Reineke in Grünau
Der Fuchs streift überall um den See herum und ist längst auch in Grünau heimisch geworden. Mit etwas Glück kann man auch am Tag in ruhigen Ecken einem Fuchs begegnen. Draußen in der freien Natur frisst ein Fuchs vorwiegend Mäuse und macht sich dadurch sehr nützlich. Bis zu 90% seiner Nahrung besteht aus den flinken Nagern.
Füchse sind Einzelgänger und leben normalerweise in unterirdischen Bauen. Ein Fuchs besitzt in seinem Revier mehrere, zwischen denen er bei Bedarf wechselt. In der Nähe seines Baues jagt der Fuchs wie die meisten anderen Räuber nicht. Daher leben manchmal Fuchs und Dachs zusammen in einem Bau, obwohl sie sich draußen im Jagdrevier aus dem Weg gehen. Die Brandgans, die bei uns an der Ostseeküste brütet und nur im Winter gelegentlich am Kulkwitzer See auftaucht, nutzt diesen Burgfrieden auf ihre Weise. Sie brütet in bewohnten Fuchsbauen. Solange sie im Bau oder in dessen unmittelbarer Umgebung sind, geschieht ihnen nichts. Im Gegenteil - der Fuchs hält ihnen alle anderen Räuber vom Hals.
Gefährlich wird es erst, wenn die jungen noch flugunfähigen Brandgänse nach draußen geführt werden, um zu lernen, selbst Futter zu suchen. Sobald der Fuchs sie fern ab vom Bau erwischt, wird aus den Gästen Beute. Die Brandgaseltern warten daher ab, bis die Luft rein ist und sehen dann zu, dass sie mit ihren Jungen so schnell wie möglich zum Wasser kommen. In den Fuchsbau kehren sie erst zurück, wenn sie wieder ein Nest bauen, um zu brüten. Aus ähnlichen Gründen bauen zum Beispiel auch Buchfinken ihre Nester gern neben einem Sperberhorst, obwohl der Sperber ihr ärgster Feind ist. In Horstnähe jagt er nicht und duldet dort auch keine fremden Artgenossen. Das ist ein perfekter Schutz für die jungen Buchfinken.
Seine Intelligenz und Anpassungsfähigkeiten sind sprichwörtlich. Trotz sehr starker Verfolgung ist es nie gelungen, Reineke bei uns auszurotten wie seinen Vetter, den Wolf. Die einzige Gefahr, die von ihm in Sachsen ausging, war die Tollwut. Seit dem es gelungen ist, durch Schluckimpfungen diese Seuche bei den bodenlebenden Säugetieren in Sachsen auszurotten, haben die Bestände zugenommen. Nur bei Fledermäusen tritt gelegentlich noch Tollwut auf. In Sachsen werden Impfköder zur Schluckimpfung gegen die Tollwut nur noch in der Nähe der Grenze zu Polen und Tschechien ausgelegt, weil aus unseren Nachbarländern ab und zu noch kranke Füchse einwandern.
Allerdings findet er in der Agrarflur kaum noch etwas zu fressen und keine Unterschlüpfe. Chemie und tiefes Umpflügen machen auch den Mäusen schwer zu schaffen. Der Hamster, ein anderes wichtiges Beutetier, ist um Leipzig ausgestorben, nur bei Delitzsch leben noch einige Hamster, die aber auch vom Aussterben bedroht sind. Noch in den 50er Jahren gab es um Leipzig massenhaft Hamster. Auch Feldgehölze, Hecken und breite Raine, Orte an denen der Fuchs seine Baue graben könnte, gibt es kaum noch. Das führt dazu, dass der Fuchs zunehmend in Städte und Dörfer einzieht.
Wenn er nicht verfolgt wird, kann er schnell recht zahm werden. Er lässt sich dann manchmal in Gärten nieder. Es kann dann passieren, dass eine hungrige Füchsin, die ihre Jungen versorgen muss, dem Essensduft folgt und am helllichten Tag durch die geöffnete Terrassentür in die Küche spaziert. Wenn es nicht genug Mäuse gibt, wird der Fuchs zum Allesfresser. Lebensmittelabfälle, aber auch Beeren, werden dann mit gefressen. Vor einiger Zeit habe ich einen Fuchs mitten in der Nacht im Stadtzentrum gesehen. Die Biotonnen hatten es ihm angetan. Dort gibt es neben Abfällen häufig auch Ratten, eine begehrte Beute.
Nur sehr selten dringt ein Fuchs in schlecht gesicherte Geflügelställe ein, um sich dort ein Huhn oder eine Ente zu holen. Da die aber im Stall nicht fliehen können, sondern laut specktakelnd durcheinander laufen, versagt die angeborene Verhaltenskoordination der Füchse. Wenn sie in freier Wildbahn aus einer Gruppe Vögel einen erbeuten, fliehen die anderen sofort. Das Verhalten im Stall erlebt er als Angriff, gegen den er sich zur Wehr setzt, bis die vermeintlichen Attacken aufhören, das heißt, bis alles im Stall tot gebissen ist. Füchse sind keine blutrünstigen Räuber, die töten, um des Tötens Willen oder um nur frisches Blut zu saufen. Sie missverstehen lediglich das Verhalten der Haustiere, so etwas kennen sie in der Natur nicht. Ähnlich verhalten sich auch die anderen Raubtiere.
Der beste Schutz gegen nächtliche Räuber sind gut verschlossene Ställe, hohe Zäune und ein guter Wachhund. Füchse regulieren ihren Bestand selbst. Natürliche Feinde wie Wolf oder auch Luchs haben sie bei uns nicht mehr. Ohne Revier gibt es keinen Nachwuchs. Die Töchter bleiben dann bei der Mutter und helfen ihr den Nachwuchs groß zu ziehen. Die Rüden wandern aus, auf Suche nach einem eigenen Revier. Die Zahl der Füchse hängt vor allem vom Nahrungsangebot ab. Werden sie gejagt, ist für die Überlebenden der Tisch reicher gedeckt und es gibt mehr Junge. Im Winter tragen Füchse einen warmen Pelz, das Sommerfell ist wertlos.
Im Sommer geschossene Füchse werden von den Jägern meist weggeworfen. Das Argument, Füchse müssten scharf bejagt werden, da sie sonst zu viele Hasen und bodenbrütende Vögel erbeuten, ist auch nicht stichhaltig. Die Hauptursache für den Rückgang von Hasen, Rebhühnern, Wachteln und anderen Feldbewohnern ist die Landwirtschaft. Wenn jeder Unkrauthalm und jedes Insekt sofort vergiftet wird, gibt es einfach nicht mehr genug und abwechslungsreich zu fressen. Die durch einseitige Nahrung, Hunger, mit aufgenommenen Giften und fehlende Deckung gestressten und geschwächten Tiere werden dann tatsächlich leichte Beute der Füchse. Nur ändert sich die Situation nicht, wenn die Füchse abgeschossen werden.
Wir brauchen vor allem wieder eine naturnahe Landwirtschaft, die auf Gifte verzichtet und Unkraut nur soweit zurückdrängt, dass die Nutzpflanzen gut wachsen können, statt es total ausrotten. Etwa ein Drittel aller Ackerunkräuter ist bei uns vom Aussterben bedroht. In Sachsen-Anhalt gibt es sogar schon ein Naturschutzgebiet für Ackerunkräuter. Kommen dazu noch Hecken, kleine Gehölze und breite Wegraine können auch die feldbewohnenden Tiere überleben und wenn der Fuchs dann kranke geschwächte Tiere erbeutet, trägt das sogar dazu bei, dass sich Krankheiten nicht ausbreiten können und die Wildtiere gesund bleiben.
Viele Jäger versuchen eifrig Stimmung gegen die Füchse zu machen. Das ist unbegründet. Aber
immerhin ist der Fuchs durch die Jagd auch nicht bedroht. Es wäre dennoch besser, wenn auch die
Jäger sich stärker für eine reich gegliederte Agrarflur und naturnahe Landwirtschaft einsetzen
würden. Ich freue mich einfach über den pfiffigen und nützlichen Räuber, wenn ich am
Zschampert, am See oder in Grünau zwischen den Wohnblocks einen Fuchs umherstreifen sehe.
Dr. L. Kasek