Grün-As

Ab sofort mit Sitzgelegenheit

LVB reagieren auf Leserkritik an der Grünolino-Endstelle / LVB-Pressesprecher Reinhard Bohse im Interview

Ihren Heimweg aus der Robert-Koch-Klinik hatte sich Margit Pätzold anders vorgestellt. Ihr Ziel: das Zentrum des WK 8 - einst nur fünf S-Bahn-Minuten entfernt. Immerhin: Der Grünolino bot mit seinen günstig gelegenen Haltestellen ähnlich kurze Fußwege - freilich bei deutlich längerer Fahrzeit. Anlass für einen ausführlichen kritischen Leserbrief war jedoch das Procedere an der Endstelle am Allee-Center. Ihren Schilderungen zufolge sei Pätzold trotz Regens, dazu nicht besonders freundlich, aufgefordert worden, die Zeit bis zur Abfahrt im Freien zu verbringen.

»Am Eröffnungstag des Grünolino musste man an dieser Haltestelle den Bus nicht verlassen«, schreibt sie verwundert. Eine Sitzgelegenheit fehlt an der Endstelle. Das Allee-Center ist zwar nahe, doch droht bei längerem Fernbleiben der Anschlussverlust. Pätzolds Resümee: »Ich finde es schade, dass man den älteren Grünauern, die nicht so gut zu Fuß sind und 10 Minuten an dieser Haltestelle stehen können, den Bus nicht weiterempfehlen kann.« Erneut zur Sprache kommt auch in diesem Brief, dass ein Bus in die Gegenrichtung eine sinnvolle Ergänzung wäre.

»Grün-As« konfrontiert die Leipziger Verkehrsbetriebe mit den kritisierten Punkten. Im folgenden Interview mit LVB-Pressesprecher Reinhard Bohse wirbt dieser um Verständnis, hält aber auch eine erfreuliche Nachricht bereit:

Grün-As
Herr Bohse, hat der Busfahrer grundsätzlich richtig gehandelt? An der Endstelle Lausen werden die Bahnen trotz Fahrerpause meist einstiegsbereit vorgehalten.
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Reinhard Bohse, LVB
Reinhard Bohse
Der Fahrer hat richtig gehandelt. Straßenbahn und Bus sind in diesem Fall nicht zu vergleichen. Die Bahn hat eine verschließbare Fahrerkabine. Der Busfahrer muss sein Fahrzeug gegen »fremden Zugriff« sichern und kann den Bus nicht unbeaufsichtigt lassen. Das Fahrpersonal muss also beim Gang zur Toilette das Fahrzeug verschließen und darf in diesem Fall die Fahrgäste nicht im Fahrzeug lassen. Die Fahrer der Linie 66 nutzen die öffentliche Toilette im PEP. Der Fahrer muss deshalb leider alle Fahrgäste bitten, aus dem Fahrzeug zu steigen.
Grün-As
Gibt es einen Codex im Falle von schlechtem Wetter? An Leipzigs LVB-Endstellen entsteht gelegentlich der Eindruck, es sei allein persönliche Entscheidung des Fahrers, ob er Bus beziehungsweise Bahn vorher bereitstellt oder nicht. Bei Regen besonders ärgerlich, wenn der Fahrer mit der BILD am Lenkrad ein paar Meter weiter hinten steht...
Reinhard Bohse
Diesen Codex gibt es nicht. Es obliegt dem Fahrer, hier zu entscheiden. Außerdem gibt es vorgeschriebene Lenk- und Ruhezeiten. In diesen Fällen müssen diese Zeiten »frei von jeglicher Tätigkeit sein«. Der Fahrer kann dann in seiner Freizeit/Pause auch - was auch immer - lesen.
Grün-As
Sind Änderungen an der Ausstattung der Haltestelle geplant?
Reinhard Bohse
Die LVB nehmen die Beschwerde zum Anlass, eine Sitzmöglichkeit an der Haltestelle Offenburger Straße zu ergänzen. Die Arbeiten können allerdings erst nach der Frostperiode stattfinden. Dann können sich durchfahrende Fahrgäste, die vom Fahrer aus den genannten Gründen aufgefordert wurden, den Bus zu verlassen, zumindest für ein paar Minuten hinsetzen. Zuständig für die Aufstellung der »Wartehäuschen« ist die Stadt Leipzig, die dazu einen Vertrag mit der Firma JC Decaux abgeschlossen hat. Hierbei ist aber zu bedenken, dass der Grünolino momentan in einem zweijährigen Testbetrieb läuft. Da die Einrichtung eines Fahrgastunterstandes recht teuer ist, ist es sehr sinnvoll, zunächst eine Entscheidung zum langfristigen Bestand der Linie abzuwarten.
Grün-As
Was empfehlen Sie »durchreisenden« Grünolino-Fahrgästen?
Reinhard Bohse
Durchreisende Fahrgäste sollten sich an den Fahrer wenden und fragen, ob sie im Bus sitzen bleiben können. Aus den oben genannten Gründen kann ihnen dies aber auch verwehrt werden.
Grün-As
Gibt es neue Überlegungen zur Gegenläufigkeit?
Reinhard Bohse
Das Thema ist nicht vom Tisch. Allerdings setzt eine »Gegenläufigkeit« voraus, dass der Grünolino langfristig mit zwei Bussen betrieben werden kann. Es ist aber absehbar, dass einer der beiden Busse, die momentan auf der Linie 66 eingesetzt werden, im Dezember 2013 wieder entfällt. Denn dieser Bus wird vom Zweckverband als Ersatzmaßnahme für die befristete Einstellung der S-Bahnlinie S1 finanziert. Wir würden also ein Angebot etablieren, welches wir in absehbarer Zeit - sicher zum Ärger vieler Fahrgäste - wieder einstellen müssen. Sollte sich dagegen eine alternative Finanzierungsmöglichkeit finden, würden wir das Thema »Gegenläufigkeit« in unseren Planungen wieder aufgreifen.
Grün-As
Müssen sich Fahrer tatsächlich überhaupt keine Sorgen über eine Beschwerde machen? Was passiert, wenn man einen Fahrer »anzählt«?
Reinhard Bohse
Fahrer machen sich sehr große Sorgen um das Thema Beschwerden. Zum einen werden Fahrgastbeschwerden für die Leistungsprämie herangezogen, zum anderen werden diese bei jeder Bewerbung für Qualifizierungen und Stellenausschreibung herangezogen. Allerdings hat auch der Fahrer Bedürfnisse und Rechte. Das bitte ich ebenfalls zu berücksichtigen.
Interview: Reinhard Franke
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