Quo vadis?
Am 27. und 28. April 2001 fand in Leipzig-Grünau im Jugendfreizeitzentrum
»Völkerfreundschaft«
ein EinwohnerInnenkongress statt. Grün-As kündigte das bereits ausführlich
in seiner April-Ausgabe an.
Dieser EinwohnerInnenkongress war eine gemeinsame Veranstaltung
der Stadt Leipzig, des Instituts für Länderkunde und der Leipziger Wohnungswirtschaft in
Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema: Großwohnsiedlungen in den neuen
Bundesländern. Es nahmen ca. 150 Personen teil, die in Bürgerinitiativen und Vereinen und auch
als Einzelpersonen aktiv sind sowie Mitarbeiter der Wohnungswirtschaft, der Verwaltung und
weitere interessierte Akteure, denn es ging in erster Linie darum, Erfahrungen auszutauschen,
wie andere mit den Leerstandsproblemen umgehen. Die Vertreter der neuen Bundesländer kamen
unter anderem aus Berlin, Bernburg, Brandenburg, Gera, Hoyerswerda, Leinefelde, Rostock,
Schwedt, Schwerin und natürlich aus Leipzig. Auch Teilnehmer aus südosteuropäischen Ländern
wurden als Gäste begrüßt.
Zum Auftakt des Kongresses führte Frau Dr. Evelin Müller vom Institut für Länderkunde für alle Interessierten eine aufschlussreiche Exkursion durch Grünau. Fachkundig und zugleich jeden Winkel kennend begeisterte sie die Teilnehmer, die von Ordnung und Sauberkeit im Stadtteil beeindruckt waren. Auch das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite. Der Rundgang endete im KOMM-Haus, im Wohnkomplex 8, wo bei einer Tasse Kaffee noch offene Fragen geklärt und verschiedene Aspekte gemeinwesenorientierter Arbeit im Stadtteil erläutert wurden.
Eröffnet wurde der Kongress vom Beigeordneten der Stadt Leipzig für Stadtentwicklung und
Bau, Dr. Engelbert Lütke Daldrup. Er wies in seinem Beitrag auf die besonderen
wohnungswirtschaftlicher Probleme ostdeutscher Städte hin und wie die Stadt Leipzig mit ihrem
Stadtentwicklungsplan auf den wachsenden Wohnungsleerstand reagiert. Die anschließende
Präsentation Grünauer Akteure verdeutlichte: Grünau ist ein lebendiger und bunter Stadtteil.
Davon zeugten auch der Auftritt der Seniorentanzgruppe des Komm- Hauses und der Film »Grünau -
die Stadt an der Stadt«
, der zum 20. Geburtstag des Stadtteil 1996 entstand.
Der nächste
Veranstaltungstag begann mit einem Vortrag von Prof. Jürgen Namysloh vom Sächsischen
Staatsministerium des Innern, anschließend sprach Prof. Werner Rietdorf (Erkner) über
sozialstrukturelle Wandlungsprozesse und wohnungswirtschaftliche Probleme in ostdeutschen
Großwohnsiedlungen in ihrem Einfluss auf mittel- und langfristige Stadtentwicklungstendenzen.
Dr. Martina Buhtz als BewohnerInnenvertreterin aus Berlin, Margitta Fassl, Geschäftsführerin
einer Wohnungsgesellschaft aus Hoyerswerda sowie der Bürgermeister der Stadt Leinefelde, Gerd
Reinhard vermittelten anschauliche Beispiele für Stadtumbau und Bürgerbeteiligung, die neben
den Ergebnissen der Grünauer Intervallstudie von Prof. Alice Kahl (Leipzig), die auszugsweise
im Grün-As veröffentlicht wurden, und den von Prof. Reiner Schmidt (Bernburg) vorgetragenen
Thesen zur bewohnerorientierten Stadtteilentwicklung in den Arbeitsgruppen diskutiert
wurden.
In seinem sehr engagiert vorgetragenen Beitrag, der den persönlichen Einsatz des
Bürgermeisters für »seine«
Großwohnsiedlung widerspiegelt, betonte Herr Reinhard, dass zuerst
eine Aufwertung erfolgen muss und dann der Umbau (Rückbau, Abriss), um den Bewohnern eine
Perspektive aufzuzeigen. Die Volkshochschule Leipzig wird in ihrem Herbstprogramm eine Fahrt
nach Leinefelde anbieten, bei der sich die Teilnehmer selbst ein Bild von den konkreten
Umgestaltungen machen können (nähere Angaben finden Sie im Herbstprogrammheft).
Prof. Schmidt hob hervor, dass die derzeitige Krise als Chance zu betrachten ist, denn die
Bewältigung der Krise kann und muss zum Anlass genommen werden, alle Akteure als Partner
zusammenzuführen und eine integrierte Stadtentwicklung noch stärker als bisher zum gemeinsamen
Anliegen zu machen.
Damit wurde gleichzeitig ein Fazit des Kongresses zum Ausdruck gebracht:
Information (Transparenz), Zusammenarbeit und frühzeitige Beteiligung sind gefragt, wenn es um
die Umgestaltungsprozesse in den ostdeutschen Großwohnsiedlungen geht. Wichtig ist dabei, auf
die Bürger zuzugehen, sie vor Ort einzubeziehen, Gelegenheiten wie Stadtteilfeste zu nutzen, um
ins Gespräch zu kommen.
In Anbetracht der Aktualität und der Brisanz des Kongressthemas hätten die Veranstalter eine
größere Resonanz seitens der Stadtverwaltung, der Politik und der Medien erwartet, denn
schließlich ist sachliche Information eine Grundvoraussetzung für die Lösung anstehender
Probleme.
Derzeit wird die Dokumentation des Kongresses erarbeitet, die alle Teilnehmer
erhalten werden und die auch weiteren Interessenten zur Verfügung steht.