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Die Gießerei Georg Fischer GmbH in Großzschocher (1)

ImageLink Seit Mitte der 90er Jahre wächst Leipzigs Industrie kräftig. Die Öffentlichkeit bemerkt davon leider nur wenig. Die alte Ökonomie interessiert die Medien nur am Rande und auch die Politiker lassen sich lieber in Internet-Unternehmen oder Biotechnologie-Firmen ablichten. Dazu kommt, dass die Industrie nach 1990 so zertrümmert wurde, dass sie immer noch zu klein ist, um mit ihren kräftigen Wachstumsraten den Arbeitsplatzabbau vor allem im Bau und in der öffentlichen Verwaltung zu kompensieren.

Das Schattendasein der alten Industriebranchen hat Konsequenzen. Da sie weitgehend aus dem Blick der meisten Leipziger verschwunden sind, haben viele Industriebetriebe Probleme leistungsfähige Lehrlinge und Ingenieure zu finden und es dauert oft viel zu lange, bis Arbeitsplätze auch für Facharbeiter und Angelernte besetzt werden können. Das war für die Volkshochschule Anlass, regelmäßig Leipziger Industriebetriebe und andere wachstumsstarke Unternehmen vorzustellen. Diesmal waren wir bei der Gießerei Georg Fischer GmbH in Großzschocher. Geführt hat uns Herr Mannhardt von der Geschäftsleitung. Viele Grünauer kennen den Betrieb noch als Teil der GISAG.

Die GISAG gehörte zu den Unternehmen, die Leipzigs Entwicklung über Jahrzehnte mit geprägt haben. Er sicherte vielen Leipzigern einen sicheren Arbeitsplatz, war aber ebenso erheblich an der katastrophalen Umweltverschmutzung beteiligt.

Das Ende der GISAG

Das ehemalige Kombinat (wurde 1987 an das Kombinat baukema angegliedert) zählte 1989 mit 6000 Beschäftigten und 567 Mio DDR-Mark Jahresumsatz zu den führenden Unternehmen der Branche in der DDR. Schon in den letzten Jahren der DDR hatte die GISAG mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Nettoproduktion sank 1989 im Vergleich zum Vorjahr um 5,5% und die Arbeitsproduktivität ging um 3,3% zurück.

Durch Wegbruch der Ostmärkte und die Krise im Maschinenbau geriet GISAG sehr schnell in große Schwierigkeiten. Stärker noch als der Maschinen- und Anlagenbau der GISAG waren die Gießereien von der Krise betroffen. 1990 betrug der Umsatz 150 Mio. DM. Der Verlust von 18,5 Mio. blieb noch in Grenzen, weil bis Jahresende die Panzerkettenproduktion noch lief und bestehende Exportaufträge abgearbeitet werden konnten. Aber schon Anfang 1991 betrug die Auslastung nur noch 25%, bis April 1991 fiel die Anzahl der Mitarbeiter auf 3900. Versuche, die GISAG aufzugliedern, um möglichst viele Teile zu erhalten, sind gescheitert.

Die Leipziger Einzelbetriebe sind nach und nach eingegangen. Zuletzt 1997 die Form-, Strang- und Maskengießerei in Mölkau. Im Frühjahr 2002 waren von der GISAG in Leipzig nur noch die Gießerei Georg Fischer mit 330 Beschäftigten und ein halbes Dutzend kleine Dienstleistungsunternehmen mit zusammen ca. 50 Mitarbeitern übrig.

Der Neuanfang

1991 hat das Ingolstädter Unternehmen Schubert & Salzer die Sphärogießerei, den größten der 5 Leipziger GISAG-Teilbetriebe aus der Liquidation heraus für die berühmte 1 DM übernommen. 200 Arbeitnehmer wurden übernommen. Die Firma hatte sich bei der Übernahme verpflichtet, langfristig bis auf 600 Beschäftigte aufzustocken.

Während des faktischen Neubaues der Anlagen waren 60 Leipziger zur Qualifizierung im Ingolstädter Werk, 90 putzten und lackierten Gußteile, die in Ingolstadt produziert und von Leipzig aus versandt wurden, die übrigen 50 waren in Kurzarbeit. Auch heute noch besteht der Kern der Belegschaft aus erfahrenen GISAG-Mitarbeitern und auch die später Eingestellten sind vorwiegend Leipziger.

Der Firma war es in Ingolstadt nicht gelungen, eine eigene Immobilie zu erwerben, die dortigen Produktionshallen waren gepachtet. Die alten Anlagen lagen mitten in der Stadt und hätten ohnehin verlagert müssen. Schließlich machte die günstige Verkehrsanbindung das Gelände in Großzschocher attraktiv. Bis in die Werkhallen hinein gab es Bahnanschluß. Der Standort Leipzig war für die Bayern so vorteilhaft, dass sie ihr Werk in Ingolstadt schlossen.

Bild Am 21.10.1993 wurde das neue Werk in Leipzig offiziell eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits wieder 230 Mitarbeiter beschäftigt. Den 500 Ingolstädtern wurde angeboten, in Leipzig weiter zu arbeiten. Nur 30 haben das Angebot angenommen. Das Unternehmen wurde nach seiner Neugründung in Leipzig von der Nachfrage nach seinen Erzeugnissen geradezu überrascht. Die Hersteller schwerer LKW, vor allem der wichtigste Kunde Volvo, gingen zunehmend dazu über, Achsen aus Sphärogussteilen statt aus Stahl zu verwenden.

Schubert & Salzer versuchten dieser steigenden Nachfrage durch weitere Investitionen und Produktionssteigerungen zu begegnen. Bis 1995 sollten nun 700 Mitarbeiter beschäftigt werden, der Lohnkostenanteil bis dahin von 50% auf 30% gesenkt werden. Mit diesen Wachstumsvorstellungen hatte sich der bayrische Mittelständler übernommen und die Banken waren mangels ausreichender Sicherheiten nicht mehr bereit, weitere kurzfristige Kredite zur Abarbeitung der Aufträge auszureichen. Die Gießerei stand so trotz voller Auftragsbücher am Rande des Konkurses.

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