Grün-As

Das Märchen von der Stadtbezirksbeiratssitzung

Es waren einmal zwei engagierte Bürger - ein Investor und Geschäftsmann sowie eine Vertreterin eines stadtteilorientierten Bürgervereins -, die sich sehr für Grünauer Belange engagieren. Sie wollten am 28.6.1999 an einer Sitzung des Stadtbezirksbeirates West teilnehmen, in der es unter anderem um das Zentrenkonzept der Stadt gehen sollte, weil ihnen - auf Grund ihrer Ortskenntnisse und Erfahrungen - die Festlegung der Zentreneinstufung in Grünau nicht ganz plausibel erschien und sie eine Höherbewertung eines wirklich über den Nahbereich hinaus funktionierenden Zentrums befürworten würden.

Der Zeitpunkt und der Ort der Sitzung waren - trotz Abweichung vom sonst üblichen - ordnungsgemäß dem Amtsblatt und der LVZ zu entnehmen. Und da sich der Sitzungsbeginn wegen der vorherigen Veranstaltungen erheblich verzögerte, was zwar nicht unbedingt abzusehen, aber vielleicht in Erwägung zu ziehen war, hing ein freundlicher Zettel an der Sitzungstür mit der Bitte um etwas Geduld.

Und nach etwa einer halben Stunde Wartezeit wurde ein Stadtbezirksbeiratsmitglied beauftragt, nach möglichen Gastteilnehmern zu schauen und auf weitere Verzögerungen hinzuweisen. Eine halbe Stunde später begann dann die Sitzung, auf der die Gäste begrüßt wurden und sich kurz vorstellen konnten. Nach einer knappen Einführung in die Thematik durch ein Mitglied des Beirates begann die Diskussion, wobei besonders die Meinung der Gäste gefragt war, die ja nicht nur Zuhörer sein sollten, sondern kompetente Gesprächspartner waren.

Die konkreten Probleme wurden sachlich erörtert, ohne ständig wieder Allgemeinaussagen oder unpassende Beispiele aus anderen Stadtteilen anzuführen. Da allen Sitzungsteilnehmern der Zusammenhang zwischen solch einem Zentrenkonzept und der weiteren Entwicklung bzw. Förderung der einzelnen Teilgebiete von Grünau klar war, wurden die Argumente der Gäste mit großem Interesse aufgenommen und die Notwendigkeit der Weiterleitung bzw. einer intensiveren Beschäftigung mit dieser Problematik erkannt. Zufrieden und bestärkt in ihrem unermüdlichen Einsatz für den Stadtteil verabschiedeten sich die Gäste.

So stelle ich mir den Umgang mit Bürgern vor: von der korrekten Terminbekanntgabe bis zur Akzeptanz der Anliegen. Aber leider ist die Bürgerfreundlichkeit in der Geschichte nur ein Märchen, und die Wirklichkeit sah - bedauerlicherweise - ganz, ganz anders aus: In der Presseankündigung stimmten weder Uhrzeit noch Ort, wir warteten eine Stunde lang ohne jegliche Benachrichtigung, es interessierte in der Sitzung weder wer wir sind noch unser Anliegen, und eigentlich hätten wir ja gar kein Rederecht.

Das Zentrenkonzept sei lediglich zur Kenntnis zu nehmen. Meinungen für und wider waren nicht gefragt. Außerdem sei bekannt, dass das enthaltene Zahlenmaterial nicht dem aktuellen Stand entspricht, und es ginge ja hauptsächlich nur ums Prinzip, den Kaufkraftabfluß ins Umland zu verhindern. Also soviel Ignoranz und bewußtes Unverständnis hatte ich schon lange nicht mehr erlebt.

Dr. E. Müller
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