Bernd Puckelwaldt
Kämpfer für die Platte
Die Namen Grünau und Bernd Puckelwaldt darf man getrost in einem Atemzug nennen. Denn Grünau und Bernd Puckelwaldt - das
ist wie eine unerzählte, eine unendliche Geschichte. Wenn der hünenhafte Endfünfziger über »sein«
Grünau
und »seine«
Grünauer spricht, dann bekommt er leuchtende Augen, dann kann er nicht mehr aufhören, in
seinen Erinnerungen zu stöbern und unzählige Geschichten und Anekdoten preis zu geben. Ewig möchte man seinen Erzählungen
lauschen, denn er vermag es, die Dinge so lebendig, so voller Stolz auf dieses Grünau und seine Bewohner zu beschreiben,
als wären sie erst gestern geschehen. 30-jährige Geschichte eines Stadtteils, den man entweder liebt oder hasst - selten
beides zugleich, haben auch sein Leben maßgeblich geprägt. Eher zufällig verschlug es den Leipziger 1978 ins junge
Grünau.
Zuvor studierte der Basketballer und gelernte Autoschlosser Finanzökonomie an der Humboldt- Universität in Berlin. Dazu
sei er wie die Jungfrau zum Kinde gekommen, sagt er heute ein wenig kleinlaut und winkt ab. Die Delegation zur
Weiterbildung erhielt er von der Industrie- und Handelsbank der DDR, bei der er in der Kreditabteilung (Abteilung Bauwesen)
beschäftigt war. An diese Zeit erinnert sich Bernd Puckelwaldt gern und ein jungenhaftes Lächeln umspielt seine Augen, wenn
er davon spricht, wie es war, als einziger junger Mann in einem Büro voller Frauen zu sitzen...
Man glaubt es ihm
sofort.
Grünau wird zur Faszination. Seine »Hahnenkorb-Stellung«
währte jedoch nicht allzu lange. Bald schon
sollte er sich als Mitarbeiter des, für den komplexen Wohnungsbau zuständigen Hauptauftraggebers (HAG), auf Großbaustellen
unter lauter Bauleuten tummeln, die einen so ganz anderen Ton anschlugen, als er es gewohnt war. Alle hatten ihn, der im
gesamten Bezirk Leipzig tätig war, vor Grünau gewarnt. Wenn du es irgendwie verhindern kannst, meide Grünau, sagten sie
ihm. Wahnsinn wäre es dort und seine Aufgabe, die Abnahme der unzähligen Objekte, die in kaum vorstellbaren Zeiträumen
hochgezogen werden, sei ein einziges Gerenne.
Nachdem er allerdings das erste Mal vertretungsweise nach »Schlammhausen«
kam, nachdem er dieses
riesige Bauvorhaben gesehen und das Meer von Kränen ungläubig bestaunt hatte, war er fasziniert und diese Faszination hat
ihn bis zum heutigen Tag nicht mehr losgelassen. Auch in Zeiten, als Grünau längst nicht mehr als Vorzeigestadtviertel
taugte und obwohl man es ihm zunächst gar nicht glauben mag. Denn wer den hoch gewachsenen, mit Vollbart und Zopf recht
urig wirkenden Bernd Puckelwaldt sieht, würde ihn, allein des Aussehens wegen, eher in einer alternativen Wohngegend
vermuten. Wer ihn allerdings kennt, weiß, dass sein Herz, sieht man einmal von den Frauen und seinem Modellbahn-Hobby ab,
allein Grünau gehört.