Fazit: Die Stadt hat kein Geld!
Statteilrundgang mit OBM Wolfgang Tiefensee
Was ist das Besondere an Grünau? Die Frage kann man sicher nicht mit drei Sätzen beantworten, Oberbürgermeister Wolfgang
Tiefensee zumindest kann es auf einen Nenner bringen: »Bei Stadtteilrundgängen in Grünau ist das Interesse der
Bürger immer am größten.«
Und das kommt nicht von ungefähr, fühlen sich doch viele Bewohner des Stadtteils
irgendwie von der Stadt benachteiligt oder vernachlässigt.
Am 12. Mai kam unser OBM bereits zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit nach Grünau, begab sich so zu sagend in die Höhle des Löwen, nämlich in die Wohnkomplexe 7 und 8 - die Problemzone innerhalb des Viertels. Die Sonne schien (was dem Stadtteil unheimlich gut tut, wie Anwesende bemerkten) und der Rasen war entlang der festgelegten Begehungsstrecke hübsch gemäht, nur ein paar ungebetene Zaungäste wurden vor dem Rundgang nicht ihrer Plätze verwiesen. Letzteres beweist die Bodenständigkeit unseres Stadtoberhauptes. Andere hätten dies getan.
Nach kurzen Einführungsworten durch die Vorsitzende des Grünauer Bürgervereins, Petra May und Wolfgang Tiefensee selbst, setzte sich der Tross in Bewegung. Die Bezeichnung Tross ist schon richtig, denn neben einer ganzen Reihe von Amtsleuten, enttäuschten die Grünauer ihren Bürgermeister nicht. Sie kamen zahlreich. Die Älteren unter ihnen wurden jedoch bald regelrecht abgehängt, denn es ging sehr zügig voran. Der Marsch durch Grünau erinnerte zuweilen an eine kleine Maidemonstration und die vielen Leute machten es leider schwierig, die Statements von Wolfgang Tiefensee akustisch zu verstehen.
Die Stationen des Rundgangs - Rentner-Wohnhaus Jupiterstraße, die leerstehende Kopernikus-Schule, Jupiterzentrum, Klinger-Gymnasium, Ladenstraße Miltitzer Allee, Ladenstraße Brackestraße - wurden vom Grünauer Bürgerverein und dem Komm e.V. ausgewählt, wobei Dr. Evelin Müller, Vorsitzende des Komm e.V., die Führung des brisanten Brackestraßen-Abschnittes übernahm und man zur Abwechslung auch mal etwas hören konnte.
Der Weg war regelrecht gepflastert mit heißen Eisen: Abgebrochene Häuser und solche, die es zukünftig sein werden,
demolierte Schulgebäude, unansehnliche Ladenstraßen - Grünaus Exportschlager, das Theatrium mittendrin, gesellige
Arbeitslose an den Kaufhallen und und und. Dies dürfte jedoch ganz nach Tiefensees Geschmack gewesen sein, denn seinen
Worten zu Folge hat so eine Stadtteilbegehung nicht den Zweck, »Vanilliesoße über die Probleme zu
gießen!«
Vielmehr wollte er mit eigenen Augen sehen, was den Stadtteil ausmacht, um bei der anschließenden
Gesprächsrunde, die im rappelvollen Saal des KOMM-Hauses statt fand, zu wissen, wovon er spricht.
Darüber hinaus sollen die positiven aber auch negativen Eindrücke letztlich in Fachgremien zu weiteren Diskussionen und hoffentlich der ein oder anderen Verbesserung führen. Nachdem sich Wolfgang Tiefensee eine Stunde lang durch Grünau hatte führen lassen, übergab er das Wort an die Bürger. Diese ließen sich nicht lange bitten und stellten ihre Fragen. Dabei kam neben dem Kulkwitzer See und der Schulschließungsproblematik natürlich das Hauptanliegen vieler Grünauer zur Sprache: Der Stadtumbau. Oberbürgermeister und LWB-Geschäftsführer Peter Stubbe mühten sich redlich.
Aber ein solch strittiges Problem lässt sich nicht in einer Stunde erklären, geschweige denn lösen. Schade, dass die
Zeit für solch brisante Themen derart begrenzt war. So blieben denn letztlich viele Fragen offen, viele Bürger ungehört und
Hinterbänkler glücklicher Weise auch unbeachtet. Fazit des Tages, der hoffentlich auch für Wolfgang Tiefensee interessant
war: Die Stadt Leipzig hat kein Geld, die Bürger sollen sich mehr ehrenamtlich engagieren und, um des besseren
Verständnisses willen, (wenn möglich) einen Kurs in Betriebswirtschaft belegen.
Klaudia Naceur