Grün-As

Schreiben und Handeln

Im Porträt: Bettine Reichelt - freie Lektorin und Autorin mit Leidenschaft fürs Ehrenamt

»Freunde finden es gelegentlich etwas verrückt, sich an so vielen Stellen einzusetzen - und dafür nicht nur gelobt zu werden. Meist ist mit den Ehrenämtern viel Arbeit, gelegentlich Kampf, ja manchmal auch Ärger verbunden«, resümiert Bettine Reichelt ihre vielfältigen Aktivitäten. Doch immer wieder macht sie sich auf den Weg zu den anderen und lernt dabei neue, spannende Leute kennen.

»Mein Leben«, hält die freie Autorin und Lektorin fest, »ist durch das Ehrenamt bunter und reicher geworden.« Besonders wichtig ist ihr der »Begegnungskreis geistig Behinderter und ihrer Eltern« in Grünau geworden, den sie seit einigen Jahren leitet. Angebote dieser Art gibt es nicht sehr viele. Es braucht seine Zeit, bis sich ein solcher Kreis stabilisiert hat und sich regelmäßig einmal im Monat trifft. Thematisch und organisatorisch wird alles zusammen mit anderen Ehrenamtlichen vorbereitet.

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Bettine Reichelt

Wenn es Samstagmittag losgeht, ist Bettine Reichelt schnell mittendrin, hört zu, sagt etwas, denkt nach. »Es sind oft ergreifende Geschichten von Menschen, die um viel mehr in ihrem Leben kämpfen, als es anderen bewusst ist. Dann weiß ich, dass es gut ist, da zu sein. Dann spüre ich etwas von der Kraft, die die anderen in den Kreis mit einbringen. Und spätestens dann bin ich froh, dass wir uns treffen, dass wir einen Ort schaffen, an dem man reden, sich austauschen, Sorgen abladen und natürlich viel gemeinsam lachen kann.« Nach dem Aufräumen sitzen die Ehrenamtlichen noch für einen Moment zusammen, trinken einen letzten Kaffee in der Küche, sind erschöpft, aber auch froh, dass es in ihrem Wohngebiet einen solchen Kreis gibt. »Das macht Mut, auch an anderen Stellen weiterzumachen.«

Als weiteres Engagement - neben der Mitarbeit bei den Internationalen Wochen gegen den Rassismus, der Organisation und Durchführung von Lesungen im Rahmen der Buchmesse in Grünau, der Vorbereitung von Friedensgebeten (vor allem in Zusammenarbeit mit dem Friedenszentrum Leipzig), ihrer Aktivität im Verband freier Lektorinnen und Lektoren (Regionalrat) - hebt die 43-Jährige eine Tätigkeit besonders hervor: Ihre redaktionelle Mitarbeit bei der Leipziger Straßenzeitung »Kippe«, wo Berufliches und Ehrenamtliches zusammenkommt. »Ich kann das einbringen, was mein Kerngeschäft ist: das Schreiben. Und ich erhalte eine unmittelbare Rückmeldung.«

»Ein absolutes Highlight für mich persönlich war beispielsweise das Porträt über Werner Heiduzcek. Ein tolles Gespräch! Immer wieder erwähnt wird auch der Artikel über die 'Grünen Damen', die ehrenamtlich Kranke im St. Georg Krankenhaus besuchen.« Es ist spannend, Bettine Reichelt zuzuhören. Man wird hineingenommen in ihre Geschichten, ihre Begegnungen mit Menschen und wie sie mit neuen Situationen umgeht. Es fasziniert vor allem, wie kreativ sie darin ist, angesichts neuer Herausforderungen Phantasie zu entwickeln und erfinderisch zu sein.

Das Ehrenamt, das wird in der studierten Theologin und Gemeindepädagogin deutlich, ist eine spannende sowie bereichernde, aber auch keine 'ungefährliche' Tätigkeit. »Man sollte seine Grenzen kennen und sie auch neu ziehen können«. Auch Bettine Reichelt muss sich das immer wieder bewusst machen. Sie steht an einem Punkt, an dem der Aktion die Reflexion vorausgeht, ihr Handeln wiederum das Nachdenken befruchtet. Wer nach Angeboten sucht, sich zu engagieren, wer überlegt, was er tun könnte, wer einfach nur ein paar Tipps haben möchte, der kann donnerstags von 15 bis 17.30 Uhr in den Stadtteilladen in der Stuttgarter Allee kommen. Ein Vertreter der Freiwilligen-Agentur Leipzig e. V. berät zu ehrenamtlichen Angeboten im Stadtgebiet.

Wolfgang Walter
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