»Man muss sich kümmern!«
Theodor Olthoff setzt sich für das Ambiente am Kulkwitzer See ein
Verantwortung zu übernehmen, das hat Theodor Olthoff schon als junger Mann gelernt. Nach den langen Entbehrungen der
Kriegsund Nachkriegszeit galt es, etwas Sinnvolles aufzubauen. Dazu gehöre nicht nur an sich zu denken, sondern auch für
die Gemeinschaft da zu sein. Diese Einstellung prägt den Grünauer auch nach seinem aktiven Berufsleben noch. »Man
muss sich kümmern«
, unterstreicht der 88-Jährige. Um die großen wie die kleinen Dinge im Leben - um Sitzbänke
beispielsweise.
Doch der Reihe nach: Es war im September während eines Einkaufsbummels im Allee-Center. Dort präsentierte gerade die
engagierte Grünauer Naturfreundin Elke Göbel ihre Ausstellung »Natur im Blickpunkt«
. Die Fotos zeigten
die Sonnen- aber auch die Schattenseiten vom Kulkwitzer See. »Vor einer Aufnahme«
, so Olthoff,
»standen besonders viele Menschen und diskutierten: 'Ach, da ändert sich doch nie was. Das sieht schon ewig so
aus ...'«
, hieß es. Auf dem Foto hatte Elke Göbel eine kaputte Bank in den Blickpunkt gerückt. Wenige Tage später
radelte Theodor Olthoff mit seiner Frau an den Kulki.
Kleine Segelboote und auch Enten und Schwäne zogen über den See - ein schönes Bild. Einen weniger idyllischen Eindruck
machte eine Bank am Ufer - ihre Rückenlehne fehlte völlig. Nur zwei defekte Pfosten waren links und rechts noch übrig.
»'Daran habe ich mich schon verletzt, als ich mich ausruhen musste', erzählte uns eine ältere Frau, die
mit ihrem Rollator unterwegs war. Ich dachte, da muss man was machen. Das ist doch nicht in Ordnung. Der See liegt mir sehr
am Herzen.«
Denn auch die Verantwortung für eine intakte Natur begleitet Theodor Olthoff schon ein Leben lang.
Dazu muss man wissen, dass der Grünauer zwar seit 60 Jahren in Sachsen zuhause ist, doch seine Kindheit und Jugend am
Meer verbracht hat. Dort wurde wohl der Grundstein für seine Naturliebe gelegt: »Ich bin in Ostfriesland geboren
und am Wasser groß geworden. Als junger Mann bin ich gesegelt.«
Und wie kam er dann in die Leipziger Region?
»Als ich mit 17 eingezogen wurde, war ich unter anderem auch in Leipzig stationiert. In dieser Zeit lernte ich
meine erste, 1990 verstorbene Frau, kennen.«
Lebst Du noch?, schrieb er der damaligen Freundin nach dem Krieg.
Ja!, antwortete sie. Die Freundin war ein Grund, dem Norden den Rücken zu kehren - ein zweiter die Fabriken in der
Leipziger Region.
»Sie beeindruckten mich, die Bilder von den langen Schornsteinen und Betrieben hatte ich immer noch im Kopf.
Dort muss es spannende Arbeiten geben«
, dachte sich der gelernte Geräteschlosser. Gedacht, getan: Der
energiegeladene junge Mann begann in der Gleiskolonne, wurde E-Lokfahrer und absolvierte schließlich ein Studium als
Diplomingenieur. »41 Jahre habe ich im Braunkohlenkombinat Borna gearbeitet.«
Und wie wurde Theodor
Olthoff Grünauer? »Wir gehören zu den Braunkohlegeschädigten und wurden in den 80er-Jahren von Eythra nach Grünau
zwangsumgesiedelt.«
Dennoch - neu in dem Stadtteil angekommen, stellten sie fest »es ist ein schönes Wohnen in Grünau. Wir hatten
eine tolle Hausgemeinschaft und haben oft gemeinsam gefeiert.«
Mag sich auch manches geändert haben, das gute
Gefühl für Grünau ist geblieben: »Ich fühle mich verantwortlich. Also habe ich mich in punkto Bänke so lange ans
Telefon gehängt, bis ich zu zu ständigen Stellen vorgedrungen bin: Das Amt für Stadtgrün und Gewässer und die Leipziger
Seen GmbH. Von letzterer Einrichtung kam am 21.9. ein Anruf: 'von 46 Bänken sind 38 repariert. Die restlichen acht werden
auch noch instand gesetzt'.«
Und tatsächlich: Am nächsten Tag waren auch sie repariert und frisch gestrichen. »Na, ich habe mich natürlich
telefonisch bedankt«
, freut sich der tüchtige Grünauer. Ist Theodor Olthoff damit alle alle Sorgen los?
»Leider nicht. Es ist schade, dass die Linie 2 gekürzt wurde und nur noch bis zum Ratzelbogen fährt. Bedauerlich
für die Sicherheit im Stadtteil ist auch, dass Grünau kein eigenes Polizeirevier mehr besitzt. Und auch der Holzspielplatz
am Kulkwitzer See sei in einem bedauerlichen Zustand.«
Für sein Wohngebiet, den WK 8, wünscht er sich, dass die Brachen gestaltet werden. Wo die Hochhäuser abgerissen wurden, wuchert Unkraut. Da sei es gut, zu hören, dass die Stadt Leipzig neue Grün- und Freiraummaßnahmen für Grünau plant.
Ingrid Hildebrandt