Mordshunger
Eine Mord- und Heimatgeschichte des Grünauer Autors Jürgen Leidert
Teil 17
Ich hatte mich in Hof und Garten eingefunden, Freddy und Irene waren da. Irene hatte auch Tränen im Gesicht. »Was ist denn mit dir, du bist ja ganz traurig, Irene, wo nun die Osterfeiertage
beginnen!?«
»Das ist es ja, mein von mir großgefütterter Mucklhase, der einzige, den wir haben, soll zu Ostern geschlachtet und gebraten werden. Wäre mir lieber, wenn es Ostern nicht gebe.«
»Sollen wir ihn aus seinem Karnickelstall befreien und laufen lassen, Irene?«
, versuchte ich mit der Idee Irene zu trösten. Fred meinte: »Der Hase ist dann auch verloren, da
frisst ihn ein Fuchs oder ein Hungerleider findet ihn, zieht ihm das Fell über die Ohren, haut ihn in die Pfanne, dann ist dein Hase auch weg. Die ihn verspeist haben, sind satt und du läufst mit verheulten
Augen und leerem hungrigen Bauch rum – Er hat schon das Alter, so dass er ohnehin bald abkratzt«
»Na, ich kann bestimmt kein Stück Fleisch von meinem Muckel essen, lieber grase ich die Wiesen nach Sauerampfer ab und fülle mir damit den Magen!«
Ich streichelte Irene über ihr glänzend
schwarzes Haar.
»Nimm es nicht so tragisch, Irene, denk beim Essen nicht dran, vielleicht bekommst du ja einen neuen kleinen Hasen zur Pflege. Wir könnten natürlich auch in den Ellern versuchen einen Wildhasen zu
fangen oder mit dem Fitschefeil zu erlegen. Die sind aber eigentlich zu flink.«
KAPITEL IV
Am Karfreitagfrüh sollte Olaf bei Oskar Kautz die Pferde striegeln, denn der Bauer hatte Ostersonntag eine Kutschfahrt mit seiner Frau geplant. Da sollte das Pferdefell sauber glänzen. Ole rief früh seinen
Bruder: »Hallo, Axel, hast du noch nicht ausgeschlafen? Schau doch mal aus deinem Kabuff! Mir ist so übel, hab' sicher Oskars Pilze nicht vertragen. War schon mehrmals auf der Latrine! Kannst du
nicht beim Kautz die Pferde putzen, bitte?«
Noch verschlafen hatte das Wattel vom Boden herunter gelugt, wischte sich den Schlaf aus den Augen und schrie: »Du unverbesserlicher Faulpelz, lass misch in Ruhe, habe dir gestern schon gesacht,
isch geh nisch. Du tust ja nichts für unser Wohl. Mache disch an die Arbeit! Jammerlappen! Das sind nisch de Pilze, sondern dein fauler Wanst, der sich nisch bewegen will. Bring ja was zum Beißen
mit!«
Ole sah, dass es zwecklos ist, mit dem Großen zu reden, zog seine Windjacke an und ging zum Nachbar hinüber. Er hatte noch einen kleinen Leinensack in die Hosentasche gesteckt, »vielleicht lässt
sich nebenbei was heimlich absahnen«
, sinnierte er.
»Guten Morgen!«
, grüßte Olaf freundlich, als er den Bauern auf dem Gutshof traf. »Herr Kautz, ich stehe zu Ihrer Verfügung, obwohl es mir nicht gut geht, aber versprochen ist
versprochen«
»Na, so schlimm wird es nicht werden, wer essen will muss auch arbeiten. Du wirst die Pferde striegeln, will Ostersonntag mit der Frau in Markranstädt einen Besuch bei Verwandten abstatten.
Hoffentlich stören uns keine Tiefflieger bei unserer kurzen Kutschfahrt.«
Jüprgen Leidert