Grün-As

Num-Ri-Expedition 2002

Leipziger versuchen Erstbesteigung eines 6677 m hohen Berges

Bild Es gibt nichts spannenderes für einen Alpinisten, als Neuland zu betreten, also eine neue Route zu begehen oder gar eine Erstbesteigung zu wagen. Hier sind vor allem Kreativität und bergsteigerisches Können gefragt. Denn man kann den Berg noch so lange von allen Seiten betrachten, fotografieren und studieren. Wenn es dann soweit ist und man vor ihm steht, kommt doch meist alles anders als gedacht.

Mit der NUM-RI-EXPEDITION 2002 stellen sich sieben Alpinisten aus Sachsen, Sachsen Anhalt und Thüringen gerade dieser Herausforderung. Unser Ziel ist der 6677 Meter hohe Num Ri, der zum Mount Everest-Massiv gehört und nur knapp zehn Kilometer vom höchsten Berg der Welt entfernt liegt. Im Oktober soll es losgehen. Und auch dieses Mal werden wir, wie inzwischen bei unseren Unternehmungen schon Tradition, im Internet über Vorbereitung und Verlauf der Expedition berichten.

Die häufigste Frage, die von interessierten Bergfreunden gestellt wird, wenn es um Erstbesteigungen geht, lautet: Sag mal, gibt es überhaupt noch unbestiegene Gipfel? Und woher weiß man, dass es sich bei diesem oder jenem Berg um einen handelt, den noch nie jemand bezwungen hat?

Die erste Frage wird dann zur Verwunderung der meisten ziemlich rasch und eindeutig beantwortet. Es gibt hunderte wenn nicht gar tausende von bedeutenden Bergen auf unserem Globus, die noch nie versucht wurden. Die meisten Menschen machen sich gar keinen Begriff von den gewaltigen Ausmaßen, die die großen Gebirge wie Himalaja, Karakorum, Tienschan, Anden usw. tatsächlich aufweisen. Allein der Himalaja ist annähernd 3000 Kilometer lang. Und auch noch heute gibt es dort ganze Täler, die noch kein Mensch betreten hat.

Frage Nummer zwei ist dagegen schon wesentlich weniger einfach zu beantworten. Unsere Erstbesteigung 1999 auf den 6735 Meter hohen Cho Polu, den Nachbarberg des Num Ri, ist ein Paradebeispiel dafür, dass man sich keineswegs auf irgendetwas diesbezüglich verlassen kann. Eine Hilfe bei der Suche nach jungfräulichen Gipfeln ist natürlich die Tatsache, dass Erstbesteiger in der Regel sehr darauf aus sind, alle Welt von ihrer Heldentat in Kenntnis zu setzen und deshalb darüber in den wichtigen alpinen Journalen auch nachgelesen werden kann. Wenn also jemand einen Berg entdeckt, den er einfach gern besteigen möchte, vielleicht weil er ihn so schön findet, dann muss derjenige eben in der Literatur recherchieren, um herauszufinden ob er womöglich sogar der erste an diesem Gipfel ist. Und genau so war es mit unserem Num Ri.

Als ich 1996 zum zweiten Mal gemeinsam mit Lydia Schubert die Khumbu-Himal-Region rund um den Mount Everest durchstreifte, fiel uns beiden am Ende eines Tales ein wunderschöner Sechstausender auf. Keiner der Leute, die uns dort begegneten, wusste den Namen dieses Berges. Ein Jahr später waren wir wieder hier. Lydia und ich wollten einen Nachbarberg vom Num Ri, dessen Namen wir damals immer noch nicht kannten, den Island Peak versuchen. Wieder konnte uns keiner unserer Begleiter irgendwelche Auskünfte zu unserem Gipfel geben. Doch vom Island Peak aus machte ich damals viele Fotos vom gegenüberliegenden Num Ri.

1998 lernte ich während eines Diavortrages in Dresden Markus Walter kennen. Trotz seiner damals erst 25 Jahre war Markus zu dieser Zeit der erfolgreichste Höhenbergsteiger Ostdeutschlands. Er bat mich, ihm alle Bilder zu zeigen, die ich vom Gipfel des Island-Peak fotografiert hatte. Markus interessierte sich auch gerade für diesen Sechstausender und machte mich mit einem Buch des Polen Jan Kielkowski bekannt, in welchem er als unbestiegen aufgeführt und Num Ri genannt wurde. Wir beschlossen, an diesem Berg zusammen einen Besteigungsversuch durchzuführen und begannen auch sofort eine gemeinsame Expedition zu planen.

Bild Allerdings erfuhren Markus und ich bei den Vorbereitungen zu diesem Unternehmen von unserer nepalesischen Agentur sehr schnell, dass der Num Ri nicht auf der Liste der für Expeditionen freigegebenen Berge zu finden war. Das hieß für uns im Klartext, dass wir von der nepalesischen Mountaineering Association keine Genehmigung für unseren Traumberg bekommen würden und damit eine legale Besteigung völlig ausgeschlossen war. Deshalb gingen wir damals statt zum Num Ri zu einem seiner Nachbarn, dem Cho Polu, an dem uns dann eine spektakuläre Erstbesteigung gelang. Den Expeditionsbericht, können Sie im Internet unter www.leipzig-online.de/expedition unter dem Logo Cho Polu 1999 sowie im Mitteilungsblatt (10. Jahrg./Heft.1 und 2) nachlesen.

Trotz des Erfolges am Cho Polu ließ Lydia und mich der Num Ri nicht mehr los. Ich stellte Jahr für Jahr immer wieder den Antrag auf eine Besteigungserlaubnis des Num Ri, Permit genannt, und zwar genau bis zum Herbst vorigen Jahres. Zu diesem Zeitpunkt kam nämlich eine Liste mit neu geöffneten Gipfeln heraus. Und siehe da, unser Traumberg stand auch mit darauf. Die nepalesischen Behörden hatten also meinen Bitten nachgegeben.

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