtheaters in die »Völkerfreundschaft«
ist vom Tisch – dafür sollen ehemalige Gewerberäume in der
Alten Salzstraße genutzt werden.
– 1. Platz Jugendkunstpreis im Bereich Darstellende Kunst für das Jugendtheaterprojekt »Ein Quantum Toast«
.
– Der Verwaltungsausschuss der Stadt will im Oktober 2009 darüber entscheiden, ob das ehemalige Postamt in der Alten Salzstraße 59 im Grünauer Wohnkomplex (WK) 2 die neue Spielstätte des Theatriums wird > der Aus- und Erweiterungsbau des 1984 errichteten Plattenbaus soll 990.000 Euro kosten, 400.000 Euro davon kommen aus dem Bund- Länder-Programm Soziale Stadt, mehr als die Hälfte der Baukosten trägt die Stadt > insgesamt rund 1,2 Millionen Euro.
– Baustart für die neue Spielstätte des Theatriums in Grünau. Am neuen Spielort und barrierefrei zugänglichen Neubau entstehen ein Saal mit 99 Sitzplätzen, dazu Foyer, Büros, Fundusräume und Regieraum – das alte Postgebäude nebenan wird für Probenräume, Werkstatt und Requisitenfundus genutzt > räumlich und einrichtungstechnisch wird es an nichts fehlen. Das Gebäude wird um einen Anbau ergänzt > Gesamtfläche von 695 Quadratmetern.
– Richtfest
– Sandra von Holn wird neue künstlerische Leiterin am Theatrium und damit die Nachfolgerin von Larsen Sechert.
– offizielle Wiedereröffnung des Neuen Theatriums
– Erste Premiere in der neuen Spielstätte. Mit »Drei Haselnüsse für Aschenbrödel «
beginnt der Spielbetrieb.
– Es gibt nun drei Theaterwerkstätten für Stückeschreiber, das Marketing und für Leute, die sich für Kostüm und Maske interessieren.
13.10.2011 – Architekturpreis der Stadt Leipzig zur Förderung der Baukultur: das neue Theatrium erhält eine lobende Erwähnung. Gleichzeitig zeichnete die vom Auslober unabhängige Jury den Verein als Träger des Theatriums, das Kulturamt der Stadt Leipzig als Bauherrn und die Architekten für ein nachahmenswertes, gelungenes Projekt aus.
– Das Theatrium verzeichnet 42 Prozent mehr Zuschauer und einen Riesenzulauf an Projektbeteiligten. Gleichzeitig hat sich die Zusammensetzung der Projekte geändert (u.a. auch Förderschüler, Kinder mit ADHS).
10.12.2011 – Beim achten landesweiten Wettbewerb um den Jugendkunstpreis erhält das Theatrium erstmals den Publikumspreis für das Stück »Casablanca – Das Musical«
.
– Kultur- und Jugendamt gewähren einen Zuschuss von 23.000 EUR, somit können drei der Theaterpädagogen fest angestellt werden.
09.– – Das Theatrium bietet erstmals in Zusammenarbeit mit dem Landesverband Amateurtheater eine Werkstatt für Spielleiter von Kinder-, Jugend- und Schultheater an.
September 2014 – Das Theatrium bietet erstmals ein Jugendtheaterprojekt an, welches sich mit der Pantomime beschäftigt. Es soll ein »stummes Stück«
entstehen, welches den Zuschauer
ebenso fesselt, wie eines mit Sprache. Dass das geht, beweist die Gruppe unter der Leitung von Anne Buntemann zu ihrer Premiere im April 2015.
Oktober 2014 – Im Rahmen einer Ausstellung zum Thema Filmgeschichte im Allee-Center entsteht in Zusammenarbeit mit eben diesem ein Stück der besonderen Art: Im Wechsel sind Filmausschnitte auf der Leinwand
und quasi »in echt«
und theatral zu sehen. Es entsteht eine wunderbare Revue, die einen mitnimmt auf die Reise durch 100 Jahre Filmgeschichte.
März 2015 – Die letzte Vorstellung des Kindertheaterprojektes »Kommando Pumpernickel«
wird zur Benefizveranstaltung: Die Erlöse werden komplett dem Flüchtlingsheim Liliensteinstraße
gespendet.
September 2015 – Aufnahmestopp am Theatrium. Erstmals können die Theatermacher keine neuen Mitglieder aufnehmen. Mit knapp hundert Mitspielern und Mitspielerinnen sind die Projekte schon vor Beginn der Probenzeit voll.
August 2016– Jubiläumsfeier zum 20-jährigen Bestehen mit Vergabe der »Theas«
an verdiente Mitarbeiter.