Num-Ri-Expedition 2002
Leipziger versuchen Erstbesteigung eines 6677 m hohen Berges - Teil 2
Nun rückte eine Expedition zum Num Ri in greifbare Nähe. Ich begann sofort eine Agentur zu beauftragen, die Logistik vor Ort zu organisieren, machte mir Gedanken zur Strategie und Taktik am Berg, entwarf ein Marketingkonzept und begann auf Sponsorensuche zu gehen. Das schwierigste aber war wie immer, ein Team für eine solche Unternehmung zusammenzustellen. Es gilt Leute zu finden, die gute Bergsteiger sind, über das nötige Kleingeld verfügen und was sicher am wichtigsten ist, welche die Zeit aufbringen können, die eine solche Unternehmung erfordert. Das heißt, der Ideengeber muss seine potentiellen Mitstreiter von seiner Idee, soll heißen von der Machbarkeit eines solchen Projektes, überzeugen.
Diesbezüglich ist die Frage nach den bergsteigerischen Anforderungen, die der Berg stellen wird, natürlich die bedeutenste. Welche Route also ist die erfolgversprechendste und zugleich auch diejenige, die die geringsten objektiven Gefahren aufweist? Deshalb spielte die Frage nach der Route gleich bei mehreren Expeditionstreffen eine Hauptrolle und wurde ausführlichst diskutiert. Das einzige Hilfsmittel zur Lösung dieses Problems bei Erstbesteigungen sind, sofern überhaupt vorhanden, Fotos vom Berg. In dieser Hinsicht können wir uns nicht beklagen. Es gibt immerhin Aufnahmen, die eine Einschätzung der Situation am Berg von drei Himmelsrichtungen aus zulassen. Einzig aus südöstlicher Richtung gibt es keine Fotos, dafür aber hervorragendes Kartenmaterial aus dieser Region, so dass sich die fehlende Ansicht von Südosten her verschmerzen lässt.
Die Diskussion über die Möglichkeit von Norden, Süden oder Osten her einen Aufstieg zu versuchen, war recht eindeutig. Von hier aus würde es keinen Aufstiegsversuch geben. Zwar erscheint uns der Nordostgrat nach wie vor machbar, jedoch ist seine Begehbarkeit anhand unserer Fotos und des vorhandenen Kartenmaterials als eher schwierig, langwierig und gefährlich einzuschätzen, da der Grat extrem ausgesetzt ist. Außerdem ist die Anreise auf diese Seite des Num Ri um ein vielfaches aufwendiger.
Also konzentrierten wir unsere Aufmerksamkeit relativ rasch auf seine Westseite. Von dieser Flanke unseres Berges gibt es die meisten Bilder. Das folgende Foto habe ich vom Gipfel des 6189 m hohen Island Peak (Imja Tse) aufgenommen.
Es zeigt den Num Ri aus nordwestlicher Richtung. Sehr deutlich hebt sich auf diesem Foto ein nach Westen weisender Grat ab, der etwa in einer Höhe von 5800 m in die Westflanke des Num Ri mündet. Etwas unterhalb dieses Punktes werden wir unser einziges Hochlager errichten. Von dort aus führt die Route über die Hängegletscher und dann später auf dem Nordwestgrat zum Gipfel. Leider ist auch dieser Weg über die Westflanke zum höchsten Punkt nicht frei von objektiven Gefahren. Das größte Problem auf dieser Route ist die Lawinen- und Eisschlaggefahr. Außerdem wird es auf den Hängegletschern weit oben am Berg auch Spalten geben. Das heißt, dass optimale Verhältnisse, also vor allem wenig oder gar kein Neuschnee, sowie eine hohe Geschwindigkeit am Berg eine Grundvoraussetzung für das Gelingen unseres Vorhabens sind. Sehr günstig ist die Tatsache, dass sich unser Hochlager nur etwa knapp 1000 Meter unterhalb des Gipfels auf einem außerordentlich sicheren Platz befinden wird.
Als Fazit unserer gemeinsamen Betrachtungen hinsichtlich der von uns ausgewählten Route steht folgende Einschätzung: Der erfolgversprechendste Stil für unser Unternehmen ist der klassische Expeditionsstil. Wir werden deshalb an sicherer Stelle ein Hochlager errichten und schwierige Passagen der Route entsprechend mit Fixseilen versichern. Oberhalb des Hochlagers sind Aktivitäten wegen der Lawinen und Eisschlaggefahr nur bei besten Verhältnissen möglich, dabei ist eine hohe Geschwindigkeit bei Auf- und Abstieg wichtigstes Gebot. Die voraussehbaren alpintechnischen Schwierigkeiten der gewählten Route sind für alle Teilnehmer ohne Probleme zu bewältigen. Und so bleibt uns jetzt nur noch zu hoffen, dass uns der Berg nicht von anderen weggeschnappt wird, denn wir geben es ja zu: Einen noch unberührten Gipfel das erste Mal zu betreten, ist für uns Alpinisten schon das allergrößte.
Doch ein Problem gibt es da noch und zwar dasjenige, mit dem wir jedes Mal zu kämpfen haben: Um
die schwierige finanzielle Situation einer solchen Expedition zu verbessern, soll auch diesmal
wieder die bereits traditionelle Grußpostkartenaktion durchgeführt werden. Für viele
Bergfreunde sind ja unsere Postkarten schon begehrte Sammlerstücke geworden. Jeder, der das
Unternehmen unterstützen will und einen Betrag von 7,- Euro (es kann gern auch mehr sein) bis
zum 15. November 2002 auf das Expeditionskonto einzahlt, bekommt die von uns gestaltete und
handsignierte Grußpostkarte aus dem Basislager zugesandt. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre
vollständige Anschrift in Druckbuchstaben im Feld »Verwendungszweck«
anzugeben. Nur dann ist
die Zusendung der Postkarte möglich. Die Einzahlung ist auch in bar in den großen
Bergsportgeschäften der Stadt Leipzig und der Geschäftsstelle des DAV in Leipzig in der
Angerstraße 55 möglich.
Alle, die unsere Grußpostkarte erwerben, nehmen automatisch an der Verlosung wertvoller Preise teil, die unser Sponsor der Outdoor- und Reiseausrüster tapir zur Verfügung stellt. Hauptpreis ist eine Suunto Höhenmesser-Uhr. Die Ziehung der Gewinner findet am 12. Dezember um 20.00 Uhr im tapir in der Karl-Liebknecht-Straße 23 statt. An diesem Abend gibt es dort auch die ersten Bilder von der Expedition zu sehen.
Dr. Olaf Rieck (Text und Bilder), im Namen der Expeditionsmitglieder Vera Morche, Lydia Schubert, Reinhardt Tauchnitz, Dr. Marcus Stück, Dirk Hoffmann und Carsten Schmidt
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