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Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Wer oder was war eigentlich Diezmann?

Straßen in Grünau

Durch Grünau führen weit über 100 Straßen. Die meisten davon wurden erst mit der Entstehung des Wohngebietes gebaut und bekamen für die damalige Zeit typische Bezeichnungen wie »Straße der Waffenbrüderschaft« oder »Willhelm-Pieck-Allee«. Andere, wie die heutige »Lützner Straße« oder die »Alte Salzstraße« sind historische Wegeverbindungen, die es schon gab, als an den Stadtteil noch gar nicht zu denken war.

Und dann gibt es noch Namen wie »An der Lautsche« oder »An der Kotsche«, deren Ursprung den meisten unbekannt sein dürfte. »Grün-As« hat sich mit tatkräftiger Unterstützung des Journalisten Michael Schulze auf die Spur Grünauer Straßen begeben. Beginnen möchten wir mit einer Straße an der Peripherie des Stadtteils.

Die Diezmannstraße liegt genau genommen auf Kleinzschocherscher Flur und verbindet in weitem Bogen die Brünner Straße mit der Antonienstraße. Benannt wurde sie im Jahr 1907 – anlässlich des 600. Jahrestages der Schlacht bei Lucka, bei der der Namensgeber Dietrich III. der Jüngere – auch Diezmann genannt – gemeinsam mit seinem Bruder, Friedrich der Freidige, das königliche Heer von Albrecht I. besiegte.

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Sarkophagdeckel: Dietrich von Wettin (Thomaskirche)

Leben und vor allem Tod dieser historischen Gestalt lesen sich durchaus interessant. Diezmann wurde um 1260 geboren und entstammte dem Wettiner Geschlecht. Er war Landgraf von Thüringen und Markgraf der Lausitz sowie des Osterlandes. Sein Großvater mütterlicherseits war kein geringerer als Kaiser Friedrich II.

Als Diezmann gerade einmal zehn Jahre alt war, wird seine Mutter Margarete von ihrem Gatten, dem Thüringer Landgrafen Albrecht der Entartete verstoßen. Diezmann und sein Bruder Friedrich werden fortan am Hofe des Onkels, Dietrich von Landsberg sowie des Großvaters väterlicherseits Heinrich des Erlauchten von Meißen in Landsberg und Leipzig erzogen. Ab 1282 trat Diezmann als Herr des Pleißenlandes auf, welches seine Mutter einst in die Ehe einbrachte, das aber 1289 an König Rudolf verlorenging.

1288 übernahm Diezmann die Niederlausitz und drei Jahre später das Osterland, zu dem auch Leipzig gehörte. Als Herren des Osterlandes weilen die Wettiner häufig in Leipzig – wahrscheinlich in der Pleißenburg, dem heutigen Neuen Rathaus. Allerdings ist Diezmanns Regierungszeit geprägt von dynastischen Streitigkeiten und Kriegen. So liefert er sich gemeinsam mit seinem Bruder harte Auseinandersetzungen mit dem Vater um die Herrschaftsbeteiligung.

Dessen Verschwendungssucht führte mehr und mehr dazu, dass er Teile seiner Gebiete veräußern muss, was seinen Söhnen deutlich missfällt und wogegen sie sich zur Wehr setzen. Die Folge waren etliche militärische Auseinandersetzungen in den 1290-er und 1300-er Jahren. Erst mit dem Sieg bei Lucka im Mai 1307, bei dem Dietrich und Friedrich ein Heer von bewaffneten Bürgern und Bauern befehligten, konnte der Bestand der wettiner Lande nach Jahrzehnten ernsthafter Gefährdung gesichert und Diezmanns Ansprüche auf Thüringen geklärt werden.

Diesen Triumph konnte Diezmann allerdings nur kurz auskosten. Mit nicht einmal 50 Jahren starb er kinderlos am 10. Dezember 1307 in Leipzig – möglicherweise nach einem Attentat. Um seinen Tod rankt sich eine sagenhafte Legende. Dernach soll Diezmann am Heiligen Abend Messen in der Georgenkapelle und der Paulinerkirche beigewohnt haben, wobei er auf all seinen Wegen vom Teufel verfolgt worden sei.

In Panik hätte er seinem Pferd in der Ritterstraße so stark die Sporen gegeben, dass sich ein Hufeisen löste und gegen die Nikolaikirche schleuderte. (Dieses übergroße Hufeisen, soll noch heute hinter einem Gitter zu sehen sein.) Diezmann habe sich darauf in die Thomaskirche begeben und sei dort vor dem Altar knieend hinterrücks erstochen worden sein und drei Tage später an seinen Verletzungen gestorben. Sein Mörder – ein gewisser Philip von Nassau – sei nach grausamer Folter hingerichtet worden.

Andere Quellen berichten davon, dass auch seine Gemahlin, Gräfin Judith zu Henneberg dem Attentat zum Opfer fiel. Beide erhielten demnach auf Geheiß Friedrichs ein fürstliches Begräbnis und wurden vor dem Altar im hohen Chor der Paulinerkirche beigesetzt. Den Sarkophag Diezmanns zierte liegend eine mit 1,85 Metern überlebensgroße Holzfigur.

St. Pauli war zur Zeit von Diezmanns Tod Dominikanerkloster, bis es im Zuge der Reformation 1539 als solches aufgehoben wurde und vier Jahre später als Schenkung in den Besitz der Universität Leipzig überging. In deren Kunstsammlung befindet sich die wertvolle Skulptur noch heute. Nach der Sprengung der Paulinerkirche im Jahre 1968 fand sie einstweilen Asyl im Stadtgeschichtlichen Museum des Alten Rathauses.

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