Editorial
Liebe Leserinnen und Leser, das Jahr ist gerade einmal zwei Monate alt und schon stand den Leipzigern und damit natürlich auch Ihnen ein wichtiges Ereignis ins Haus: Die Wahl des Oberbürgermeisters.
Nach einem anscheinend ziemlich kräftezehrenden Wahlkampf - irgendwie sahen schlussendlich alle Kandidaten ganz schön abgekämpft aus - setzte sich Amtsinhaber Burkhard Jung erst im 2. Wahlgang durch. Sein Sieg war zwar nicht haushoch, aber doch durchaus mit deutlichem Abstand vor seiner schärfsten Konkurrenz Horst Wawrzynski, der von CDU und einem Bürgerbündnis unterstützt wurde. Obwohl dieser noch kurz vor Schluss ganz tief in die PR-Trickkiste gegriffen hatte und im Grünauer Klingergymnasium medienwirksam den Farbpinsel schwang. Umsonst, wie wir heute wissen.
Apropos PR: Beinah hätten wir uns ja schon daran gewöhnt, die ambitionierten Anwärter auf den Rathaus-Chef-Sessel an allen möglichen und unmöglichen Stellen der Stadt anzutreffen. Keine Straßenecke war zu unbedeutend, kein Thema zu belanglos, kein Termin zu nichtig, um nicht mit Anwesenheit zu glänzen. Darüber hinaus galt es, etliche Foren mit immer denselben Fragen und Problemen zu bewältigen.
Auch in Grünau stellten sich die Kandidaten den Fragen der Stadtteilbewohner. Rund zweihundert Interessierte ließen sich die Diskussion um die Probleme des Viertels nicht entgehen. Zwar hat die Völle als Veranstaltungsort schon größeren Besucherandrang erlebt, aber immerhin...
Ob das an diesem Tag gezeigte Interesse an Grünau nicht nur Wahlkampftaktik war, wird und muss sich in den kommenden sieben Jahren zeigen. OBM Jung -
ein Meister im viel und gleichsam nichts sagen, »nahm«
nach eigenen Aussagen »einiges mit«
. So wollte er sich im
Falle seiner Wiederwahl intensiv in die Gespräche zwischen WOGETRA und Stadt Leipzig einbringen, bei denen es um die geplante Stilllegung des
Elfgeschossers in der Breisgaustraße geht. Diesem Versprechen ist er tatsächlich nachgekommen - allerdings noch als altes Stadtoberhaupt. (Nebenbei bemerkt
verlief diese erste Gesprächsrunde ergebnislos.)
Der Problematik der Jugendlichen am Allee-Center, der Bündelung von Kultur- und Bildungseinrichtungen im Zentrum Grünaus sowie dem mancherorts katastrophalen baulichen Zustand Grünauer Schulen, wird er sich in seiner zweiten Amtszeit kaum verschließen können. Es ist an uns, ihn andernfalls an seine Worte zu erinnern. Eine Möglichkeit, sich sowohl bei Stadtoberen, Verwaltung, aber auch Institutionen oder gar Konzernen Gehör zu verschaffen, ist die Mitarbeit im Quartiersrat.
Ein Gremium, welches zwar auf der untersten Stufe der Basisdemokratie agiert, aber dennoch in seinem mittlerweile sechsjährigen Bestehen Einiges im Stadtteil bewirken konnte. Kaum ein für Grünau relevantes Thema, was nicht in der monatlichen Runde zur Sprache kommt - kaum ein Problem, was nicht zumindest versucht wird, zu lösen. Und Jeder, der möchte, kann sich beteiligen - als gewählter Vertreter der Grünauer Bürger. Am 11. April findet der kiezinterne Urnengang bereits zum dritten Male statt - ohne kosten- und nervenaufreibenden Wahlkampf zuvor.
Dem bedarf es auch nicht, denn gewählt werden darf nur von den Anwesenden des Abends, was durch den Veranstaltungsort - das Theatrium - allein schon auf 99 (so viele Plätze hat das Haus) reduziert ist. Zieht man dann noch die vielen Offiziellen ab, die sich bei derartigen Ereignissen tummeln, kommt man auf sage und schreibe zirka 0,2 Prozent der Grünauer. Im Vergleich dazu muten die 34,2 Prozent vom 17. Februar (die zweitniedrigste Wahlbeteiligung bei einer OBM-Wahl übrigens) schon beinah diktatorisch an...
...findet Ihre Klaudia Naceur