Vor 60 Jahren: Inferno Leipzig
In der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1943, gegen 3.39 Uhr wurden die Leipziger aus dem
Schlaf gerissen. 527 viermotorige »Lancaster«
-Bomber der Royal Air Force hatten um 3.55 Uhr ihr
Angriffsziel mit dem Decknamen »Haddock«
(für Leipzig) erreicht und klinkten ihre Bombenlast
über der Stadt aus. Der Angriff erfolgte in drei Wellen. In nur 25 Minuten fielen mehr als
90.000 Stab- und 17.000 Phosphorbrandbomben, 900 Sprengbomben und 20 schwere Luftminen auf die
Innenstadt. Um 4.20 Uhr war Leipzigs Zentrum zerstört. Die Innenstadt brannte und der glutrote
Nachthimmel war weithin im Lande sichtbar. Unser Leipzig, das »Klein-Paris«
in seiner
Vorkriegsschönheit lag in Schutt und Asche. 1.850 Tote, 806 Schwerverletzte und 3.749
Leichtverletzte waren die menschlichen Opfer des Großangriffs auf unsere Stadt.
Die
von einem Unbekannten gemachte Aufnahme zeigt den Augustusplatz zu Beginn des Luftangriffes.
Links ist das Kroch-Hochhaus mit den »Glockenmännern«
erkennbar, rechts davon steht das alte
Opernhaus und dazwischen liegt die Goethestraße in Richtung Hauptbahnhof. Die weißen Linien
stammen von Leuchtspurgeschossen der Flak (Fliegerabwehrkanone). Eine 2 cm-Flak steht auf dem
Hochhaus. Ferner sind zwei abgeworfene so genannte Leuchtfallschirme als große Lichtpunkte zu
erkennen.
In dieser Nacht wurden 32.000 Wohnungen durch Bomben und Feuer vernichtet. Außerdem wurden
166 Industriebetriebe, 26 Schulen, 7 Kaufhäuser, 5 Kirchen, 7 Theater, beziehungsweise große
Lichtspielhäuser, das Hauptpostamt, die Universität Leipzig, das Opernhaus und eine Anzahl
Messehäuser zerstört. Die City war ohne Wasser, ohne Strom und ohne Gas. Tausende wurden über
Nacht zu Obdachlosen. Man nannte sie »Totalgeschädigte«
. An den zerstörten Hauswänden mit
Kreide geschrieben, las man unter anderem: »Alles verloren - bin mit Kindern bei Oma, Else!«
Verzweiflung, Not und Elend überall und dazu die Angst vor den kommenden Nächten… Die bereits
geschundene Stadt wurde noch mehrmals zum Angriffsziel, am Tage und in der Nacht. Das
Vermächtnis der betroffenen Generation ermahnt uns: »Geschichte nicht zu vergessen und mit der
Gemeinschaft der Völker den Frieden zu bewahren!«
Joachim Kasten