Hingerichtet
In unmittelbarer Nachbarschaft zu normalen Wohnungsgebieten befand sich in der Leipziger Südvorstadt ab 1960 die zentrale Hinrichtungsstätte der DDR. In einem streng abgetrennten Teil der Strafvollzugseinrichtung Alfred-Kästner-Straße wurden alle im Land ausgesprochenen Todesurteile unter absoluter Geheimhaltung vollstreckt. Die Hinrichtungen fanden zunächst mittels Guillotine statt. Ab 1968 wurden sie per unerwartetem Nahschuss ins Hinterhaupt vollzogen. Anwesend war jeweils nur ein kleiner Kreis eingeweihter Personen.
Die Leichname brachte man zur Einäscherung ins Krematorium auf dem Leipziger Südfriedhof, wo sie anonym als
»Anatomieleichen«
verzeichnet und beigesetzt wurden. Aktuellen Erkenntnissen zufolge kamen hier 64
Menschen zu Tode. Daran erinnert heute eine Gedenktafel an dem Gebäude. Abgeschafft wurde die Todesstrafe erst 1987.
Todesurteile konnten in der DDR wegen Mordes, NS-Verbrechen sowie verschiedener Straftaten im Bereich
Staatsverbrechen/Wirtschaftsverbrechen/Wirtschaftsspionage ausgesprochen werden - oft waren die Tatvorwürfe aber
manipuliert.
Die Frage nach der Schuld der Hingerichteten relativiert sich angesichts der Tatsache, dass sie Opfer von nicht rechtsstaatlichen Verfahren wurden, in denen das Urteil praktisch von Anfang an feststand. Selbst die Totenscheine wurden gefälscht und verschleierten die wahre Ursache und den Ort des Ablebens.
Anschauen können Sie sich die ehemalige Hinrichtungsstätte Leipzig in der Alfred-Kästner-Straße zur Museumsnacht am 24. April. Zwischen 18.00 - 01.00 Uhr finden dann Führungen (Eingang Arndtstraße, 04275 Leipzig) statt. Am selben Tag kann zwischen 13.00 - 19.00 Uhr der Stasi-Bunker in Machern (Lübschützer Teiche, Flurstück 439, 04827 Machern) besichtigt werden. Achtung: Die Fahrtberechtigung auf der Eintrittskarte gilt nicht für die Tarifzonen bis zum Bahnhof Machern! Anfahrt mit dem Auto über B6.
Die Ausweichführungsstelle in Machern ist heute - 20 Jahre nach ihrer Enttarnung - für Besucher komplett zugänglich. Zu besichtigen sind das 5,2 Hektar große, denkmalgeschützte Gesamtgelände mit allen erhaltenen Bauten und Anlagen, sowie das 1.500 Quadratmeter umfassende Bunkerinnere. Im Rahmen von Führungen wird unter anderem vermittelt, wie die Versorgungssysteme funktionierten, wie DDR-weit Nachrichtenkontakte zustande gekommen wären und welche Überlebensstrategien sich die Staatssicherheit für einen Atomschlag entwickelt hatte.
Der Rundgang vermittelt wie das MfS auch im Ernstfall die SED-Diktatur sichern wollte - bis hin zur geplanten Einrichtung von Isolierungslagern für Oppositionelle. Den ausufernden Planungen der Stasi für den Ernstfall kann man nun im Sinne des Wortes auf den Grund gehen.
Info: Kulturamt Leipzig