Grün-As
Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Mordshunger

Eine Mord- und Heimatgeschichte des Grünauer Autors Jürgen Leidert
Teil 1

Im letzten Monat stellten wir Ihnen den Grünauer Maler und Buchautor Jürgen Leidert vor. Der 73-Jährige hat vor Kurzem die Arbeiten an seiner Kriminal- und Heimatgeschichte beendet. In den acht Kapiteln geht es um Kindheit, Kriegs- und Nachkriegsgeschichte der hiesigen Region und um Mord. »Grün-As« wird den Krimi »Mordshunger«, der im nahe gelegenen Frankenheim spielt, in den kommenden Ausgaben als Fortsetzungsgeschichte komplett veröffentlichen. Viel Spaß bei der Lektüre.

VORWORT

Vorliegende Kriminalgeschichte ist frei erfunden, die die Lebensumstände des Kriegsendes 1945 in einigen beschriebenen Episoden und Erlebnissen jener Zeit nachzeichnen. Die agierenden Personen sind erdacht, Ähnlichkeiten von Namen und Geschehnissen können verblassten Kindheitserinnerungen geschuldet sein, sind jedoch nicht beabsichtigt!

Der Krieg, die Zerrissenheit der Familien durch Kriegsopfer, der Verlust von Wohnung und Heimat, mangelnde Versorgung, Rationierung der Lebensmittel auf Karte und Bezugsschein, Hungersnot, das Elend der Flüchtlinge und Ausgegrenzten förderten nicht nur den Schwarzmarkt, sondern alle erdenklichen Formen von Kriminalität, da sich durch die Umstände ein weitgehend rechtsfreier Raum eröffnet hatte. Unfälle, Diebstähle und Verbrechen mit Todesfolge blieben oft unaufgeklärt oder wurden nicht geahndet.

Um die notwendigsten Bedürfnisse zu befriedigen, wurden Kinder und Erwachsene kreativ tätig, erschlossen erfinderisch unzählige Möglichkeiten, um Not und Kriegseinwirkungen zu minimieren. Die durch die Nazi-Ideologie fanatisch Verführten wirkten bis in die letzten Stunden des Krieges, auch dann noch, wo schon große Teile der Bevölkerung die Sinnlosigkeit des Blutvergießens verurteilten und eine schnelles Ende des Krieges herbeisehnten! Das Menschen verachtende tausendjährige Reich war nach wenigen Jahren nun endgültig auf den Schultern des verführten Volkes zusammengebrochen.

Unter den Leidenden und Geschundenen wurden die bitteren Lasten immer unerträglicher. Was außerhalb der Region im Krieg stattgefunden hatte, wollten viele Menschen nicht sehen oder besser lieber übersehen. Erst mit dem Einzug der Alliierten konnten allmählich wieder geordnete Lebensverhältnisse entstehen, organisiert werden. Diese Geschichte gibt somit fragmentarisch einen kleinen Einblick in das Leben hier am Ende des Weltkrieges vor siebzig Jahren.

KAPITEL I

Unweit der westlichen Stadtgrenze Leipzig, einer Großstadt in der sächsischen Tieflandsbucht, liegt das Dörfchen Frankenheim. Es hatte seine Bauernhöfe wie an einer Perlenkette auf einer kleinen Anhöhe aufgereiht, am westlichen Ende eine kleine Schule, dahinter der Friedhof mit einer hochragenden Kapelle.

Nach Norden zu breitete sich eine mit sauren Wiesen bewachsene Talsenke aus, dahinter ein Hügel, genannt Bienitz. Südöstlich davon liegt der Ort Rückmarsdorf, südlich Miltitz, was in einer halben Stunde mit der Bahn von Leipzig zu erreichen war. 35 Minuten zu Fuß ist es von dort bis Frankenheim. In den Jahren meiner Kindheit, insbesondere in den letzten Kriegs- und Nachkriegsjahren wohnte ich in Frankenheim.


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