StolperSTEINE - Mahnwache an geputzten Stolpersteinen
Aktion zum 71. Jahrestag der Reichspogromnacht
Am 9. November 2009 jährte sich die Reichspogromnacht zum 71. Male. Jene Schreckensstunden im Jahre 1938, in denen jüdische Bürger die ganze Brutalität des faschistischen Deutschlands zu spüren bekamen. Im gesamten Land gingen Synagogen in Flammen auf, wurden jüdische Geschäfte zerstört und jüdische Bürger unabhängig ihres Geschlechtes, Standes oder Alters zur Zielscheibe fanatischer Nationalsozialisten und oft auch einst friedlicher Nachbarn.
Diese Nacht - meist verharmlosend Kristallnacht genannt - gilt mit ihrer Zerstörung und Toten als eindeutiges Signal zur gnadenlosen Verfolgung und letztendlichen versuchten Vernichtung eines ganzen Volkes. In Leipzig wurden sieben Synagogen und Betthäuser, 193 Geschäfte, eine Schule, zwei Friedhöfe und 34 Wohnungen verwüstet und gebrandschatzt. Um die vielen Opfer, die einst Tür an Tür mit unseren Eltern, Großeltern und Urgroßeltern lebten, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, erinnern deutschlandweit sogenannte Stolpersteine an die Namen und Schicksale Einzelner.
An den kleinen, beinah unscheinbaren Messingschildern wurden 2008 - 70 Jahre nach den Geschehnissen - erstmals Mahnwachen abgehalten. Auf Initiative verschiedener Leipziger Gruppen fanden sich an jedem der insgesamt 45 Stolpersteine Bürger ein und gedachten mit Blumengebinden und Kerzen der Toten. Diese Aktion fand solch großen Anklang, dass sie in diesem Jahr wiederholt wurde. Zuvor nahmen zirka 80 Bürger an der Auftaktveranstaltung der Mahnwachen am Mahnmal der ehemaligen Synagoge in der Gottschedstraße teil. Der Opfer der NS-Diktatur, an diesem Jahrestag der Reichspogromnacht besonders der ermordeten Jüdinnen und Juden, wurde mit jüdischen Liedern, Gedichten und Worten der Erinnerung und Mahnung gedacht.
Zur gleichen Zeit nahmen Vertreter der Veranstalter auch am Gedenken an der Parthe in der Pfaffendorfer Straße teil. In
das Gewässer wurde in jener Nacht ein Teil der Leipziger Juden nach der Verwüstung ihrer Wohnungen getrieben und von
anwesenden »Zuschauern«
auf Geheiß von SA-Leuten gedemütigt, angespuckt und mit Lehm beworfen. An all
diese Vorkommnisse wollten neben vielen Leipziger Bürgern, die 34 Vereine und Initiativen, acht Schul- und Jugendgruppen,
16 Mandatsträgerinnen und Mandatsträger verschiedener Parteien aus Stadtrat und Landtag, Gewerkschaftsfunktionäre und
weitere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens erinnern, die dem Aufruf der Veranstalter gefolgt waren.
Von 17.30 Uhr bis 18 Uhr wurden zu diesem Zweck an jedem der mittlerweile 59 Stolpersteine in Leipzig Kerzen zur Erinnerung und Mahnung an die Opfer der NS-Diktatur entzündet. Auf Vorschlag von Achim Beier von der Arbeitsgruppe Stolpersteine Leipzig, putzten die Teilnehmer zuvor die Stolpersteine. So wurden die NS-Verbrechen an den Wohnorten der Opfer, wieder sichtbar. Neben dem Verlesen der Biographie der Opfer war Zeit für Gespräche über persönliche Courage und bürgerschaftliches Engagement, bevor die Abschlussveranstaltung in der Gottschedstraße viele Beteiligte wieder in der Innenstadt vereinte.
Klaudia Naceur / Richard Gauch