Das Gänseblümchen
Die kleine Blume ist unverwüstlich. Zu beschreiben braucht man sie nicht. Gänseblümchen kennt jeder. Ihren Namen haben sie bekommen, weil sie früher auf Wiesen gewachsen sind, auf denen Gänse geweidet worden sind. Obwohl solche Wiesen durch den Kot der Gänse sehr nährstoffreich waren, konnten dort nur wenige Gräser und einige besonders anpassungsfähige Pflanzen wie eben das Gänseblümchen wachsen. Alles größere haben die Gänse abgerupft. Gänseblümchen blühen das ganze Jahr, auch an frostfreien Wintertagen.
Bis vor etwa 150 Jahren wurden sie unbarmherzig verfolgt. Sie standen im Ruf, einen Schwangerschaftsabbruch einleiten zu können und helfen zu können, zu verhüten. Das Gänseblümchen hat diesen Ausrottungsfeldzug überstanden. Inzwischen wurden aus ihm sogar einige Zierblumen gezüchtet (Tausendschönchen heißen sie dann). Als Verhütungsmittel taugt das Gänseblümchen übrigens nicht, obwohl es durchaus eine Reihe heimischer Pflanzen gibt, mit denen man, richtig gemischt und zubereitet, fast so sicher verhüten kann, wie mit der Pille. Möhrensamen sind zum Beispiel ein Bestandteil solcher Mischungen. Im Altertum waren unsere Vorfahren damit wohl vertraut. Erst am Ende des Mittelalters als jeder Heilkundige Gefahr geriet, als Hexe oder Zauberer verbrannt zu werden, gerieten alle diese Kenntnisse in Vergessenheit.
Ein bisschen von diesem Hexenwahn lebt noch in den Kleingärtnern weiter, die Gänseblümchen auf ihrem gepflegten, englischen Rasen erbittert als Unkraut bekämpfen. Die kleine Blume widersteht den Rasenmähern genauso wie einst den Schnäbeln der Gänse. Ich finde sie schön. Sie bringen wenigstens etwas Farbe in die grüne Langeweile englischer Rasen, die ökologisch eine grün gefärbte Wüste sind.
Gänseblümchen sind essbar. Ihre Blätter können roh wie Feldsalat (auch Rapünzchen genannt) oder gekocht wie Spinat
gegessen werden. Die Knospen eignen sich in Essig und Salzwasser eingelegt als Kapernersatz. Die Blüten können als
Garnierung dienen und dann gleich mitgegessen werden. Sie schmecken nussartig. Die ganze Pflanze kann auch als Medizin
genutzt werden. Sie hilft bei Husten, den zähen Schleim zu lösen und kann gegen äußere und innere Blutungen verwendet
werden. Allerdings gibt es dazu wirksamere Heilmittel, so dass Gänseblümchen kaum noch in den gängigen Pflanzenheilmitteln
zu finden sind. Aber als Beigabe zum Frühlingssalat aus oder mit Gänseblümchen sind diese kleinen Wohltaten für die
Gesundheit nicht zu verachten.
Dr. Leonhard Kasek