Grün-As

Interview

ImageLink Nach dem EinwohnerInnenkongress in Leipzig-Grünau sprachen wir, die Redaktion Grün-As, mit der Sprecherin der Leipziger Wohnungsgenossenschaften Christa Fischer (früher in Leipzig als Christa Gießler bekannt) zum Thema: Abriss, Rückbau und Stadtentwicklungsplanung.

Grün-As
Ist es als Pressesprecherin der sechs großen Leipziger Wohnungsgenossenschaften nicht schwierig, immer wieder zu bekunden, dass der Abriss einer größeren Zahl von Wohnblöcken für die WG’s vorerst kein Thema ist?
Christa Fischer
Die Genossenschaften lassen sich jedenfalls nicht darauf festlegen, dass Abriss die wichtigste Antwort auf die Probleme des Leerstands ist. Auch wenn inzwischen nahezu jede Woche irgendwo in Ostdeutschland ein Kongress oder Workshops stattfinden, wo Abriss zumindest im Untertitel steht …
Grün-As
Aber droht damit nicht die Gefahr, zu spät auf neue Erfordernisse zu reagieren? Und wird nicht zu viel Porzellan zerschlagen, wenn sich Stadt, Land und andere Partner vergeblich um die Kooperationsbereitschaft der Genossenschaften bemühen?
Christa Fischer
Die WG's sind kooperationsbereit, und es wird in den nächsten Jahren zweifellos Abbrüche einzelner Blöcke geben. Nicht nachzuvollziehen ist, warum es seit ein, zwei Jahren nun plötzlich so schnell gehen muss, nachdem bis dahin noch kräftig in den Geschosswohnungsbau investiert worden ist. Wir alle haben unsere Erfahrungen mit Themen, die kampagnenartig plötzlich zur Hauptaufgabe und zum einzig richtigen Weg ausgerufen werden…
Grün-As
Angesichts der Einwohnerentwicklung und wachsender Leerstandsprobleme auch in Grünau …
Christa Fischer
…richtig - auch in Grünau. Aber eben nicht nur, und keinesfalls »vor allem«.
Grün-As
Leerstand - das bedeutet für die Unternehmen nicht nur fehlende Mieteinnahmen, das sind auch Kosten für die laufende Erhaltung und Sicherung leerstehender Wohngebäude. Es wurde den Genossenschaften mehrfach prognostiziert, dass sie sich mit Untätigkeit um so schneller dem Konkurs nähern.
Christa Fischer
Derartige Prognosen sind gleich zweifach ärgerlich! Zum einen vermitteln sie den Eindruck, dass die Genossenschaften irgend etwas vorgerechnet kriegen müssten, oder dass sie an bestimmte Kostenfaktoren nicht oder nicht ausreichend denken würden. Das haben die aber sehr genau im Blick, da gibt’s zeitnahe und sehr detaillierte Analysen! Die Verantwortung dafür tragen sie selbst, die Geschäftsleitungen zusammen mit den Aufsichtsräten und Mitgliedern!
Zum Zweiten aber wäre an dieser Stelle zu wünschen, dass auch mal mit realistischen Zahlen vorgerechnet würde, was im Moment der Abbruch eines Wohnblockes kostet. Wenn alle Vorbereitungs- und Folgemaßnahmen mitgerechnet werden, also auch die Trennung der Medien, die Grundstückssicherung usw., müsste tatsächlich und bald über Konkurse geredet werden.
Grün-As
Also abwarten, dass Bund, Land und Stadt mit weiteren Finanzierungshilfen und besseren Rahmenbedingungen reagieren?
Christa Fischer
Auch! Denn es kann tatsächlich nicht sein, dass nun gerade die Genossenschaften und die Bestände in Grünau zuerst und in großem Umfang »dran sind«. Warum gerade sie? Und warum nicht die Leipziger selbst mitentscheiden lassen, aus welchen Quartieren sie sich verstärkt zurückziehen. »Freilenkung« ist teuer, und oft trotz aller Planungen und Hilfsangebote ein schwerwiegender Eingriff in soziale Gefüge, in Nachbarschaften und Lebensgewohnheiten.
Grün-As
Also abwarten, wo sich Leerstand konzentriert? Und dann abreißen?
Christa Fischer
Nicht ganz…. aber immer noch besser, als dort abzureißen, wo es nach Schreibtischplanungen angebracht scheint…und wo vielleicht in den letzten Jahren gerade erst saniert wurde. Die Genossenschaften sind nicht untätig! Sie schauen gerade jetzt sehr genau hin, wo und wie sich Leerstand oder aber Wohnzufriedenheit mit besonderen Ausprägungen entwickelt. Dem gehen sie nach, sprechen mit den Bewohnern und versuchen, derartige Entwicklungen sinnvoll zu unterstützen, abzufedern oder zu verstärken. Wir sehen darin eine große Chance, mit dem gemeinsamen Problem Leerstand und Einwohnerverluste verantwortungsvoll umzugehen.
Es gibt keinen Grund, die sensiblen Entscheidungen zu Abrissen und Gebietsumbau morgen zu treffen und übermorgen umzusetzen - die WG’s brauchen die Zeit!
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