Erlebnis Plattenbau
Zum 80. Geburtstag von Prof. Alice Kahl
Als 1976 der Grundstein für Grünau gelegt wurde, wurden erste Überlegungen im damaligen Wissenschaftsbereich Soziologie
der Universität Leipzig diskutiert, die sozialen Begleiterscheinungen der Besiedlung eines neuen Leipziger Stadtteils zu
beobachten. Daraus entstand das Projekt »Intervallstudie Grünau«
- eine empirische Langzeitstudie, die
die Meinungen, Urteile und Erwartungen der Grünauer zu ihrem Stadtteil aufnimmt, auswertet und in Handlungsempfehlungen für
Stadtplaner, Politiker, Wohnungsunternehmen und Stadtteilinitiativen einfließen lässt.
Die Initiatorin, Prof. Alice Kahl, sah sich selbst dabei als Anwalt der Betroffenen. Es war immer ihr Anliegen, die Diskussion um Grünau zu versachlichen und die positiven Seiten des Stadtteils herauszustellen. Zugleich hat sie nie davor zurückgescheut, unbequeme Wahrheiten an zentraler Stelle auszusprechen. Die Verbindung zu Grünau und zum Projekt hat sie nach ihrem Ausscheiden aus dem Universitätsdienst 1990 aufrecht erhalten. Alice Kahl blieb auch nach der Wende prominente Fürsprecherin für den Stadtteil und seine Bewohner, die zunehmend mit einem negativen Fremdimage konfrontiert waren.
Akribisch analysierte sie Pressemitteilungen über Grünau nach ihrem Aussageschwerpunkt. Bis zum Jahr 2000 lieferte sie
weitere Befragungsergebnisse im Rahmen von insgesamt sieben von ihr verantworteten Erhebungen, die als wertvolle Hinweise
zu Handlungsschwerpunkten in Grünau angesehen wurden. Als Dank für ihr großes Engagement wurde Prof. Alice Kahl 2006 -
anlässlich des Jubiläums »30 Jahre Grünau«
- im Rahmen der Festveranstaltung mit einer
»Grünauer Platte«
ausgezeichnet.
In der Laudatio hieß es unter anderem: »Durch ihr öffentliches Engagement für diesen liebens- und lebenswerten
Stadtteil weit über die Stadtgrenzen hinaus - unter anderem mit der 2003 erschienenen Publikation 'Erlebnis Plattenbau' mit
den zusammengefassten Studienergebnissen - motivierte sie Grünauer Akteure, und auch Vertreter der Stadtverwaltung konnten
sich ihren Argumenten nicht verschließen.«
Wie eng ihre Verbindung zu Grünau und den Grünauern nach wie vor ist, zeigt sich daran, dass sie die Einladung angenommen hatte, im April dieses Jahres nach Grünau zu kommen. Im Rahmen einer Veranstaltung der Agendagruppe und der Volkshochschule im KOMM-Haus wurden die Ergebnisse der jüngsten Befragung 2009 durch Sigrun Kabisch und Katrin Großmann vorgestellt. Ihre ehemalige Assistentin und heutige Leiterin des Departments Stadt- und Umweltsoziologie im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ, Prof. Sigrun Kabisch, verantwortet seit 2004 die Fortsetzung der Intervallstudie Grünau.
Stellvertretend für viele Grünauerinnen und Grünauer möchten wir Prof. Alice Kahl recht herzlich zu ihrem runden Geburtstag gratulieren. Wir wünschen ihr vor allen Dingen Gesundheit und Wohlergehen, damit sie noch lange miterleben kann, wie die engagierte Grünauer Bürgerschaft in langjährig bewährter Zusammenarbeit die Lebens- und Wohnqualität im Stadtteil prägt.
Evelin Müller / Sigrun Kabisch