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Cross-Border-Leasing

Straßenbahnschienen, Manchester United und das liebe Geld

Wenn die American International Group Inc. (AIG) Rekordverluste meldet, werden nicht nur die Spieler von Manchester United nervös, AIG ist dort Trikotsponsor, sondern auch deutsche Gemeinden. Das amerikanische Versicherungsunternehmen hält inzwischen sowohl den Rekord des höchsten jemals von einem Unternehmen gemeldeten Verlustes, als auch den Rekord der größten staatlichen Finanzspritze, die je ein amerikanisches Unternehmen bekommen hat. Der Rückversicherer ist über die faulen Hypotheken-Kredite seiner Kunden gestolpert und gehört inzwischen zum größten Teil der amerikanischen Notenbank FED.

Bis 2003 soll Leipzig einige Cross-Border-Leasing-Geschäfte über die AIG abgeschlossen haben. Cross-Border-Leasing ist eine Vermietung, bei dem der Leasinggeber und der Leasingnehmer in verschiedenen Staaten sitzen und steuerliche Vorteile der beiden Staaten (hier USA und Deutschland) ausgenutzt werden. Der Vorteil entsteht, weil die Rechtssysteme der beiden Staaten unterschiedliche Eigentümer bei vermieteten Sachen annehmen. Die Möglichkeit solcher Geschäfte wurde in den USA absichtlich geschaffen, um den Absatz von Boeing-Fliegern zu finanzieren, indem man sie vermietet. Ganz zufällig ist der Weltmarktführer im Vermieten von Flugzeugen, die International Lease Finance Corporation, ein Tochterunternehmen der AIG.

Ein Cross-Border-Leasing würde nun beispielsweise so funktionieren: Ein amerikanischer »Investor« mietet die Leipziger Straßenbahnschienen für 100 Jahre und bezahlt den komplette Mietzins im voraus an den amerikanischen Vermittler. Das gilt in den USA als Investition und ermöglicht steuerliche Abschreibungen. Leipzig least die Schienen für 30 Jahre zurück, und kauft sie anschließend zurück. Dies wird aus den bei AIG hinterlegten Geldern bestritten. Leipzig würde einen eher geringen Barwertvorteil kassieren. Der amerikanische »Investor« und Vermittler kassieren ebenfalls auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler.

Bis vor wenigen Jahren, hielt man dies noch für eine gute Sache. So haben zahlreiche Gemeinden, aber auch das Bundesland Baden-Württemberg, Infrastruktureinrichtungen über Cross-Border-Leasing hin- und rückvermietet, und so fast eine Milliarde Euro nach Deutschland geschaufelt. Inzwischen ist man aber schlauer geworden: Cross-Border-Leasing ist eben nicht nur schnelles abkassieren und ein Vertrag, den man für X Jahre in den Schrank legt.

Die amerikanischen Mitspieler haben undurchsichtige Vertragsklauseln und Geheimhaltungsverpflichtungen in die oft hundertseitigen englischsprachigen Verträge nach New-York-City-Law eingebaut, so dass für die deutschen Mitspieler zahlreiche Fallstricke lauern. Finanzexperten, die Cross-Border-Leasing-Verträge gesichtet haben, lesen aus den Vertragstexten eher eine Wette auf die Bonität des Vermittlers heraus, als ein tatsächliches Leasinggeschäft. So besteht das Problem nicht nur in möglichen Zahlungsstörungen, die durch drohenden Geldmangel von beispielsweise AIG auftreten könnten, und den deutschen Vertragspartner in die Zahlungspflicht nehmen. Durch den Verlust der Kreditwürdigkeit (Triple-A Rating) von AIG, könnten deutsche Vertragspartner Verbindlichkeiten von AIG absichern müssen.

Leipzig hat zahlreiche Cross-Border-Leasing-Geschäfte zwischen 1997 und 2003 getätigt. So sind beispielsweise Kongreßhalle, Messehallen, Schienennetz, Oberleitungen und Zugmaschinen der LVB, Klärwerke und Trinkwassersystem der KWL, die Oper und das Städtische Klinikum St. Georg verleast worden.

Lutz Rodenhauser
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