Liebe Leserinnen und Leser,
ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir fällt er momentan schwer: Der ungetrübte Blick auf 2005. Schwer deshalb, weil mir die Bilder der verheerenden Flutkatastrophe, die mit mehr als 165.000 Toten, noch mehr Verletzten, verwaisten Kindern, Obdachlosen und dem unendlich großen Leid der Betroffenen einherging, im Gedächtnis verhaftet sind.
Nachdenklich werde ich zum Jahreswechsel immer. Aber anstatt wie sonst zu überlegen, wie das kommende Jahr wohl aussehen mag und was es an Überraschungen bereit hält, stelle ich mir nun - angesichts dieser Tragödie - die Frage, ob man sich selbst und seine Probleme nicht oftmals viel zu wichtig nimmt.
Sicher! Die Deutschen, besonders die im Osten, haben es derzeit nicht leicht. Die Kassen sind leer, Arbeitsplätze sind rar und die, die einen Job haben, können sich nicht sicher sein, ihn längerfristig zu behalten. Das Leben wird teurer und komplizierter. Auch in diesem Jahr gibt es jede Menge Veränderungen, die unseren Alltag betreffen. Steuererhöhungen in allen Bereichen, gestiegene Energiekosten, Rentner-Nullrunde, keine Senkung der Krankenkassenbeiträge, wie versprochen, der Zahnersatz wird letztlich teurer, Kinderlose müssen mehr Pflegeversicherung zahlen und nicht zu vergessen: Hartz IV, die Arbeitsmarktreform, die im letzten Jahr für politischen Wirbel sorgte und so viele Menschen in die Armut schicken wird! Der Vorwurf, dass es immer nur die Kleinen trifft, die am Ende draufzahlen, ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen.
Trotzdem sind es gerade diese Menschen mit eigenen Problemen und Ängsten, die in den Tagen einer globalen Katastrophe
Größe zeigen und den noch Ärmeren dieser Welt von ihrem relativen Wohlstand etwas abgeben. Die Schweigeminuten am 5. Januar
waren »nur«
ein symbolisches Zeichen und doch haben sie mir und sicherlich auch vielen Anderen den Mut
gegeben, auch dem neuen Jahr mit Zuversicht zu begegnen.
Ihre Klaudia Naceur