Neue Diskussion um alte Strategie
Forum in Grünau bringt Gemüter in Rage aber kaum Neuigkeiten
Da sieht man mal wieder, was Volkes Stimme bewirken kann: Gut zwei Monate
nachdem sich mit Unterstützung des »Grün-As«
eine Bürgerinitiative für einen sofortigen
Abriss-Stopp und einen überarbeiteten Stadtentwicklungsplan einsetzte und dafür 3500
Unterschriften sammelte, reagierte die Stadt. Und zwar mit einem Forum, die die
»Entwicklungsstrategie Grünau 2020«
beinhaltete.
Dieses Forum - das erste seit einem
knappen Jahr - stand bemerkenswerter Weise unter dem Slogan der Bürgerinitiative
»Stadtumbau - So nicht«
und war äußerst kurzfristig anberaumt worden. Ein Schelm,
wer Böses dabei denkt. Unterstellt man der Kommune, dass sie damit eine geringe
Beteiligung der Grünauer im Sinn hatte, so ging diese Rechnung nicht auf. Ein
rappelvoller Saal im Freizeittreff Völkerfreundschaft, zeugte von wahrem Interesse der
Grünauer an der Zukunft ihres Stadtteils, und gleichsam ihrer eigenen. Denn Viele
fanden den Weg ins Stadtteilzentrum, weil sie wissen wollten, ob und wenn ja, wie lange
ihr Haus noch vom Abrissbagger verschont bleibt.
Alte Neuheiten
Etwas wirklich Neues erfuhren die Anwesenden allerdings nicht. Baudezernent Martin zur Nedden erging sich zunächst minutenlang in demographischen Szenarien, die die unbedingte Notwendigkeit von bevorstehenden Abrissaktivitäten erklärbar machen sollten, bevor Karsten Gerkens, Leiter des Amtes für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung (ASW), das Mikrofon zur Hand nahm. In gewohnt lässiger Manier bemühte er einmal mehr seine Metapher des zu großen Mantels, der durch einen neuen Zuschnitt wieder attraktiv gemacht werden soll. Damit es auch jeder begreift, wurde alles hübsch bildhaft via Beamer an die Wand des Völle-Saales projeziert. Jedoch so klein, dass es für die Meisten unmöglich war, den Inhalt der Präsentation visuell erfassen zu können.
Bereits nach 30 Minuten platzte dem ersten Zuhörer der Kragen. Das sei ihm hier
alles viel zu unkonkret, man solle doch endlich mit der Diskussion beginnen, forderte er
lautstark und erntete dafür Applaus und »Bravo-Rufe«
, aber auch einen Anraunzer von
Gerkens. Wer es bis dahin noch nicht wusste, dem wurde spätestens jetzt klar, dass es
sich bei der Zukunft von Leipzigs größtem Stadtteil um ein außerordentlich diffiziles
Thema handelt und die Nerven sowohl bei den Grünauern als auch den Initiatoren
dieser Veranstaltung blank liegen. Ein Grund dafür könnte die mangelnde
Kommunikation zwischen Stadt und Grünauern sein.
Trotz stets propagierter erwünschter und gewollter Bürgerbeteiligung, erfuhren letztere, bereits beschlossene städtische Maßnahmen des Öfteren aus der Zeitung. Die Aufteilung Grünaus in einen Kernbereich, der die Wohnkomplexe 1 bis 5.2 umfasst und einen so genannten Stadtumbaugürtel, in dem sich die Komplexe 5.1, 7 und 8 befinden, war nach der Veröffentlichung vor einem Jahr in der LVZ ein alter Hut. Auch was es mit den Begrifflichkeiten (siehe nächsten Beitrag) auf sich hat, war bereits bekannt.