Der Entwurf des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (INSEK) ist druckfrisch der Öffentlichkeit präsentiert worden. Darin klar ersichtlich: Bei allen Problemen, die es auch in anderen Stadtvierteln gibt,
Grünau ist und bleibt ein Schwerpunktgebiet mit besonderem Handlungsbedarf. Vor allem im Zentrum des Viertels brodelt es seit einiger Zeit heftig. Um Lösungen wird gerungen. Die Partei »Die Linke« hat ihr
Bürgerbüro an genau jenem Brennpunkt auf der Stuttgarter Allee und setzt sich für ein besseres Miteinander im Quartier ein. »Grün-As« sprach mit Sören Pellmann über Probleme und Chancen von Grünau-Mitte.
»Grün-As«Das Zentrum Grünaus ist seit geraumer Zeit ein
echter Problembereich, das
Zusammenleben massiv gestört. Wer kommt denn dort
mit wem nicht zurecht?
Sören PellmannJa, die
Brennpunkte sind tatsächlich vor
allem im WK 4 rund um die Stuttgarter
Allee und das Allee-Center
aber auch im WK 7 rund um die
Jupiterstraße und das Jupiter-Zentrum.
Mit der Situation, die dort im
Laufe der letzten Zeit entstanden
ist, fühlen sich nicht nur die Anwohner
überfordert, sondern auch viele
Einrichtungen und zivilgesellschaftliche
Akteure. Insbesondere
die abendliche und nächtliche Nutzung
des öffentlichen Raumes –
maßgeblich geprägt von lauter
Musik und Alkoholkonsum – steht
einem solidarischen Miteinander
im Wohngebiet fühlbar entgegen.
Wir hören das immer wieder von
Menschen, die sich bei uns im Büro
ihre Sorgen von der Seele reden.
Kriminalität, Gewalt sowie Drogenhandel
und -konsum ängstigen
die Bürger.
»Grün-As«Verständlicherweise. Die kriminellen
Taten jetzt mal außenvor
gelassen, wo sehen Sie denn
aber Möglichkeiten, den Konflikt
in den Abend- und Nachtstunden
zu entschärfen?
Sören PellmannDer Kern des Problems: Es fehlen
Räume, wo sich Jugendliche
und junge Erwachsene ungestört
und Niemanden störend aufhalten
können. Was viele vielleicht nicht
wissen: Diese jungen Leute leben
oft in sehr beengten Verhältnissen,
die wollen raus aus ihren Wohnungen,
sich mit Gleichaltrigen treffen.
Aber es fehlt einfach an geeigneten
Treffpunkten für unterschiedliche
Zielgruppen, darunter auch speziell
junge Migrantinnen und Migranten.
Besonders in Grünau-Mitte
halte ich die Schaffung eines solchen
Treffs für dringend geboten.
Es gibt da auch schon die Idee eines
Kulturcafés auf der Stuttgarter Allee
oder in näherer Umgebung. Diese
Initiative unterstütze ich voll und
ganz.
»Grün-As«Das allein wird doch aber sicher
nicht alle Probleme lösen?
Sören PellmannBestimmt nicht, aber es ist ein
Ansatz. Parallel dazu muss die Straßensozialarbeit
ausgebaut werden.
Derzeit sind drei Streetworker für
ganz Grünau eingesetzt. Hier muss
es rasch mehr Stellen geben, darunter
möglichst auch Menschen
mit Fremdsprachenkenntnissen
und/oder Migrationshintergrund.
Ganz wichtig erscheint mir auch
die Schulsozialarbeit. Als Lehrer
weiß ich, wovon ich spreche. Die
85. Grundschule und die 100.
Grundschule sowie die 84. Oberschule
müssen in diesem Bereich
besser ausgestattet werden.
»Grün-As«Nochmal zurück zu den fehlenden
Treffpunkten. Gerade auf
der Stuttgarter Allee gibt es
doch mit der Völle einen.
Reicht das nicht?
Sören PellmannDer Offene Freizeittreff »Völkerfreundschaft« ist eine wichtige
Instanz der Kinder- und Jugendarbeit.
Allerdings gibt es nach wie vor
große Probleme mit der Betreibung
des Hauses. Ich erinnere daran,
dass im Stadtrat die Schaffung
einer Stelle für das Veranstaltungsmanagement
des Hauses bewilligt
wurde. Diese Stelle muss endlich
besetzt werden, damit die dortigen
sozialpädagogischen Mitarbeiter
entlastet werden und sich ihrer eigentlichen
Aufgabe widmen können.
»Grün-As«Kommen wir zu einem anderen
Punkt: Die Wohnungspolitik.
Eigentümer sehen sich der Kritik
ausgesetzt, ihre Wohnungen
wahllos zu vermieten und dadurch für eine ungesunde Konzentration
eines bestimmten
Klientels zu sorgen.
Sören PellmannDas stimmt, aber es liegt nicht
allein an den Wohnungseigentümern.
Irgendwo müssen einkommensschwache
Menschen ja leben.
Und wenn der günstige
Wohnraum hier zu finden ist, dann
kommen sie hierher. Die in Planungsunterlagen
der Stadt immer
wieder genannte »Soziale Durchmischung« zu realisieren, sehe ich
vor allem die Stadt Leipzig in der
Pflicht. Sie muss dafür sorgen, dass
flächendeckend – also auch in sozial-
und einkommensstarken Stadtteilen
– mehr Sozialwohnraum geschaffen
wird. Gleichzeitig setzen
wir uns gegen unterschwellige Diskriminierungen
auf dem Wohnungsmarkt
ein, die dem Gleichbehandlungsgesetz
widersprechen.
»Grün-As«Leipzig wächst. Gerade wurde
der Entwurf der neuen Entwicklungsstrategie
für Leipzig
bis 2030 vorgestellt. Viele bejubeln
die rasante Entwicklung
der Stadt, auf Grünau sehe ich
eher Probleme zukommen...
Sören PellmannDas sehe ich nicht so pessimistisch.
Das künftige Wachstum von
Leipzig bietet gerade Grünau zahlreiche
Chancen, seine umfangreichen
Potenziale auszubauen. Nutzen
wir sie gemeinsam durch eine
aktive Teilnahme an einer bürgerorientierten
Stadtentwicklungsplanung
und -gestaltung.
Letzteres kann ich nur unterstreichen.
»Grün-As«Vielen Dank für das
Gespräch.