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Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

»Die Zeitnot der Kommunen wird zu Geld gemacht«

Interview mit Adam Bednarsky zur geplanten Flüchtlingsunterkunft Diezmannstraße

In unserer März-Ausgabe, berichteten wir über die geplante Gemeinschaftsunterkunft für 500 Geflüchtete in der Diezmannstraße. Bereits im Juli sollten die Gebäude auf der Gewerbefläche am Rande Grünaus bezugsfertig sein.

Doch kurz bevor die Vorlage im Stadtrat per Eilentscheid votiert werden sollte, wurde sie wieder von der Tagesordnung der Februar-Sitzung genommen, nachdem die Fraktion der LINKEN das Angebot noch einmal eingehend unter die Lupe genommen hatte.

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Adam Bednarsky

Neun Millionen Euro Investitionssumme erschien ihnen viel zu hoch. In den vergangenen vier Wochen wurde das Papier in der Verwaltung überarbeitet und im März zur Abstimmung gebracht. »Grün-As« sprach zum Thema mit Adam Bednarsky. Er ist neu gewählter Vorsitzender des Stadtverbandes der LINKEN, Leipziger Stadtrat und sitzt im Sozialausschuss, welcher zentral für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen zuständig ist.

Grün-As
Zunächst wünschen wir Ihnen als neuen Stadtvorsitzenden der LINKEN alles Gute im neuen Amt.
Adam Bednarsky
Oh, vielen Dank. Ja, dieses wichtige Ehrenamt in diesen turbulenten Zeiten zu übernehmen ist schwierig, aber ich denke, wir als mitgliederstärkste Leipziger Partei werden die Aufgaben der Gegenwart und Zukunft erfolgreich meistern und Leipzig nachhaltig sozial gestalten.
Grün-As
Apropos Aufgaben der Gegenwart: Zu diesen gehört ganz sicher die Integration von Flüchtlingen, bei der auch Grünau immer wieder im Zentrum der Debatte steht. Gerade diskutieren Sie ja im Stadtrat über eine neue Einrichtung an den Toren dieses Stadtteils in der Diezmannstraße.
Adam Bednarsky
Sie haben ja in Ihrer letzten Ausgabe darüber berichtet. Da ich jeden Donnerstag im Wahlkreisbüro von Cornelia Falken und Sören Pellmann Dienst schiebe, ist mir das nicht entgangen. Und ja, wir hatten und haben als LINKE erhebliche Bauchschmerzen mit diesem Vorhaben. Zunächst waren uns einige der dort handelnden Akteure der Privatwirtschaft suspekt. Wir wollen möglichst jeden gezahlten Euro in die humane Unterbringung und erfolgreiche Integration von Menschen, die wegen Krieg, Hunger und Perspektivlosigkeit die Flucht nach Europa angetreten haben, investiert wissen. Wenn aber allein das Grundstück in der Diezmannstraße schon das Doppelte des üblichen Marktwertes kostet, dann wird an dieser Stelle die Zeitnot der Kommunen zu Geld gemacht – da spielen wir nicht mit. Aufgrund unseres Engagements im Stadtrat haben sich auch bei den Gebäuden an sich Veränderungen ergeben. Jetzt bekommen wir für dasselbe Geld fast das Doppelte an Quadratmetern von den privaten Investoren. An dieser Stelle sehen wir uns als Fraktion bestätigt, da muss der Verwaltung auch mal kritisch auf die Finger geschaut werden.
Grün-As
Sie stimmen jetzt also für die Diezmannstraße, in die ab dem Sommer dieses Jahres 500 Menschen einziehen werden.
Adam Bednarsky
Wenn der Betrag für den Grundstückserwerb auf die marktüblichen 450.000 Euro verändert wird, dann werden wir dem zustimmen. Und für die Errichtung der Gebäude sind zu einem wesentlichen Anteil Leipziger Firmen vorgesehen, das finden wir richtig gut.
Grün-As
Ein kurzer Blick in die große Politik: Die Balkanroute ist mittlerweile geschlossen, eine Vereinbarung mit der Türkei wurde getroffen. Wie stellt sich die Stadt auf diese Entwicklung ein? Brauchen wir in Zukunft überhaupt noch so viele Einrichtungen für die Unterbringung von Flüchtlingen?
Adam Bednarsky
Ja, das sind die richtigen Fragen und leider sehr schwer zu beantworten. Fakt ist – und das finde ich auch richtig so – dass wir für das Jahr 2016 mit den Zahlen an schutzsuchenden Flüchtlingen von 2015 planen. Dafür brauchen wir auch die Diezmannstraße. Besonders wenn wir uns die erbarmungswürdigen Unterbringungen rund um die Alte Leipziger Messe anschauen, da besteht dringend Handlungsbedarf. Aber die Nachhaltigkeit bei diesen neuen Gebäuden muss gegeben sein. So könnten diese beispielsweise perspektivisch als Studentenunterkünfte oder für andere soziale Zwecke genutzt werden.
Grün-As
Die Stadtverwaltung verweist gern auf die gerechte Verteilung der ankommenden Flüchtlinge über das gesamte Stadtgebiet. De facto hat man jedoch den Eindruck, dass sich sowohl die zentrale, als auch dezentrale Unterbringung in Grünau ballt. Wie stehen Sie dazu?
Adam Bednarsky
Dieser Eindruck ist nicht ganz von der Hand zu weisen. In der Tat wird der Stadtteil Grünau im Besonderen bei der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen beansprucht. Dafür möchte ich den Grünauerinnen und Grünauern, allen die dabei behilflich sind, Danke sagen. Es mag in der einen oder anderen Situation nicht ohne Reibung verlaufen, aber im Großen und Ganzen haben wir das bis jetzt gut gemeistert. In Grünau waren nach Jahren der Schrumpfung kommunale Flächen vorhanden, die schnell genutzt werden konnten. Das war in anderen Teilen der Stadt nicht so. Natürlich verändert sich Grünau, das kann ich als alter Grünauer Jung dessen Schule (ehemalige 88. POS) seit Jahren leer steht, bestätigen. Begreifen wir es aber als Chance. Die neuen Mitbürger/-innen werden unser Zusammenleben bereichern, etwaige Ängste werden durch das Zusammenleben abgebaut und wir müssen als Stadt die besondere Situation in Grünau auf die Investitionsagenda nehmen. Die Sanierung von Schulen, Kindergärten, die Finanzierung von Freizeitangeboten für Jung und Lebenserfahrenen und die weitere Steigerung der Lebensqualität in Grünau wollen wir anpacken. Das sind wir als Stadt Leipzig den alten und neuen Bewohner/-innen des Stadtteils schuldig.
Grün-As
Die Grünauer werden Sie beim Wort nehmen. Vielen Dank für das Gespräch.

Am 23. März wurde die Vorlage in der Ratsversammlung bestätigt. Im Mai werden wir Sie ausführlich über das Projekt Diezmannstraße informieren.

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