Grün-As

Radtour um den Cospudener See

Das erste Mal war ich vor Jahren als in Kind in dieser Gegend, die damals noch Lauer hieß. In Erinnerung habe ich einen sumpfigen Wald und jede Menge Mücken. Später habe ich dann gehört, dass dort ein Schwarzstorch gebrütet hat. Das ist einer der seltensten Brutvögel Deutschlands. Normalerweise meidet er die Nähe der Menschen. Wo er brütet, ist die Natur noch halbwegs intakt. So nahe an einer Großstadt wie in der Lauer, das war einmalig. Anfang der 80er Jahre wurde die Gefahr konkret. Die Bagger drohten, die Naturoase am Südrand Leipzigs in eine Mondlandschaft zu verwandeln. Jedes Jahr im Frühjahr haben wir Tausende von Märzenbechern und anderen Frühjahrsblühern ausgegraben, die dann von Naturschutzexperten woanders ausgepflanzt wurden. Massen von Fröschen und Kröten trafen wir dabei auf dem Weg zu ihren Laichgewässern. Sie sind längst von den Baggern zermalmt worden. Aber mit den Frühjahrsblühern hatten wir Erfolg, sie wachsen nun in anderen Teilen des Auwaldes.

Im Herbst gruben wir junge Bäume aus, um sie auf der Kippe im Küchenholz zu pflanzen. Viele haben den Wechsel vom nassen, fruchtbaren Auwaldboden auf die karge, trockene Kippe nicht überstanden. Aber einige hundert inzwischen stattliche Bäume erinnern an diese Rettungsaktionen. Beim Ausgraben der Bäumchen trafen wir Jäger, die erbarmungslos alles Wild zur Strecke brachten. Wo sollten die Rehe auch hin?
Als dann die teilweise drei- bis vierhundert Jahre alten Bäume fielen, sind wir nicht mehr in die Lauer gegangen. Der Naturfrevel brachte sich dennoch in ständige Erinnerung, giftige Nebel brannten sich im Herbst und Winter in die Lungen. Der Regen, verdünnte Schwefelsäure, zerfraß die ohnehin maroden Häuser in der Stadt.

Dann kam der Herbst 89 und damit Hoffnung, dass dieser Naturvernichtung und Menschenvergiftung endlich Einhalt geboten werden könne. Aber das Braunkohleveredlungskombinat Bitterfeld, das sich bald in Mibrag umnannte, tat so als sei nichts geschehen. Dabei war längst klar, dass diese uneffiziente Wirtschaft, die gigantische Mengen an Braunkohle verschlang, zerstörte Landschaft und kranke Menschen hinter sich lassend, so nicht weitergehen würde. Die Hälfte der Energie, die damals aus der Kohle gewonnen wurde, wurde bei der Förderung, beim Transport, bei der Brikettherstellung und beim Betrieb der Kraftwerke gleich wieder verbraucht. Unaufhörlich rückten die Bagger auch im Frühjahr 1990 noch in Richtung Innenstadt vor. Doch die Zeiten hatten sich geändert. Über 10000 Leipziger kamen zur großen Demonstration »Stoppt Cospuden!«. Dem konnte die Mibrag nichts entgegensetzen, obwohl die Bosse die Arbeiter belogen: Ein paar durchgeknallte Umweltschützer wollen Eure Arbeitsplätze vernichten. Wehrt Euch! Es waren zu viele Leipziger, die Wolfram Herwig und seiner Bürgerinitiative folgten. Die Förderung musste gestoppt werden. Auch wenn es noch dauerte, bis der letzte Bagger endlich abzog. Während der Auseinandersetzungen hatte die Mibrag mit aller Kraft die Abtragung der Deckerde, des Abraumes vorangetrieben. Es wurde ihr erlaubt, die freigelegte Kohle noch zu fördern.

Die Wahrheit kam schon im Sommer 1990 an den Tag. Mit der Währungsunion hatten die Unternehmen am Ende der DDRzeit die Möglichkeit Produkte aus Steinkohle und Öl zu kaufen, die teilweise nur ein Zehntel der Braunkohleprodukte kosteten. Die Treuhandpolitik führte zum Massensterben sanierungsfähiger Großbetriebe. Der Energieabsatz brach zusammen. Von ehemals 18 Tagebauen um Leipzig waren 1994 noch 3 in Betrieb. Und das Vorgehen der Mibrag in Cospuden wiederholte sich: so wurde das Dorf Werbellin nördlich von Leipzig zerstört als längst feststand, dass die Kohle nicht mehr gebraucht würde. Dreiskau-Muckern konnte nur gerettet werden, weil einige Einwohner standhaft blieben und ihre Heimat trotz aller Schikanen nicht verlassen wollten. Im Moment will die Mibrag Heuersdorf ans Leben, obwohl der Kohlebedarf mühelos auch gedeckt werden könnte, wenn das Dorf stehen bliebe.

Nach dem Erfolg in Cospuden haben wir einige Jahre Besucher in das Restloch geführt, um zu zeigen, wie eine Mischung aus wirtschaftlicher Unvernunft und bornierter Herrschsucht aus naturnaher Heimat eine triste Mondlandschaft gemacht hat. Bald bemerkte die Mibrag das Interesse. Selbst Reisegruppen aus Japan und den USA kamen, diesen Wahnsinn zu sehen. Die Mibragbosse, unfähig zu begreifen, dass man abgesehen von einer handvoll grüner Spinner in diesen Löchern anderes sehen konnte als Denkmale menschlicher und technischer Leistungskraft, besorgten nun unsere Arbeit. Sie haben mit diesen Besichtigungstouren dazu beigetragen, dass noch mehr Menschen begannen, sich über die ökologischen Folgen des Braunkohlebergbaues Gedanken zu machen. Beeindruckt hat mich, dass selbst die Bergarbeiter schmutzige Braunkohleheizungen zügig durch saubere Gas- oder Ölheizungen ersetzten, obwohl sie die Kohle geschenkt bekamen. Wir haben uns inzwischen auch beim Strom endgültig von der Kohle verabschiedet.

Bald kam es zu neuen Schlagzeilen um Cospuden. Ein Modell für naturnahe Erholung sollte geschaffen werden. West- und Südufer sollten der Natur bleiben, Norden und Osten den Erholungsuchenden. Drei Jahre lang wurde öffentlich über diesen Plan diskutiert, dann wurde er beschlossen. Wenige Tage hat es gedauert, ihn zu kippen als wirtschaftliche Begehrlichkeiten auftauchten. Wieder wurden demagogisch Arbeitsplätze gegen Natur ausgespielt. 300 Arbeitsplätze haben die Betreiber des Eventparkes versprochen, fest und vollzeit werden davon 30 arbeiten. Der Rest sind Wochenend- und Saisonkräfte. Selbst davon hat Region kaum etwas, was in Cospuden neu entsteht, geht woanders verloren, weil insgesamt für Freizeit nicht mehr Geld ausgegeben werden kann. Es ist einfach nicht da. Ich glaube noch immer, dass ein attraktives Naherholungsgebiet beides bieten muß: Platz für die Menschen, sich zu erholen und sich zu amüsieren und Platz für die Natur und für die Menschen, die teurer und oberflächlicher Zerstreuung Spaziergänge und Radtouren durch intakte Natur vorziehen. Platz für einen Eventpark gäbe es im Süden Leipzigs reichlich, weiter entfernt von der Stadt und damit ohne Gefahr, mit Anwohnern und Ruhe suchenden Leipzigern in Konflikt zu geraden oder den See durch die bloße Menge der angezogenen Menschen langfristig zu zerstören.

Aber es gibt um Cospuden auch eine Menge sinnvoller Anlagen und wiedererstandene Natur. Das Modell Cospuden, das für die Expo erfreulich schnell geschaffen wurde, ist insgesamt gelungen. Das wollen wir uns am 26. Mai bei einer Radtour um den See ansehen. Einen Zwischenhalt legen wir im Gut Knauthain ein. Dort entwickelt der Betrieb für Beschäftigungsförderung Biolandbau. Künftig sollen die Produkte auch direkt auf dem Hof verkauft werden.
Wir treffen uns dazu um 9 Uhr am KOMM-Haus in der Selliner Straße.

Fahrradtour durch Grünau zur Bienenfarm nach Rehbach

Nach einem vom Kontaktladen offerierten kleinem Imbiss wird die Route vorgestellt. Danach geht es unter der kompetenten Führung von Frau Dr. Evelin Müller durch Grünau zur Bienenfarm nach Rehbach. Kurze Zwischenstopps an interessanten Orten in Grünau verkürzen die Fahrt. In Rehbach stellt sich die Bienenfarm und Wanderimkerei Kern mitsamt ihrem kleinen Museum vor. Sie können sich in Ruhe umsehen, staunen, wie viele verschiedene Produkte aus Honig hergestellt werden können und natürlich auch vom »Bienenstich« probieren (Museumseintritt und Kuchen sind nicht im Entgelt enthalten). Die Rückfahrt endet gegen 13 Uhr am KOMM-Haus.

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