Ozon: Gefahr am See (1)
Wenn die Sonne so brennt wie jetzt, zieht es die meisten Grünauer an den Kulkwitzer See, Abkühlung suchen. Leider ist dieses Vergnügen an heißen Tagen nicht ungetrübt. Vor allem Dank der vielen Autos lauert dort stärker als in der Stadt eine Gefahr für unsere Lungen: Sommersmog. Sein wichtigster Bestandteil ist Ozon, ein farbloses Gas, das in höherer Konzentration stechend riecht.
Ozon ist eine Verbindung, die aus drei Sauerstoffatomen besteht (»normaler«
molekularer
Sauerstoff O2 ist zweiatomig). Die chemische Formel lautet: O3.
Ozon entsteht durch die Reaktion von molekularem Sauerstoff mit atomarem. Es ist chemisch sehr
reaktiv, greift also viele andere Stoffe an und kann deshalb Menschen, Pflanzen und Materialien
(zum Beispiel Kunststoffe und Metalle) schädigen. Darüber hinaus ist Ozon ein Treibhausgas,
trägt also zur Erwärmung der Erdatmosphäre bei.
Das Ozon in höheren Schichten der Atmosphäre (10 km bis ca. 80 km Höhe) absorbiert schädliche UV-Strahlung und trägt damit zum Schutz aller Lebewesen bei. Da die Konzentration dieses Ozons durch menschgemachte Schadstoffe (organische Chlorverbindungen, vor allem Fluorchlorkohlenstoffe, FCKW) stark vermindert wurde (sogenanntes Ozonloch), trifft vor allem auf der Südhalbkugel, in den letzten Jahren verstärkt aber auch im Norden, mehr UV-Strahlung auf den Boden.
Beim Menschen führt das zu einem starken Anwachsen der Erkrankungen an Hautkrebs. Da oft Jahrzehnte von der latenten Schädigung der Haut bis zum Ausbruch des Hautkrebses vergehen, werden die Folgen der heute auf uns einwirkenden Strahlungsdosis erst in 20 bis 30 Jahren voll absehbar sein. Allerdings ist das verhaltensabhängig. Sonnenbrand sollte auf jeden Fall vermieden werden, stundenlanges braten in der Sonne auch. Die UV-Strahlen tragen auch zu einer schnelleren Alterung der Haut bei. Die Bronzevenus von heute ist die Backpflaume von morgen, pflegt Professor Haustein, Chef der Hautklinik der Leipziger Universität, seinen Studenten einzuschärfen. Da wir durch die Sonne auch in unseren Breiten meist schon zuviel abbekommen, sollte jeder, dem seine Haut teuer ist, Solarien konsequent meiden. Die Strahlung dort verursacht zwar keinen Sonnenbrand, aber der Anteil, der zum raschen Altern der Haut und zu Hautkrebs führt, wirkt uneingeschränkt.
Wer sich den ganzen Tag am Kulkwitzer See tummelt, sollte sich auf jeden Fall zwischen 11 Uhr und 15 Uhr an sonnigen Tagen in den Schatten verziehen und reichlich Sonnencreme mit möglichst hohem Lichtschutzfaktor verwenden. Neben dem für uns und alle Lebewesen sehr nützlichen Ozon in höheren Schichten der Atmosphäre gibt es auch in Bodennähe Ozon. Dort ist es ein starkes Gift. Es greift die Haut an und beim Einatmen Schleimhäute und Lunge. In höherer Konzentration und über längere Zeit eingeatmet, ist Ozon krebserregend. Ein erster Hinweis auf Ozon ist meist ein leichtes Brennen der Augen.
Bodennahes Ozon schädigt aber auch die Pflanzen. Der Ertragsausfall durch die Dürre wird durch die hohen Ozonwerte des Sommers 2003 weiter vergrößert. Auch am Waldsterben hat Ozon einen starken Anteil. Bodennahes Ozon entsteht, wenn flüchtige Kohlenwasserstoffe (z.B. verdampfte Lösungsmittel, verdunsteter Kraftstoff oder in die Atmosphäre entwichenes Erdgas) mit Stickoxiden reagieren. Damit die Reaktion zustande kommt, ist reichlich UV-Strahlung nötig und Wärme. Strahlend blauer Himmel und Hitze über mehrere Tage treiben die Ozonwerte am Boden in die Höhe und es entsteht Sommersmog. Dabei gibt es ein Paradox: In Ortschaften, vor allem Großstädten und an stark befahrenen Straßen, gibt es reichlich andere Luftverschmutzungen, mit denen das Ozon reagiert und damit unschädlich gemacht wird. Das heißt, die Flucht ins Grüne hilft gegen Sommersmog nicht. Im Gegenteil, je sauberer die Luft, um so höher die Ozonkonzentration. Da Grünau der Leipziger Stadtteil mit der saubersten Luft ist, ist hier an heißen Tagen schon mehr Ozon in der Luft als in der Innenstadt und noch mehr atmet man am Kulkwitzer See ein.
Hauptquelle der Stickoxide ist der motorisierte Straßenverkehr. Die Katalysatoren arbeiten erst optimal, wenn der Motor heiß ist. Auf kurzen Strecken, wie bei Fahrten in der Stadt üblich, erreichen die Motoren meist nicht die erforderliche Temperatur und das Abgas enthält reichlich Stickoxide. Die zweite wichtige Quelle sind Landwirtschaft (und Kleingärtner!): zuviel in den Boden eingebrachter Stickstoffdünger wird von Bodenbakterien teilweise in Stickoxide umgewandelt.
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