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Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Tagebuchnotizen eines sächsischen Soldaten

Teil 1 - Freiwillig zum Militär

Vorweg sei angemerkt, dass es die Person Johann Gottlob Schladitz tatsächlich gegeben, die Biografie des Soldaten jedoch rein fiktiv ist. Mithilfe seines Nachfahrens Andreas Schladitz, der seit nunmehr 13 Jahren immer wieder in die Rolle eines Uniformierten der sächsischen Truppen schlüpft und damit nicht nur seinem Hobby frönt, sondern Geschichte für Jedermann erlebbar macht, konnte ein etwaiger Lebensweg im Dienste des sächsischen Churfürsten und späteren König von Sachsen Friedrich August I. nachgezeichnet werden. Die Rahmengeschichte ist somit authentisch - lassen Sie sich entführen ins Sachsen des beginnenden 19. Jahrhunderts.

Johann Gottlob Schladitz erblickt im Jahre 1783 als Sohn einfacher Bauern in einem kleinen Dorf nordwestlich von Torgau das Licht der Welt. Er ist das vierte von insgesamt sieben Kindern, von denen zwei bereits früh versterben. Wie die meisten Kinder seiner Zeit, wächst der kleine Johann in recht einfachen, dörflich geprägten Verhältnissen auf. Dies bedeutet für ihn zwar, nicht zu hungern, doch muss er schon wie seine Geschwister von frühester Kindheit an auf dem Hof und dem Felde mit anpacken. Johann besucht nie eine Schule - die Schulpflicht in Sachsen wird erst im Jahre 1835 eingeführt. Doch hat er das Glück, von einem Oheim in Rechnen und Schreiben unterrichtet zu werden. Seine somit erworbenen Fähigkeiten genügen freilich nur den einfachsten Anforderungen, übertreffen aber dennoch die vieler seiner Alters- und Zeitgenossen.

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Völkerschlacht Reenactment

Als jüngster Sohn kann sich Johann keine Hoffnung auf das Erbe des elterlichen Hofes machen und er beschließt im Alter von 16 Jahren, freiwillig dem Militär beizutreten. Er verpflichtet sich zu 14 Dienstjahren. Zwar befindet sich das sächsische Churfürstentum, so wie beinah alle europäischen Länder zur damaligen Zeit in ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen, doch um das Jahr 1800 geht es trotz der andauernden Koalitionskriege recht ruhig zu im Land. Die Entscheidung Soldat zu werden, ist für viele mittellose junge Männer weniger Ausdruck von Heldenmut und Tatendrang sondern vielmehr lockt die Aussicht auf einen (meist) trockenen Schlafplatz und etwas zu Essen.

Johanns Oheim tut noch einmal Gutes und sorgt mit Beziehungen dafür, dass sein Schützling ins Regiment Rysel in Eilenburg und von da aus nach Leipzig ins 1. Bataillon in die Kompanie des Kapitains von Jagemann kommandiert wird. Die ersten beiden Jahre verdingt er sich als Tambour, bevor er 1802 zum Musketier wird. Zu dieser Zeit beginnen auch seine Tagebuchaufzeichnungen: »Nun bin ich also mit meiner Muskete Teil der Linieninfanterie. Viel Zeit verbringen meine Kameraden und ich damit, im Gleichschritt zu marschieren, die verschiedensten Bewegungen in Linie und Kolonne im Gelände zu machen, einheitlich das Gewehr zu laden und abzufeuern. Die Tage vergehen im immergleichen Exerzieren. Es ist eintönig und oft schwer ...«

Drei Jahre ziehen ins Land. Johann ist mittlerweile ein gestandener Soldat von 21 Jahren, als sein Regiment von General von Bünau übernommen wird und er hat Glück: 1806 verbleibt das 1. Bataillon in Leipzig und nimmt nicht am Feldzug in Thüringen teil, um dort im Bündnis mit den Preußen das napoleonische Heer am Vormarsch zu hindern. So bleibt dem jungen Musketier die derbe Niederlage in der Schlacht um Jena und Auerstedt erspart, bei der 10.000 sächsische und preußische Soldaten getötet oder verwundet und weitere 10.000 gefangen genommen werden. »Was für eine Tragödie ...«, notiert Johann in sein Tagebuch, nachdem er vom Ausgang der Schlacht erfährt. Der sächsische Churfürst muss es ebenso empfunden haben und unterschreibt in Posen einen Friedensvertrag mit Napoleon, erhält dafür die Königswürde und das nunmehr sächsische Königreich tritt dem Rheinbund bei. Fortan kämpfen die Sachsen an der Seite des französischen Kaisers gegen Preußen.

Ein Jahr später wechselt die Regimentsführung abermals und Johann nimmt unter General von Bevilaqua am Feldzug nach Ostpreußen teil. Dorthin hatte sich der preußische Hof nach der Niederlage in Jena zurückgezogen und auch die Russen verschanzen sich nahe Danzig. Im Februar 1807 beginnt für Johann ein 30-tägiger Marsch gen Nordosten. »Nun geht es los. Es ist kalt - sehr kalt. Der Tornister ist schwer, die Straßen sind oft unpassierbar, die Stiefel sind gottlob neu und drücken kaum. Wir legen am Tag 20 Kilometer zurück. An manch großer Stadt ziehen wir vorbei, aber haben kaum Sinn für die Dinge am Wegesrand, gehört das Denken doch allein der nächsten Schlafstatt und dem abendlichen Mahl.«

Die Belagerung Danzigs dauert drei lange Monate. Vor den Toren der Stadt wird unerbittlich gekämpft, doch der Feind kapituliert schließlich. Johann muss sich nicht nur erstmals als Soldat beweisen, sondern bekommt auch ganz neue Eindrücke: »Das Meer, das ich und meine Kameraden zum ersten Male sehen, scheint so endlos. Wie es wohl dahinter aussehen mag?«, fragt er sich - ahnend, dass er das andere Ufer nie betreten wird. Am 3. Juni hat er noch eine besondere Begegnung, bevor sein Regiment weiter Richtung Osten zum Herzogtum Warschau zieht und dieses besetzt: Eine große Parade vor dem Kaiser Napoleon.

Erst im Juli 1808 kehrt Johann - mittlerweile 25-jährig - in seine Heimat zurück. Sechs Dienstjahre liegen noch vor ihm und er ist, trotzdem er sich so manches Mal, nach einem eigenen Heim, einer lieben Frau und Kinder sehnt, seinem König treu ergeben. Sein Regiment untersteht nun dem General von Dyherrn und die Kriegspause ist nur von kurzer Dauer. Bereits im März des folgenden Jahres sammeln sich 16.000 Sachsen bei Dresden. Über Altenburg, Plauen und Hof geht es fast ohne Unterbrechung nach Bayern hinein. Sie überqueren die Donau bei Straubing und lagern dort für eine längere Zeit, um sich zu erholen. »Das Bier in dieser Stadt wird mir wohl ewig in Erinnerung bleiben. Süßlich im Geschmack und von solcher Wirkung, dass wir manch heiteren Abend verleben.«

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