Der kleine Unterschied
Jugenderinnerungen aus dem vergangenen Jahrhundert
Unterhaltsames Spiel, bunte Kostüme, viel Bewegung (auch für die Zuschauer) und am Ende
taten mir die Füße weh - das war ein abwechslungsreicher Abend im Theatrium. Ein Wechsel der
Spielstätten, das gab es ja bereits vor einiger Zeit an den großen Spielstätten der Stadt beim
Theaterspektakel »heimat.le«
. Die Räumlichkeiten in der Miltitzer Allee wurden also genutzt, um
die zeitliche Gliederung des Stückes »Forever Young«
mit einem Spielstättenwechsel zu
verbinden. Dadurch vergingen auch die zwei Stunden (ohne Pause, aber mit Bewegung
zwischendurch) wie im Flug.
Meine eigene Jugendzeit lag in dem mittleren Zeitabschnitt des Stückes. Die FDJ-
Singebewegung ist mir noch gut in Erinnerung, die Liedtexte fallen mir ebenso schnell wieder
ein wie die Kampf- und Lern-Parolen. Aber die 60er Jahre erlebte ich auch ganz anders, als im
Stück gezeigt wird. Die 68er Bewegung - gegen den Vietnam-Krieg, gegen die Elterngeneration und
das wachsende Konsumdenken - die spielte sich im Westen ab. Im Osten gab’s ökonomische Probleme
und Versorgungsengpässe. Man musste beim »Konsum«
und beim Fleischer angemeldet sein, um Butter
und Fleisch zu bekommen. Ich hatte glücklicherweise eine Großtante in Berlin.
Zu der fuhren wir immer mal für ein paar Tage mit meinen Eltern, um in der Hauptstadt das zu kaufen, was es bei uns zu Hause nicht gab (angefangen vom Waschpulver Spee bis zu Bekleidung). Das Jahr 1968 war in der DDR geprägt durch die Hochschulreform, bei der bürgerliche Überreste aus vielen Positionen entfernt wurden (die Auswirkungen reichen bis in die Gegenwart, in der fehlendes Bürgertum oft beklagt wird). Bis Anfang der 70er Jahre war dann die betriebliche Verstaatlichung abgeschlossen, selbst bis dahin halbstaatliche Unternehmen wurden überführt. Man richtete sein Leben entsprechend den Bedingungen ein, aus Betrieben nahm man mit, was man brauchte - Volkseigentum gehörte schließlich allen -, es wurde besorgt, getauscht, sich gegenseitig geholfen.
Folglich gibt es auch in der Gegenwart hier keine 68er Elterngeneration, die revolutionären
Ideen nachhängt und deren Leben geprägt war von Aufruhr und »Make love, not war«
. Ich hätte mir
im letzten Zeitabschnitt eine Konfrontation mit dem Thema Stasi gewünscht - zumal ja das
Theatrium enge Bezugspunkte dazu hat und uns das Thema vermutlich noch sehr lange beschäftigen
wird (wohl dem, der zu DDR-Zeiten von Kontakten mit der Stasi verschont blieb). Wie sind junge
Leute da "hinein gerutscht" - Beweggründe, Erfahrungen, Konsequenzen -, was sich sicherlich
auch satirisch überspitzt darstellen lässt. Insgesamt war der Theaterabend aktionsreich, die
jungen Schauspieler waren begeistert bei der Sache, nur zum Inhalt musste ich anschließend
meinem Kind aus eigenem Erleben einiges erklären von den Unterschieden in Ost und West. Das war
aber vielleicht auch beabsichtigt (?).
Neue Premieren bei bagage
bagage - Das Theater der Jungen Welt hat im Oktober unter anderem zwei Premieren auf dem Spielplan stehen:
»Die Insel der Fantasie oder Wie angelt man ein Märchen«
Autorenteam bagage / Theater im Zelt/ P 9
Premiere 13. Oktober, 17 Uhr / Regie: Vlad
Massaci / Bühne, Kostüme: Frank Schletter
Dieses Märchen handelt von fünf Männern verschiedener Nationalitäten, die auf einer Insel stranden und ein Buch angeln. Um sich die Zeit zu vertreiben, beginnen die Männer, sich das Märchen aus dem Buch zu erzählen. Nach und nach fügen sich einzelne Dinge hinzu, es geschehen fantastische Sachen. Weitere Termine: 22., 23. und 29. Oktober, jeweils 10 Uhr
Creeps
von Lutz Hübner / Etage Eins (HdV) / P 13
Premiere 20. Oktober, 19 Uhr / Regie: Petra
Siegel / Bühne, Kostüme: Gerhard Roch / Videos: Frank Weser, Frank Rinnelt
»Du siehst verdammt gut aus, du bist cool, ohne dich kommt keine Party auf Touren, deine
freche Schnauze ist Kult. Warum eigentlich hast du dich nicht schon längst bei uns beworben?!
Wenn du zwischen 16 und 18 bist und der Steckbrief auf dich zutrifft, bist du die
Richtige!«
Mit diesem Werbespruch wirbt ein TV-Sender junge Leute, die mit Power, Präsenz
und Personality seine neue Trendfashionmusicshow moderieren sollen. Drei Teenies haben es
geschafft und werden zu einem besonderen Casting eingeladen. Weitere Termine: 22. und 24.
Oktober, jeweils 10 Uhr
Weiterhin sind aus dem Repertoire die beliebten Produktionen »Trainspotting«
und
»Theatersport«
zu empfehlen.
Theatersport - Die Improvisationsshow
nach Keith Johnstone / Theater im Zelt / P 15
23. Oktober, 20 Uhr / Trainer: V. Quandt /
Bühne: G. Roch / Musikimpro: H. Nitzschke, S. Greisinger
Spannend wie ein Sportwettkampf und voller Überraschungen; denn bei Theatersport gilt: Improvisieren, improvisieren und immer ohne Netz und doppelten Boden.
Trainspotting
von Irvine Welsh, Harry Gibbson / Theater im Zelt / P 15
Eine Koproduktion mit dem
THEATRium Leipzig
4. Oktober, 10 Uhr / Regie: A. Weber / Bühne, Kostüme: T. Hofmann /
Komposition: DJ Booga / Video: D. Sroka
»Sag ja zum Leben! Entdecke die 21 Erfolgsgeheimnisse! Lass dich coachen.«
Mark Renton hat zum Jasagen Nein gesagt. Seine Gründe? Es gibt keine Gründe, wenn man Heroin
hat. Weitere Termine: 5. Oktober, 10 Uhr und 19 Uhr, 6. Oktober, 19 Uhr
Spielplan und Theaterinfos ab sofort: Kartenvorbestellungen: 03 41 / 4 86 60 - 16
www.theaterbagage.de / kontakt@theaterbagage.de