Ich habe einen Traum
Kultursommereröffnung mit Gänsehaut
Längst sind die Musicals, die anlässlich der jährlichen Kultursommereröffnung vom Ökumenischen Kinder-, Jugend- und Erwachsenenchor in der Grünauer Pauluskirche aufgeführt werden, zum echten Geheimtipp geworden. Kaum verwunderlich, dass das moderne Gotteshaus an der Alten Salzstraße bis auf den letzten Platz gefüllt ist, als das Ensemble unter der musikalischen Leitung von Elke Bestehorn am 13. Juni bereits zum sechsten Male den Startschuss für einen Sommer voll kultureller Höhepunkte gibt. Einen Startschuss im wahrsten Sinne des Wortes. Denn nachdem Pfarrer Matthias Möbius und Oberbürgermeister Burkhard Jung die mittlerweile 14. Veranstaltungsreihe dieser Art mit einleitenden Worten rhetorisch eröffnet hatten, knallt es auf der Bühne.
Das zweistündige Stück um die schwarze Legende der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung Martin Luther King beginnt mit
seinem Tod und der Chor - bestehend aus »schwarzen «
und »weißen«
Protagonisten sinnt
eindrucksvoll auf »Rache«
. Das Stück, anlässlich des 40. Todestages von Luther King geschrieben und im
April vergangenen Jahres in Berlin uraufgeführt, hatte es Kantorin Elke Bestehorn scheinbar derart angetan, dass sie Himmel
und Hölle in Bewegung setzte, um es dieses Jahr auf die Grünauer Bühne zu bekommen. Im September begannen die ersten Proben
- ein hartes Stück Arbeit lag vor allen Beteiligten. Schauspieler und Sänger des Musiktheaters sollten nicht nur Texte,
Melodien und Bewegungsläufe einstudieren, sondern beschäftigten sich auch mit dem Leben und Lehren Martin Luther Kings. Was
heißt es, gewaltfrei zu sein - nicht nur körperlich sondern auch im Geiste? Wie schwierig ist es, wirklich keine Vorurteile
zu hegen.
Themen, die auch heutzutage und hierzulande nichts an Aktualität verloren haben und mit denen wahrscheinlich Viele
bereits einmal in ihrem Leben konfrontiert waren. Aber die tatsächlichen Verhältnisse von damals lassen sich nur schwerlich
vorstellen. Die kleine Zeitreise in die 60er Jahre konnte einen ungefähren Eindruck vermitteln. So wurde jeder Zuschauer
mit einem Merkmal der Rassentrennung konfrontiert, als sie auf ihrem Stuhl einen Zettel vorfanden. Abgebildet darauf war
eine Bank auf der entweder »whites only«
(nur Weiße) oder »coloured only«
(nur
Farbige) stand. Zu sehen und hören gab es Fetzen aus dem Leben des schwarzen Predigers, eingebettet in eine Rahmenhandlung,
die die Geschichte eines schwarz-weißen Pärchens erzählte, die gefangen von den Ängsten und Vorurteilen ihrer jeweiligen
Familien, um ihr Glück kämpfen - untermalt mit Klängen eines überzeugenden Orchesters, kraftvollen Gesängen,
eindrucksvollen Texten und recht passablen Schauspielleistungen, die an manchen Stellen für Gänsehaut sorgten.
Dass weniger oft mehr ist, zeigte sich am Bühnenbild. Hier wurde mit einfachsten Mitteln gearbeitet und dabei die
Wirkung nicht verfehlt. Ergriffen sind denn auch einige Besucher an jenem Premieren-Samstag in der Pauluskirche. Der
Schlussakkord ist verhallt - übrigens dasselbe Lied, mit dem anfänglich »Rache«
heraufbeschworen wurde,
endet nun mit einem versöhnlichen »Hallelujah«
- und auch die beiden vom Publikum geforderten Zugaben
sind gesungen. Im Garten der Pauluskirche wird bis in den Morgen hinein gefeiert. Was bleibt, ist die Erinnerung an ein
imposantes Musical-Erlebnis und die Hoffnung, an anderer Stelle noch einmal dabei sein zu können.