Editorial
Liebe Leserinnen und Leser, die Ereignisse in Grünau - speziell im WK 8 - überstürzen sich einmal mehr. Kaum hat man die erschreckende Nachricht von neuerlichen Brandstiftungen in der Selliner Straße und am Kulkwitzer See einigermaßen verdaut, die wenigen wirklich greifbaren Fakten und die unzähligen chaotischen Gedankengänge zu Papier gebracht, stehen bereits die nächsten Räumlichkeiten in Flammen. Nur ein paar hundert Meter vom KOMM-Haus und der Selliner Passage entfernt, brannte eine Wohnung in der neunten Etage der Zingster Straße 20 lichterloh, als ein Passant am Samstagmorgen gegen 4.30 Uhr mit seinem Hund dort entlang lief und daraufhin sofort die Feuerwehr alarmierte.
Ein ungutes Gefühl ob der seltsamen Wiederholung von Feuerkatastrophen in jüngster Zeit, stellte sich sofort ein und die
abstrusesten Theorien geisterten uns so lange durch den Kopf, bis klar war, dass es sich dieses Mal nicht um gezielte
Brandstiftung handelte. Glühende »Tabakware«
, wie es so schön im Beamtendeutsch heißt, soll eine Couch
entzündet und die Flammen schnell auf das restliche Mobiliar übergegriffen haben. Die Wohnung brannte komplett aus, der
28-jährige Mieter wurde verletzt, zwei unmittelbare Nachbarn mussten ebenfalls behandelt werden.
So lautet zumindest die nüchterne Bilanz dieses Schadenfalles und trotzdem: Ob absichtlich gelegt oder durch
Fahrlässigkeit herbeigeführt wie auch beim Brand im Wohnblock der Selliner Straße 1, bei dem Anfang Dezember ein Mann ums
Leben kam - die Häufung von Bränden mit derartigen Ausmaßen im WK 8 irritiert selbst Feuerwehrmänner. Mit den Worten
»Nicht schon wieder dort!«
sollen sie auf den Notruf des Passanten reagiert haben...
Vielleicht sind es nur unglückliche Zufälle, dass es vor allem die Randkomplexe Grünaus immer wieder trifft - vielleicht aber auch ein hausgemachtes Problem. Denn mit dem flächenhaften Abbruch und der dadurch zunehmenden Verödung gerade im Bereich der Selliner Passage und einer fatalen Entmischung der Mietklientel in einigen angrenzenden Quartieren, hat man sich eine wortwörtliche Sicherheitslücke geschaffen, die nicht so einfach wieder geschlossen werden kann. Ein Abwärtstrend - ist er einmal im Gange - kann nur mit Mühe aufgehalten werden. Dafür benötigt man echten Enthusiasmus und eine gehörige Portion Engagement.
Ein Ort, an dem so etwas noch zu finden ist - ein wahrer Lichtblick an der gebeutelten Grünauer Grenze - war und ist bald wieder das KOMM-Haus in der Selliner Straße. Die soziokulturelle Einrichtung der Stadt Leipzig wurde selbst zum Opfer von Gewalt und Zerstörung und musste nach dem Brandanschlag vom 24. November für knapp vier Monate schließen. All die Unannehmlichkeiten, der Stress, der Ärger und nicht zuletzt die augenscheinliche Bedrohung, wurden durch ein Großmaß an Solidarität wieder wettgemacht.
Dafür möchten sich die Mitarbeiter des Hauses, sowie die Bürgerinitiative Buntes Grünau mit einem dreitägigen kunterbunten Programm zur Wiedereröffnung der Einrichtung vom 20. bis 22. März bedanken. So das Wetter mitspielt, sollen sich die Aktivitäten auf zwei Bühnen vor und im KOMM-Haus abwechseln und ergänzen. Für jeden Geschmack und jedes Alter dürfte etwas Passendes dabei sein - Lesungen, Film- und Sportvorführungen, Kinderbespaßung, Essen, Trinken, Musik von Chor, Bands und Instrumentalgruppen, etc. Lassen Sie sich überraschen, seien Sie herzlich willkommen und machen Sie mit uns den Stadtteil ein Stück bunter.
Klaudia Naceur und Uwe Walther