…bis die Bühne bricht
Rockehlchen mit Kindermusikshow unterwegs
Sechs zauberhafte Gören sind im Begriff, Leipzig musikalisch zu erobern. Sie rocken, poppen,
rappen, tanzen, aber in erster Linie singen sie ihre Lieder und die natürlich live. Kein
Karaoke und keine Mini-Playback-Show:
Wenn die Rockehlchen auf der Bühne loslegen,
ist alles echt und so noch nicht dagewesen. Gerade das macht ihre Show für Große und Kleine so
besonders.
Die Medien haben es Josephine, Franz, Lisa, David, Max und Bianca längst bescheinigt: Ihr
seid die jüngste Rockband Deutschlands.»Das macht schon stolz«
, meinen die Youngster unter
Chef Hartmut Butzlaff (51), »hat aber ganz schön was mit hart Üben zu tun«
, sind sich alle
einig. Das kann Vater Butzlaff nur bestätigen. Er hat als Hobby-Gitarrist die Truppe
großgezogen und weiß mittlerweile, was es heißt, mit Kindern zu arbeiten.
Bereits 1998 waren sein Sohn Franz (12) und Sebastian Fischer ein erfolgreiches Kinder-Duo. Als
die Veranstalter die damals Neunjährigen zu buchen begannen, kam plötzlich das Aus. Der
Stimmbruch schlug zeitig zu - Sebastian konnte nicht mehr singen. All die neu entstandenen
Balladen, Rock- und Popsongs in die Schublade stecken? Das kam nicht in Frage. Also von vorn.
Nach aufreibender Suche stand ein neues Team; diesmal gleich ein Quartett. Lisa (11) erinnert
sich: »Ich hatte mächtige Bauchschmerzen beim ersten Vorsingen, aber ich wollte es unbedingt
schaffen. Deswegen habe ich wochenlang meine Texte und Melodien rauf und runtergesungen, bis
ich sicher war.«
David (10) und Josephine (12) ging es nicht besser. Doch das Training hat sich gelohnt. Ein
ganzes Jahr tourten sie gemeinsam mit ihrem Pianisten Helge Nietzschke (32) durch Leipziger
Häuser und über Open-Air-Bühnen: Gewandhaus, Moritzbastei, Kosmospolitan, Boccaccio und Theater
im Zelt gehörten dazu. Im März 2001 gab es dann ein großes Geburtstagskonzert und gleichzeitig
stellte sich »Nachwuchs«
ein: Bianca (11) und Max (9) verstärken seit dem die Crew.
Aber zum Feiern sind die Rockehlchen so richtig nicht gekommen, denn wer auf der Bühne
stehen will, hat viel zu tun. Da gibt es neben dem Stimmbildungs- und Instrumentalunterricht
regelmäßig Einzel- und Gesamtproben: Hier werden Melodien und Text gelernt, Rhythmik
einstudiert, Spielszenen geprobt, vor allem aber sauber Singen und Sprechen gepaukt, manchmal
bis zum Abwinken. »Jeder Ton muss sitzen«
, weiß Josi, die gerade an einer ganz verrückten
dritten Stimme übt, »damit die Harmonien stimmen, denn unser Publikum hört richtig hin.«
Und da hat sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Manche Fans versuchen, jede Stelle genau
mitzukriegen. Ob der Text wirklich so wichtig ist? »Klar«
, sagt Franz. »Guten Sound kann man
heute elektronisch herstellen. Aber wenn dich die Leute wirklich ernst nehmen sollen, muss mehr
passieren, als Hänschenklein mit Rhythmuscomputer.«
Wie er das meint? »Ganz einfach«
, erklären
Max und Bianca. »Wir sind zwischen neun und zwölf Jahre alt. Da denkt man schon über Träume und Wünsche
nach, überlegt, warum da Wut im Bauch ist oder auch schon mal Schmetterlinge, freut sich über
richtige Freunde, fühlt sich manchmal allein gelassen, ärgert sich über sinnlosen Streit:
Manchmal macht man Blödsinn und am liebsten sowieso nur, was Spaß macht. Dann weiß man wieder
nicht, wo muss man zweimal hingucken oder wo auch mal wegsehen. Das geht doch Jeden an und
steckt alles in unseren Liedern drin.«
Die entstehen mit viel Engagement im Kreis eines Vereins, der sich »Neue Kinderlieder e.V.«
nennt. Er fördert die Rockehlchen seit Jahresbeginn. Hier haben sich Eltern und Musik-Freunde
zusammengetan, ohne die die immense Arbeit nicht zu meistern wäre. Requisite, Technik,
Transport, Termine, Betreuung - all das ist zu koordinieren und bedeutet: Jeder hat neben
seiner eigentlichen Arbeit noch einen sehr ernstzunehmenden Zweit-Job. Wenn sich der Vorhang
einmal öffnet, gibt es keine zweite Chance.
»Entweder die Post geht ab, die Leute klatschen und singen mit oder wir haben unsere
Hausaufgaben nicht gemacht«
, resümiert David. Wenn er nicht gut drauf ist, spürt das Publikum
das sofort. Ansonsten legt er schon mal los wie Michael Jackson, denn der ist sein großes
Vorbild. Aber noch sind die Bühnen Leipzigs heil. Im September allerdings rocken die Kinder am
2., 9. und 16., jeweils 15 Uhr im Krystallpalast Variet (Magazingasse 4) mit ihrer Musikshow
»….bis die Bühne bricht!«
und garantieren dabei für nichts. Dann wird sich zeigen, ob neben
Hartmut Butzlaff auch die Bauherren vor Ort auf gutes »Material«
geachtet haben.
Undine
Belger