Grün-As
Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Mordshunger

Eine Mord- und Heimatgeschichte des Grünauer Autors Jürgen Leidert
Teil 27

»Naja, isch habe gesucht, in Miltz, offn Bienitz, in den Gärten von Lindennaundorf, bin bis Dölzsch, hab dort och Gärten abgeklappert, in Ellern habsch nachgeguckt. – Warum er abgehaun is, weeßsch nisch. Hat nisch gerne was gearbeitet, sich lieber was geklaut, och von mir. Musste alles wegschließen, soweit das ging. Vor Ostern hamwer noch zusamm Essen zubereitet!«

»Was gab es denn zu essen?«

»Vor Ostern habsch bei Rietzscholds Wiese Pilze gesammelt, zwee Körbe, ehn großen un en kleen. Bofiste un überwiegend Champignons. Bei Rietzscholds hattsch e bissel gepulkst un Eier gekriegt. Olaf hatte immer Hunger. Den kleen Korb hab ich deshalb Ole gegeben, geschenkt, der große war for misch, ich hab de Pilze geputzt un dann hat jeder seine Portion offn Herd gebraten und ehn Ei drangehaun. Na un dann hat jeder gegessen, erscht abends, tags sin mor nisch dazugekommen.«

Der Befrager sagte zu einem protokolierenden Mitarbeiter: »Ich bitte Sie, alles genau festzuhalten!« Und an Axel gewandt: »Sie haben zusammen zu Abend gegessen?«

»Nee, jeder hatte seinen Tiegel, und jeder hat och for sisch gegessen, ich bin in mei Wohnbereich, offn Dachboden gegangen, hab gegessen un misch hingelescht.«

»Warum haben Sie denn nicht mit Ihren Bruder gegessen?«

»Na, ich wollt ma meine Ruhe ham, Olaf hat mich oft genervt.«

»Sie waren, wie Sie selbst sagen, des Öfteren genervt, der Kleine hat nicht so mitgespielt, wie Sie wollten. Es gab oft Streit. Da haben Sie sich einen Plan gemacht, wie Sie ihn für immer loswerden können?!«

Axel wechselte die Gesichtsfarbe von rot zu weiß und sagte: »Nein, nein, ich hab immer aufgeteilt, wenn ich mir was verdient hatte.«

»Ja, das wollten Sie eben nicht mehr, wollten sich vielleicht des Bruders entledigen, ein Esser weniger. Da haben Sie gleich mal einen hochgiftigen Pilz mit in seine Mahlzeit geschmuggelt. So ist das, Herr Stannebein! Da ist der Bruder jämmerlich verreckt, deshalb haben Sie sich in Ihren Wohnbereich zurückgezogen. Gestorben war er am Gift des Bleiweißen Trichterlings. Der Pilz ist genau so schön weiß wie Champignons. So wird schon nichts schiefgehen, haben Sie spekuliert! Er enthält das Nervengift Muskarin, was in 30 Minuten tödlich wirkt, da ist keine Hilfe mehr möglich.
Wussten Sie das, haben Sie diese Untat geplant? Wo Sie dann seinen Leichnam gefunden haben, stand Ihnen nicht nur der Arsch in Tränen, und dann haben Sie die Leiche heimlich entsorgt, vergraben in dem Erlenholz. – Wir haben uns ja gestern kurz in ihrem Heim umgeschaut: Auf dem Hof stand der Rollfix mit dem Sie den Bruder ins Holz gefahren haben! Auf dem alten Teppichläufer haben sie die Leiche von der Küche in den Hofgarten geschleift. Die Spuren vom Rollfix haben wir am Fundort gefunden.Geben Sie das so zu?!«


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