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Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Ich kann doch auch Reis essen...

Projektwoche zur veganen Ernährung

Im Klassenraum des ersten Obergeschosses herrschen gefühlte 50 Grad, als die Agenda-Gruppe der Freien Schule Leipzig die Ergebnisse ihrer zurückliegenden Projektwoche zur veganen Ernährung präsentieren möchte. So unangenehm die rekordverdächtigen Temperaturen an jenem 20. Juni für alle Anwesenden auch sein mögen - sie passen genau zum Anliegen des Projektes, welches im Rahmen der Deutschen Aktionswoche Nachhaltigkeit veranstaltet wurde. Steht doch die weltweite Ernährung in engem Zusammenhang mit der Veränderung des globalen Klimas und damit auch mit den Wetterkapriolen der jüngeren Vergangenheit.

Auf einem selbst erarbeiteten und gestalteten Plakat, welches an der Wandtafel über dem äußerst fulminanten veganen Büffet drapiert ist, wird sehr eindringlich erklärt, wie komplex die Zusammenhänge zwischen der menschlichen Ernährungsphilosophie und dem Zustand der Erde ist. So wird beispielsweise deutlich, dass der wachsende Fleischkonsum und die damit einhergehende Massentierhaltung der Klima-Killer schlechthin ist. »Das ist aber nur ein Aspekt, der Beachtung finden sollte«, meint Magdalene. Die 17-jährige Schülerin ist eine der insgesamt 35 Projektteilnehmer und verzichtet schon seit Langem auf tierische Produkte.

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Projektwoche zur veganen Ernährung

Als Veganerin bezeichnet sie sich dennoch ungern: »Ich esse einfach bestimmte Dinge und andere eben nicht«, so die plausible Erklärung der jungen Frau. Magdalenes Gruppe hat sich mit den physiologischen Aspekten der Ernährung mit Verzicht auf tierische Produkte beschäftigt - in der Hoffnung damit Vorurteile aus dem Weg zu räumen. »Viele denken, dass alle Veganer blass und dürr sind, aber das ist Quatsch. Man kann sich sehr wohl adäquat ernähren. Letzte Woche habe ich eine vegane Nougat-Sahne-Torte gebacken. Die war so unglaublich lecker ...«, lacht die Schülerin, die weder dürr noch blass erscheint.

Gekocht und experimentiert wurde während der gesamten Projektwoche. Auf einer Wildkräuterwanderung erkannten die Kinder und Jugendlichen, dass sie entlang der Alten Salzstraße an einer wahren Kräuter-Allee beheimatet sind. Brennnesseln, Lindenblätter, Beinwell, Löwenzahn und Kapuzinerkresse - all dies wächst in unmittelbarer Umgebung und ist - mit dem gewissen Know-how - eine innovative und gesunde Bereicherung der täglichen Kost. Dass die Grünauer, wie sicher die meisten ihrer Mitmenschen in ganz Deutschland, davon wenig bis gar keine Kenntnis besitzen, wurde bei einer Umfrage vor dem Allee-Center deutlich. Beim Stichwort Wildkräuter kamen viele lediglich auf den in Leipzig weit verbreiteten Bärlauch.

Auf den Genuss von Fleisch können und wollen übrigens alle Befragten nicht verzichten - nicht einmal, wenn sie dafür das Tier zuvor selbst töten müssten. Eine Antwort steht dabei exemplarisch für die scheinbar alternativlose fleischliche Ernährung: »... Wir müssen Fleisch essen. Wir sind so ausgelegt.« So klingt die erwachsene Ratio. Dass kindliche Seelen im Hinblick auf das Töten von Tieren deutlich empfindsamer sind, obwohl auch sie sicher eine gute Bratwurst zu schätzen wissen, macht ein kleiner Film deutlich, der im Rahmen der Projektpräsentation gezeigt wird: Ein kleiner (spanischer) Junge von etwa vier Jahren sitzt vor seinem Teller, auf dem ein Oktopus liegt und beginnt darüber nachzudenken, was mit dem Tier geschehen ist.

»Warum ist da nur ein Arm? Wo ist der Kopf? Warum wurde der Oktupus getötet? Nur damit ich was essen kann? Ich kann doch auch Kartoffeln und Reis essen ...« Der zweiminütige, authentische Streifen endet damit, dass die Mama, die anfangs einfach nur wollte, dass ihr Sohn isst, ob der kindlichen Logik gerührt in Tränen ausbricht. Oft sind es tatsächlich Kinder, die die Verhaltensmuster ihrer Eltern aufzubrechen vermögen. Auch bei Magdalene war das der Fall: »In meiner Familie wurde zwar nicht wahnsinnig viel Fleisch konsumiert, aber seitdem ich mich vegan ernähre, haben sich meine Eltern auch damit beschäftigt und essen heute viel weniger tierische Produkte.«

Vor diesem Hintergrunderscheint die Projektwoche der Freien Schule umso sinnvoller. Kinder sollen abseits ihrer häuslichen Essgewohnheiten selbst erfahren, dass vegane Kost alles andere als fad ist und nichts mit Verzicht zu tun hat. Damit ihre Aktion möglichst viel Nachahmung findet, hat die Agenda-Gruppe eine Projekt-Kiste zusammengestellt, die von anderen Schulen und Einrichtungen ausgeliehen und bestenfalls erweitert werden kann. Enthalten sind beispielsweise die Filme »Gabel statt Skalpell« und »Ware Tier«, ein veganes Kochbuch speziell für den kindlichen Geschmack, ein Klassensatz Infobroschüren, Tipps für einschlägige Lektüre zum Thema sowie ein selbst gestaltetes Rezeptheft, welches neben dem Wochenablauf auch die Ergebnisse der Grünauer Umfrage enthält.

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