800 Jahre Miltitz
Eine Gemeinde feiert - Teil 1
Als sich einst Slawen- und Germanenstämme rechts und links des Zschamperts niederließen, gab es noch keine Dokumente, die den genauen Zeitpunkt heute belegen könnten. Funde in dieser Region deuten auf eine sehr frühe Besiedlung in der jüngeren Steinzeit hin – das heißt vor rund 6000 Jahren.
Sicher ist: Im Jahre 1215 verschenkt Friedrich von Brehna ein paar Hektar Land an ein Kloster, ließ das ganze urkundlich beglaubigen und gilt damit als Geburtshelfer des heutigen Miltitz.
Der kleine westliche Nachbar Grünaus mit seinen gerade einmal 1900 Einwohnern hat zwar 1999 seine Eigenständigkeit durch die Eingemeindung nach Leipzig eingebüßt, feiert jedoch in diesen Tagen sein Jubiläum ausgelassen und selbstbewusst mit einer Festwoche. Organisiert vom örtlichen Heimatverein, der sich erst im vergangenen Jahr gegründet hat.
Neun aktive, und für einen Heimatverein erstaunlich junge Mitglieder sind sie – allesamt geschichtsinteressiert und die wenigsten Originalmiltitzer. Nicht, dass es Voraussetzung für die Akzeptanz durch die Alteingesessenen wäre, aber registriert wird es schon, weiß Vorstandsmitglied Heike Fichtner zu berichten.
»Als wir uns im Juni letzten Jahres kurz nach unserer Gründung überall im Ort vorstellten, hieß es schon mal: 'Wer bist du denn? Ich kenne dich gar nicht.'«
Die gebürtige Leipzigerin,
die lange Zeit in Grünau wohnte, lebt schon seit 15 Jahren in der alten Werksiedlung der Firma Schimmel & Co. »15 Jahre?«
, bekam sie zu hören. »Dann seid ihr doch keine echten
Miltitzer!«
Ja, das Leben in einer dorfähnlichen Gemeinschaft kann hart sein und auch wieder nicht. Denn das was da so rigoros ausgrenzend klingt, ist natürlich mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Tatsächlich sind die Miltitzer und in erster Linie die, welche seit Generationen im Ort beheimatet sind, froh über das Engagement des Vereins.
Nicht nur, dass sie mittlerweile eine Vielzahl an Fotos, Dokumenten und Fakten über die 800-jährige Geschichte der Gemeinde zusammengetragen, aufgearbeitet, ausgestellt und sogar als Jubiläumsfestschrift
jüngst herausgegeben haben. Beinah genauso wichtig erscheint ihr Anliegen, die einstige Gemeinschaft wiederzubeleben. »Wir wollen die Menschen zusammenbringen, für gemeinsame Erlebnisse und
Erinnerungen sorgen«
, sagt Fichtner. Und das ist ihnen bereits nach so kurzer Zeit ganz gut gelungen.
Bei einem Vortrag über die Miltitzer Architektur im Domizil des Heimatvereins, in der alten Post, kamen so viele Interessierte, dass kaum alle auf einmal in den Raum passten. Da begegneten sich auf einmal Leute, die zwar nur einige hundert Meter voneinander entfernt wohnen, sich aber mitunter schon seit Jahren nicht mehr gesehen haben. Vor den großen Schautafeln der zeitgleichen Ausstellung schwelgte ein Dorf in gemeinsamer Erinnerung und amüsierte sich köstlich beim Anblick alter Fotos.
Ein schöner Erfolg, wie Heike Fichtner und ihre ehrenamtlichen Mitstreiter finden. Einer der anspornt, am Ball zu bleiben – auch wenn es schwierig ist, die Geschichte des Ortes zu recherchieren. Denn viel ist aus den ganz frühen Jahren nicht überliefert. Da sind die beiden Ersterwähnungen, der Kirchenbau, die Hinrichtung eines Diebes und eines Mörders, ein paar Einträge zur Schule, zu Kriegen sowie zum Wetter und Schluss (siehe auch Chronik).
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Klaudia Naceur