Erst 18.000 Euro - jetzt Abriss
Als das Quartiersmanagement im Sommer 2008 auf der Suche nach Räumlichkeiten für das Alternative Jugendzentrum
»Bunte Platte«
auf das verfallene Objekt an der Lützner Straße aufmerksam wurde und sich nach
Übernahmemodalitäten erkundigte, da wollte das Liegenschaftsamt als Eigentümer der Immobilie noch satte 18.000 Euro für
Bausubstanz und angrenzendes Gelände. Für die Jugendlichen illusorisch, aber anscheinend war auch niemand anders gewillt,
diese Summe zu zahlen und so begannen Anfang April die Abrissarbeiten.
Grund genug, um ganz kurz an die wechselvolle Geschichte des kleinen Häuschens zu erinnern, die vielleicht nur wenigen, die tagtäglich dort vorbeifuhren, bekannt ist. 1971, also fünf Jahre vor dem ersten Spatenstich im später größten Neubaugebiet Leipzigs, wurde der Bungalow mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Keller nebst zwei Garagen privat gebaut. Damals stand er also allein auf weiter Flur - in Sichtweite der Gemarkung Schönau und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schönauer Park. Ein idyllisches Plätzchen, das der Inhaber allerdings mit Bekanntwerden der Bau-Pläne Grünaus ziemlich schnell wieder räumen musste. Leer ging er aber nicht aus. Denn er erhielt eine Entschädigung im fünfstelligen Bereich.
Während der Bauphase der ersten Wohnkomplexe wurde der Bungalow kurzerhand zur Baustelleneinrichtung und beherbergte
fortan die so genannten »Baustromer«
- eine Abteilung, die für den nötigen »Saft«
auf
dem Bau sorgte. Ab 1980 etwa, als sich die Arbeiten in die hinteren Komplexe verlagerte, übernahmen die Leipziger
Verkehrsbetriebe Häuschen sowie Garagen und funktionierten sie in Aufenthaltsräume für Busfahrer um. Nach der Wende
pachtete ein ehemaliger LVB-Mitarbeiter das Gebäude und aus dem Pausenraum wurde eine Bier- und Imbissstube.
»Schönauer«
hieß die Kneipe. Das Schild hing noch bis vor zwei Jahren über dem Eingang. Zu diesem Zeitpunkt
rankte sich aber auch schon allerhand Gestrüpp vor und um den einstigen Bungalow.
Denn seit der Pächter vom »Schönauer«
vor etwa fünf Jahren starb, gab es keine weiteren Interessenten
mehr für das Gebäude, das dadurch dem Verfall preis gegeben. Nun ist diese Geschichte bald Geschichte. Einer innovativen
Nachnutzung - wie auch immer geartet - kommt man mit dem Abriss zuvor. Denn mit solch hohen Forderungen ebnet man
allenfalls finanzkräftigen Unternehmen den Weg, an dieser strategisch günstigen Kreuzung zu bauen. Wie wäre es
beispielsweise mit einem neuen Discounter?