Grün-As

Tanz des Lebens, Tanz im Labyrinth

Leben in die Zukunft tragen, das erwarten viele von den Kindern, die neben uns, bei uns wohnen. Leben in die Zukunft tragen wird auch von den Eltern erwartet, die für ihre Kinder verantwortlich sind. Aber wie kann das gelingen? Wie werde ich als Mutter oder Vater meinem Kind gerecht? Kann ich wirklich gut genug dafür sorgen, dass es meinem Kind heute und zukünftig gut geht? Und wer steht an meiner Seite, wenn meine Kraft, meine Möglichkeiten nicht reichen? Gleichen nicht viele Tage eher dem berühmt berüchtigten Tanz auf dem Vulkan denn einem friedlichen Pfad durch den Tag? Fragen über Fragen. Sie beginnen bevor das Ungeborenen seinen ersten Schrei tut und enden nicht, wenn der Jugendliche das Haus verlässt. Der Weg durch das Leben hält manche Überraschungen bereit. Nicht immer bin ich mir sicher, wo ich mich befinde. Manchmal hat man das Gefühl, die Orientierung im eigenen Leben zu verlieren.

Ein Tei der Fragen lässt sich leichter beantworten, wenn man nicht nur in sich oder in der eigenen Familie nach Antworten sucht, sondern bewusst auf andere zugeht. Das sagten sich auch junge Eltern der Pauluskirchgemeinde und gründeten vor einiger Zeit den Eltern-Kind-Kreis neu. Dabei geht es ihnen und mir, als der Leiterin des Kreises, nicht nur um einen Austausch über Erziehung, Windeln und Wäscheberge auch wenn das eine wichtige Rolle spielt. Wesentlich ist es uns auch, nach Wegen der Förderung und Begleitung von Eltern und Kindern zu suchen. Anfang Mai begannen wir deshalb ein neues Projekt: die Gestaltung eines Labyrinths im Gemeindegarten der Pauluskirchgemeinde.

Bild Das Labyrinth ist eine uralte Form, die im Gegensatz zum Irrgarten aus nur einem Weg besteht, der sich über verschiedene Windungen zur Mitte schlängelt. Bekannt ist das Labyrinth von Chartres, aber auch das Labyrinth von Kreta und der Minotaurus. Die Ursprünge des Labyrinths liegen im Dunkeln. Sie reichen mit Sicherheit weit vor unsere Zeitrechnung zurück. Vermutlich entstanden die Formen nicht als ein Gebäude, sondern aus einem Tanz, dessen Schritte sich durch das Wiederholen in den Boden einprägten.

Während das Labyrinth in vorchristlicher Zeit nur in profanen Kontexten, also nicht in der Verbindung mit der Verehrung der Götter bekannt ist, tauchte es zu Beginn des 4. Jahrhunderts nach Jahrhunderten der »Pause« in Nordafrika wie der auf - nun aber immer im Zusammenhang mit dem Glauben. Bis ins 19. Jahrhundert fanden sich Labyrinthe in vielen Kirchen. Da sie aber mehr und mehr zu Kinderspielplätzen wurden, entfernte man sie nach und nach. Auch das einzige deutsche Kirchenlabyrinth wurde so zerstört.

Heute entdeckt man die Form und den Tanz im Labyrinth neu. Grundlegend ist die Erkenntnis, dass das Labyrinth nicht nur eine beliebige Form eines Gartens oder Gebäudes ist. Jeder, der ein Labyrinth betritt, wandelt sich im Gehen des Weges. Indem ich das Labyrinth betrete, habe ich eine Entscheidung getroffen. Der Weg endet erst in der Mitte. Zugleich ist mir aber nichts so sicher wie die Mitte, die ich erreichen werden. Wie viele Umwege ich auch immer gehe: Die Mitte liegt vor mir. Ich kann sie nicht verfehlen. So fördert der Weg zur Mitte die Konzentration, das Wechseln der Richtung die Körperwahrnehmung. Die Mitte ist aber nicht nur das Ende des einen Weges. Sie ist auch ein Neubeginn. Dort, wo ich an mein Ende zu kommen scheine, beginnt etwas Neues.

Die Symbolik des Labyrinths kann in vielfältiger Weise helfen, zu mir selbst zu finden. Das Leben zu überdenken, aber auch neu Ruhe und Gelassenheit zu entdecken. Beim Anlegen des kleinen Labyrinths im Gemeindegarten stellen wir auch fest, wie wichtig die Für sorge und Verantwortung ist, die Kinder beim Anlegen für eine begrenzte Zeit und einen begrenzten Raum übernehmen. Gemeinsam muss überlegt werden, wann wer die Blumen gießt, wie oft es nötig ist zu mähen etc.

Ist das Leben ein Tanz auf dem Vulkan? Manchmal sicher. Aber ebenso ist es ein Weg, der mich auf Umwegen zu mir selber führt. Mit Spaß am gemeinsamen Tun entdecken wir gemeinsam immer wieder neu: Der Weg, den Eltern und Kinder miteinander gehen, ist ein Weg des Wachstums für beide, ein spannender und verheißungsvoller Weg voller überraschender Wendungen. Die Eltern des Eltern-Kind-Treffs und ihre Kinder freuen sich über jeden, der Spaß daran hat, sich an den Entdeckungen zu beteiligen.

Eltern-Kind-Treff, Pauluskirchgemeinde Leipzig-Grünau, Alte Salzstraße 185, donnerstags ab 15.30 Uhr (bis Herbst »Projekt Labyrinth«)
Ansprechpartnerin: Bettine Reichelt über das Büro der Gemeinde 0341/41121 45 oder 0341 / 9029855 (privat)

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