Grün-As
Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Editorial

Schunkelmusik und alternde Fernsehstars?

Liebe Leserinnen und Leser, Grünau wird ja bekanntermaßen so Einiges nachgesagt. Sozial schwach sei der Stadtteil. Eine Schlafstadt, eine Betonwüste und obendrein noch kriminelle Hochburg. Ein liebevoll gepflegtes Vorurteil ist auch dieses, dass hier nichts los sei. Selbst die eingefleischtesten Grünau-Verteidiger unterliegen dieser irrigen Annahme und orientieren sich in punkto Kultur lieber an dafür einschlägig bekannten Wohngegenden.

Zugegeben: Hochkultur sucht man in Grünau vergebens. Mit diesem Manko steht der Stadtteil jedoch nicht alleine da, denn die gibt es nun einmal beinah ausschließlich in der Innenstadt. Die Behauptung, Grünau sei kulturell unterbelichtet oder gar tot, ist allerdings nicht nur ein Schlag ins Gesicht der vielen Kulturschaffenden vor Ort, die sich redlich mühen, immer wieder neue, interessante Angebote zu kreieren. Sie ist darüber hinaus auch gefährlich. Denn irgendwann könnte sich die unheilvolle Prophezeiung selbst erfüllen. Dann nämlich, wenn auch der enthusiastischste Kulturanbieter im Stadtteil aufgegeben hat.

Noch kämpfen die Kreativen um jeden interessierten Bewohner - mehr oder weniger erfolgreich. Viele Abende und Nachmittage habe ich erlebt, an denen den Veranstaltern angesichts der traurigen Zuschauerzahlen zum Heulen zumute war. Bitter vor allem, wenn ein- und derselbe Event einmal von 250 (altes Messegelände) und dann von 30 Zuschauern (Grünau) besucht wird, wie beim Film »Lost Places« im vergangenen Jahr. Oder Clemens Meyer. Wenn der junge Autor liest, kann er locker Säle füllen. Im KOMM-Haus kamen gerade 25 Zuhörer zusammen.

Holm Henck, der kürzlich verstorbene Grünauer Maler stellte mehrfach erfolgreich seine Gemälde aus. Zur Vernissage in seinem eigenen Viertel war der Künstler fast allein. Derlei Begebenheiten könnte man leider endlos aufzählen. Dagegen ist der Sonntagnachmittag auf dem Parkfest ein Garant für volle Bierbänke - egal bei welchem Wetter. Schunkelmusik und alternde Fernsehstars als Geheimnis für den Erfolg?

Sicher muss man sich auch in kultureller Hinsicht nach dem Geschmack seines Publikums richten und in Grünau leben nun einmal überwiegend Menschen jenseits der 55. Veranstaltungen für Senioren werden demnach auch verhältnismäßig gut besucht. Kein Wunder also, dass sich viele Einrichtungen auf diese Art der Unterhaltung spezialisieren. Was jedoch wieder zur Folge hat, dass bei oberflächlicher Betrachtung der Eindruck entsteht, hier würde für das jüngere Publikum nichts geboten.

Dass dies nicht der Fall ist, beweist schon allein ein Blick in unsere Ausgaben: Nicht nur, dass am 22. Juni der Kultursommer mit seinem mannigfaltigen Programm (demnächst in Ausgabe 2013/25) bis September beginnt. Das Fest der Juni-Freunde (siehe Ausgabe 2013/22) ist ebenso ein Beleg für den Ideenreichtum der Veranstalter vor Ort. Auch das Theatrium bietet lohnenswerte Unterhaltung nicht nur für Kinder und Jugendliche. Viele Stücke, wie das erst kürzlich aufgeführte »Im letzten Augenblick« können sich mit Aufführungen etablierter Häuser durchaus messen lassen. Nächste Gelegenheit, sich davon zu überzeugen, gibt es wieder im September.

Die kommenden drei Monate sind wie immer angereichert mit Ausstellungen, Konzerten, Lesungen, Kino und anderen innovativen Angeboten. Lassen Sie sich die Ereignisse vor Ihrer Haustür nicht entgehen. Schauen Sie ins Programm, lesen Sie »Grün-As«, informieren Sie sich unter www.kultur-grünau.de (ab 22. Juni freigeschaltet), kommen Sie vorbei und genießen Sie kulturelles Leben in Grünau.

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