Editorial
Max-Klinger-Schule
Liebe Leserinnen und Leser, als ich diese Woche die LVZ-Beilage der
Schulabsolventen aufschlug, um das Foto
meines Neffen zu suchen, blieb ich unweigerlich
auf einer Seite »kleben«
. Auf ihr
waren alle Leipziger Gymnasien abgebildet.
Schmucke Gebäude – allesamt. Mit einer
Ausnahme: Die Max-Klinger-Schule
»erstrahlte«
im freudlosen, geradezu
schmuddeligen Grau und stach damit
deutlich heraus. Längst habe ich mich wie sicher die meisten Grünauer an den
Anblick hiesiger Einrichtungen gewöhnt. Aber beim Anblick dieser direkten Gegenüberstellung
musste ich automatisch an die Worte von Uwe Preuss denken, die
dieser am 8. Juli vor dem Rathaus seinen jungen Zuhörern entgegen schmetterte.
An Grünauer Schulen sähe es aus, wie »nach dem Krieg«
, während die Klientel
in der Südvorstadt und in Plagwitz für etliche Millionen nagelneue Häuser bekämen.
Ob das wohl am Stadtteil läge, fragte der Gewerkschafter bei der
Abschlusskundgebung der Klinger-Schüler provokant und erntete den viel stimmigen
Sprechchor: »Bei uns sieht's aus wie DDR. Endlich die Sanierung her!«
Dieser Ruf war bereits zuvor auf dem rund einstündigen Demonstrationszug
vom Waldplatz bis zum Sitz der Stadtverwaltung, wo sich am Nachmittag der
Stadtrat unter anderem auch mit der Max-Klinger-Schule beschäftigte, mehrfach
erklungen.
Unglaublich kreativ machten rund 500 Schüler, Lehrer und Eltern auf den baulichen
Missstand an ihrer Einrichtung aufmerksam und forderten deren grundhafte
Sanierung. Auf Transparenten war von den »Neuen Leiden der jungen
Schüler«
die Rede, wurde die Helmpflicht gefordert, weil »es bröckelt«
, die Frage
gestellt, wer da wohl »am Häuschen knuspert«
.
»Hier bin ich Mensch. Hier staub' ich ein«
, war auf einem anderen Banner zu lesen oder die Abkürzung
»MKS«
kurzerhand mit »Meine Kaputte Schule«
übersetzt. Als dann auch noch
über den begleitenden Lauti der Titel »Reißt die Hütte ab«
ertönt und lauthals
mitgesungen wird, ist den Klingianern sämtliche Aufmerksamkeit entlang der
Demo-Strecke sicher.
Wäre der Anlass nicht so ernst, hätte man das Ereignis gut und gerne als sommerliches Happening betrachten können. Denn bei allem Frust, der unter den Schülern, Lehrern und Eltern ganz offensichtlich herrscht, wurde an diesem Tag auch eines wieder ganz deutlich: Die Grundstimmung am Klinger ist positiv. Der überwiegende Teil der Kinder und Jugendlichen identifiziert sich mit seiner Schule und geht gern dorthin. Die Lehrer geben ihr Bestes, durch inhaltliche Klasse über den miserablen Zustand des Gebäudes hinwegzuhelfen. So etwas schweißt wahrscheinlich zusammen.
Und die Politiker? Sie bekamen am 8. Juli einen Stadtplan, auf dem die Route zum Klinger eingezeichnet war, nebst LVB-Mehrfahrtenkarte in die Hand gedrückt, damit sie endlich mal den Weg hierher finden und sich vor Ort ein Bild machen können.
Bei der Gelegenheit sollten sie sich gleich noch all die anderen
Einrichtungen im »vergessenen Stadtteil«
anschauen und sich anschließend für
deren Sanierung einsetzen. Sonst könnten aus den 500 Schülern ganz schnell
tausende werden, wie es auch Uwe Preuss von der GEW forderte. Alle Grünauer
Schulen, regte er an, sollten sich das nächste Mal zusammentun und sich
gemeinsam für ihren Bildungsstandort stark machen. Ich wäre dabei...