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Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Auf wessen Kosten spart die Kasse?

Sparkasse Leipzig strukturiert Grünauer Filialnetz um

Am gab die Sparkasse eine Presseerklärung heraus mit der wohlklingenden Überschrift: »Sparkasse Leipzig setzt auf persönliche Beratung und erweitert mediale Angebote«. Für die Grünauer dürfte dieser Titel eher wie Hohn klingen.

Denn die vierseitige Ankündigung anstehender Vorhaben, beinhaltet für den Stadtteil nichts anderes als eine massive Veränderung ihrer Filialstruktur zum Ende dieses Jahres. Konkret: Die Schließung der Zweigstelle Alte Salzstraße (WK 2), der Automaten-Standorte Zschochersche Allee (WK 8.3) und Selliner Straße (WK 8) sowie die Umwandlung der Filiale Plovdiver Straße (WK 7) in ein SB-Center.

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Sparkasse Alte Salzstraße

Begründet wurde dieser Schritt in erster Linie mit dem veränderten Nutzungsverhalten heutiger Bankkunden. Viele von ihnen hätten im Laufe der letzten Jahre auf Online-Banking umgestellt – belegt durch Zahlen, die einen Anstieg von Internetnutzung um 19 Prozent aufweisen. Ob das auch in Grünau der Fall ist, darf man anzweifeln. Immerhin hat der Stadtteil einen weitaus höheren Altersdurchschnitt als der Rest von Leipzig.

Viele ältere Bewohner kämen im Leben nicht auf die Idee, ihre Bankgeschäfte online zu erledigen, erwägen ja noch nicht einmal Kartenzahlung an der Supermarktkasse. Bargeld ist für diese Klientel eine wichtige Voraussetzung für tägliche Besorgungen. Und um an dieses zu gelangen, werden sie wohl künftig sehr viel weitere Wege zurücklegen müssen.

Darauf verweist auch SPD-Stadtrat Heiko Bär in einer Pressemitteilung. Es sei, so der Lokalpolitiker, nicht in Ordnung, dass diese Menschen erst mehr Geld zahlen müssen (die Kontoführungsgebühren wurden im April 2016 teils erheblich erhöht – Anm. der Red.) und nun die Nähe zu ihrem nächsten Sparkassenstandort verlieren. Des Weiteren betont er die zuletzt positiven Entwicklungen des Stadtteils. Während Filial-Schließungen in der Vergangenheit stets mit sinkenden Einwohnerzahlen begründet wurden, könne dieses Argument nicht mehr herangezogen werden.

Als besonders ärgerlich moniert Bär jedoch, dass die Sparkasse als öffentliches Institut keine Rücksicht auf städtische Planungen nehme. So erschwere der Rückzug des Unternehmens aus einzelnen Quartieren Grünaus eine angestrebte, funktionierende Nahversorgung.

Einer, der davon betroffen wäre, ist Thomas Neitemeier. Der Unternehmer hatte in den letzten Jahren erheblichen Anteil daran, dass das Quartier Selliner Straße nach wie vor eine gut laufende Nahversorgungsstruktur besitzt. Entsprechend angesäuert ist der Apotheker und Vermieter zweier Ärztehäuser über die Pläne der Sparkasse: Mit Wegfall des SB-Standortes Selliner Straße seien 20.000 Bewohner im WK 7 und 8 von der Bargeldversorgung abgeschnitten. Seinen Beobachtungen zu Folge nutzten etwa 7.000 Kunden die Automaten monatlich. Das dürfte sich mit dem Bau des Lipsia-Hochhauses in absehbarer Zeit sogar noch steigern.

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Mobile Sparkasse

Ganz konkret verweist Neitemeier noch auf die Bedeutung von Bargeld in den umliegenden Arztpraxen. Dort könne man ausschließlich bar zahlen. Seine Argumente konnte der Geschäftsmann am zur Quartiersratsitzung vorbringen. Zur monatlichen Runde hatte sich das Quartiersmanagement Sparkassen-Vertriebsdirektorin Christine Denk und Sprecher Dr. Frank Steinmeyer eingeladen. Dieses Gremium ist der Sparkasse wohlbekannt. Bereits 2009 bewirkte dessen Protest die Abwendung der Filial-Schließung in der Alten Salzstraße.

Dies dürfte ihnen diesmal zwar nicht gelingen, aber es gibt vage Hoffnung auf einen nicht ganz so drastischen Service-Cut. So wurde seitens der Sparkasse bereits zugesagt, dass die mobile Filiale, die als Ersatz für den Standort Zschochersche Allee eingesetzt werden soll, auch zweimal wöchentlich den WK 2 anfahren wird.

In ihr kann der komplette Zahlungsverkehr abgewickelt werden und auch Beratungen stattfinden. Und auch für die Selliner Straße gibt es ein Fünkchen Zuversicht. Man wolle, so versprachen Denk und Steinmeyer, den Standort noch einmal prüfen.

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