Hallo liebe Leserinnen und Leser!
Meine Oma ist krank! Weil sie sich so sehr erschreckt hat. Aber immer der Reihe nach.
An
einem jener schönen Sommertage schwammen meine Oma und ich im Wasser, nahe des Wäldchens
zwischen Markranstädt und Göhrenz. Oma erzählte mir gerade ganz aufgeregt, dass sie einen
brütenden Haubentaucher entdeckt hat, welchen sie mir zeigen wollte. Unterwegs klärte sie mich
auf, dass die Haubentaucher nicht in jedem Gewässer zu finden sind. Unser Kulki scheint doch
sehr sauber zu sein, denn sonst hätte der kleine Taucher hier nicht sein Nest gebaut. Weiter
kam sie mit ihren Ausführungen allerdings nicht. Ein entsetzlich lautes Brummen ließ das Wasser
vibrieren. Erschrocken flüchtete ich zu meiner Oma, die auch gleich ihren Flügel hob, um mich
darunter zu beschützen. Doch das nützte nichts. Ein brummendes, tösendes Ungetüm schoss mit
rasender Geschwindigkeit genau auf uns zu. Ich schloss die Augen vor Angst. Später gestand mir
meine Oma, dass sie dasselbe getan hatte. Kurz vor uns drehte das Ungetüm eine Schleife und
verschwand.
Meine Oma schrie, wir sollten schnellstens ans Ufer schwimmen und uns dort in Sicherheit bringen. Ich wusste gar nicht, dass meine Oma so schnell schwimmen kann. Ich hielt mich an ihrem Bürzel fest und so gelangten wir atemlos ans Ufer, wo wir uns hinter einem Busch versteckten. Gerade rechtzeitig, denn das Ungetüm steuerte wieder auf uns zu. Ängstlich lugten wir durch das Gestrüpp. Vor dem Ufer zog es wieder eine Schleife und verschwand. Wir atmeten auf. Nun wurde meine Oma wieder neugierig und schlich etwas näher ans Wasser. Dann schimpfte sie, wie ich sie noch nie schimpfen hörte. Nicht einmal mit mir hatte sie so böse geschnattert, selbst wenn ich ganz unartig und ungezogen war. Allerdings kommt das auch selten vor. Sie schimpfte auf ein paar Kinder, die von einem Wassertreter aus dieses Ungetüm steuerten. Das war nämlich, so sagte meine Oma, ein kleines, ferngesteuertes Spielmotorboot.
Ich war vielleicht froh. Also kein Ungeheuer am Kulki. Die Ungeheuer waren Kids im Alter von vielleicht zwölf oder vierzehn Jahren. Dann sahen wir die Schwanenfamilie vorüber ziehen. Meine Oma versuchte sie zu warnen … doch zu spät! Das Motorboot schoss unbeirrt auf die Familie zu. Der Vater ging sofort in Kampfstellung, doch gegen dieses Boot kam er nicht an. Während die Kids sich vor Lachen krümmten, durchlebten die kleinen Schwäne und auch die Mutter Todesängste. Dann bekamen wir unerwartet Verstärkung. Eine Frau rief vom Ufer aus den Kindern zu, dass sie diesen gemeinen Unfug bleiben lassen sollen. Doch diese fühlten sich auf dem Wasser sicher und lachten die Frau nur aus. Oma meinte später, dass es schon für sie ein schönes Erlebnis gewesen sei, dass nicht alle Menschen gleichgültig sind und einfach wegschauen oder ignorieren, was so am Kulki passiert. Endlich verschwanden die Kids mit ihrem Wassertreter und ihrem Boot. Die Schwäne beruhigten sich auch wieder und wir wagten den Gang ins Wasser, denn Oma wollte mir den Haubentaucher zeigen.
Als wir vorsichtig an die Stelle heranschwammen, sahen wir allerdings nur das Nest. In dem
Nest lagen tatsächlich ein paar Eier, aber von der Mutter keine Spur. Sie hatte wohl vor Angst
das Nest verlassen. Und da regte sich meine Oma so sehr auf. Sie meinte, dass es passieren
könne, dass nun Krähen oder Möwen die Eier anpicken und somit den Nachwuchs töten. Dann wurde
ihr schwarz vor Augen und wir schwammen schleunigst ans Ufer. Ich holte den Entendoktor und der
meinte, dass die Aufregung meiner Oma sehr geschadet hätte. Sie bräuchte nun viel Ruhe. Seit
dem liegt meine Oma im Entenbett und ich habe keinen, der mit mir im Wasser schwimmt, denn
meine Eltern sind jeden Tag auf Arbeit. Ich bin nur froh, dass es meiner Oma langsam wieder
besser geht, denn ich habe sie sehr lieb, meine Oma!
Ihre Ente Billy.