20. Kirchweihfest der Pauluskirchgemeinde Leipzig-Grünau
Die evangelische Pauluskirchgemeinde Leipzig-Grünau hat ausreichend Gründe, ihr 20. Kirchweihfest mit einer langen Festwoche vom 31. Oktober bis zum 11. November 2003 und mit einem dreifachen Jubiläum zu feiern. So besteht die Pauluskirchgemeinde seit dem 1. April 1978 - also seit 25 Jahren, die Pauluskirche wurde am 29. Oktober vor 20 Jahren eingeweiht und schließlich ist es am 30. Oktober 10 Jahre her, dass die Kirche Schönau wiedereröffnet wurde. Die drei Ereignisse haben ihre eigene Prägung und sind mit Recht als Pionier- und Knochenarbeit in die bewegende Geschichte der Pauluskirchgemeinde eingegangen.
Am Anfang gab es Tausende, die aus Leipziger Altbauten, aus den Abrissdörfern oder von anderswoher nach Grünau zogen. Und es gab Christen, die keine Kirche hatten, aber eine Gemeinde gründeten und auf die Gastfreundschaft benachbarter Kirchen rechnen konnten. Auch Wohnungen wurden für Gemeindegruppen genutzt. Vor allem gab es von Anfang an eine, bis zum heutigen Tage bewahrten Sinn für Ökumene mit den katholischen Grünauern. Die Grünauer Christen hatten die einmalige Gelegenheit, das Entstehen einer Gemeinde und den Bau von zwei neuen Kirchen hautnah mitzuerleben und mit Energie mitzugestalten, und das in einer Zeit, in der eine glaubensfeindliche Ideologie die Macht hatte.
Zum Glück in diesem Falle war die DDR ein finanzschwacher Staat und griff zu, als die Kirchen der Bundesrepublik finanzielle Unterstützung bei Kirchenneubauten anboten. Mancher VEB erhielt dadurch Exportaufträge im eigenen Land gegen harte Währung; allerdings haben weder Betrieb noch Kirche je eine D-Mark zu Gesicht bekommen. Kurzum: Die Pauluskirchgemeinde konnte für die vereinbarte Summe eine Kirche im Rohbau und ein Wohnhaus bauen. Die Eigenleistung der Gemeinde zur Fertigstellung innerhalb und außerhalb des neuen Gemeindezentrums war immens, eben Knochenarbeit, und doch gleichzeitig eine großartige Chance, sich kennen zu lernen. Gemeindeaufbau und Kirchenbau förderten sich gegenseitig. Und das war gut so!
Die Einweihung im Lutherjahr 1983 (500. Geburtstag des Reformators) erlebten die meisten der
ca. 300 Feiernden als »Open Air«
-Gottesdienst und unter dem Geläut der drei Glocken (ehemals im
Turm der Kirche Magdeborn). Die Kirche trägt den Namen des »Völkerapostels«
Paulus und nimmt
damit dessen wichtige Intention auf: Die christliche Botschaft der Befreiung richtet sich an
alle Menschen und kann sich nicht eingrenzen lassen. Darum muss auch das Gebäude eine offene
Kirche sein. Wir hoffen, viele haben das so erlebt.
Mit der Schönauer Kirche schließlich erhielt die Paulusgemeinde ein »göttliches Geschenk«
zusätzlich: Sie hat mit der Pauluskirche ein vielseitig nutzbares Gemeindezentrum und mit der
Schönauer Kirche einen Sakralbau von eigener Prägung, einen »heiligen Raum«
, der zur
Konzentration und Meditation einlädt. Nach dem großen Brand in der Schönauer Kirche im
September1985 und unter den DDR-spezifischen Bau-Bedingungen sah alles ganz schlimm aus. Die
neuen Möglichkeiten nach 1989 brachten auch dafür eine Wende: Mit Mitteln der Landeskirche, der
Denkmalpflege und durch nie erlahmenden Einsatz der Grünauer Christen erhielt die Kirche ihre
ungeahnte Schönheit wieder.
Die vielen Geschichten, die sich um die Ereignisse ranken, fließen zusammen zu einer
Geschichte des Glaubens, in der Beheimatung und Veränderung von Menschen zu Lebenskräften
geworden sind. Wir laden ein, an unseren Jubiläumsgeschichten teilzunehmen.
Klaus Michael
(Pfarrer in Grünau 1981-1999)