Im Interview: Vorstandsvorsitzender der WBG Kontakt e.G. Jörg Keim
»Grün-As«
Ihre Ankündigung,
das Karree »An der Kotsche 43
bis 73« zu sanieren, kam für
viele Mieter überraschend. Da
ist lange Jahre nicht viel passiert.
Warum also jetzt?
Jörg Keim
Die Entwicklung
vor Ort ist sehr positiv. Der Schulstandort
wird reaktiviert, alle umliegenden
Häuser sind in letzter
Zeit aufgewertet worden. Die
Kotsche ist praktisch der letzte
»Schandfleck« hier und der wird
nun beseitigt.
»Grün-As«
Hätte man das nicht auch
schon viel früher tun können?
Jörg Keim
Hätte man. Tatsächlich überlegen
wir schon seit zehn Jahren,
was wir mit »der Kotsche« machen
sollen. Dabei haben wir alles in
Erwägung gezogen: Ein Teilrückbau,
wie in der Uranusstraße oder
Komplettrückbau, sprich Abriss,
waren im Gespräch. Sogar über
einen Verkauf haben wir nachgedacht.
Den letzten Gedanken haben
wir jedoch sehr schnell wieder
verworfen. Schließlich haben sich
in den letzten Monaten die Sanierungspläne
verdichtet.
»Grün-As«
Die zehn Jahre decken sich auffällig
mit dem 2007 beschlossenen
Stadtentwicklungsplan
(STEP) Grünau 2020, der noch
immer gültig ist. Dem Papier
zufolge liegt die Wohnanlage
im so genannten Stadtumbaugürtel
– eine Sanierung war
bislang nur mit Eigenmitteln
möglich. Sie hoffen jedoch auf
Fördermittel. Wie geht das?
Jörg Keim
Die Wohnungssituation hat sich
auch in Grünau enorm gewandelt.
Letztlich ist der STEP längst überholt.
Und auch der Freistaat weiß,
dass er zumindest in den Städten
Leipzig und Dresden in Punkto sozialer
Wohnungsbau aktiv werden
muss. Sachsen hat deshalb ein neues
Fördermittelprogramm »Sozialer
Wohnungsbau« aufgelegt. 20
Millionen Euro verteilt das Land nun
jährlich auf die Kommunen. Wir
haben das als erstes Grünauer
Wohnungsunternehmen als Chance
gesehen, um in Zukunft weiterhin
preisgünstigen Wohnraum anzubieten.
Jedoch muss über unseren
Antrag noch entschieden werden.
»Grün-As«
Wie viel soll das Vorhaben kosten?
Jörg Keim
Insgesamt werden wir 21,5 Millionen
Euro investieren. Dabei
wird der eventuelle Fördermittelanteil
nur ein Baustein der Finanzierung
sein.
»Grün-As«
Das ist viel Geld.
Jörg Keim
Es ist unser größtes Projekt der
vergangenen Jahre. Unsere Genossenschaft
investiert zwar jedes
Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag
in die Objekte, aber nicht
mit einem Mal in nur ein Einziges.
»Grün-As«
Die Umbaupläne lassen ein
hochwertiges Ergebnis erahnen.
Können sich die jetzigen
Bewohner die künftige Miete
dann überhaupt noch leisten?
Jörg Keim
Ja, das ist ja der Sinn hinter der
Förderrichtlinie »Sozialer Wohnungsbau«. Wir gehen im Ergebnis
davon aus, dass nicht nur Mieter
mit einem guten Einkommen in
Zukunft hier wohnen können, sondern
auch Mieter mit Transfereinkommen.
Dafür steht der Freistaat
mit den genannten Fördermitteln
ein. Bedingung wird jedoch sein,
dass ein Wohnberechtigungsschein
nachgewiesen werden muss, um
in den Genuss einer vergünstigten
Wohnung zu kommen.
»Grün-As«
Wie haben die Bewohner auf
diese – für sie sicherlich guten
– Nachrichten reagiert?
Jörg Keim
Wir haben im Juli alle Mieter zu
mehreren Info-Veranstaltungen
eingeladen. Viele waren sehr interessiert
und kamen schon mit konkreten
Fragen auf uns zu. Die meisten
haben sich darüber gefreut,
dass sich endlich etwas tut. »Hurra«
hat trotzdem keiner gerufen und
das finde ich auch durchaus nachvollziehbar.
Schließlich müssen erst
einmal alle ausziehen.
»Grün-As«
Wieso das?
Jörg Keim
Zum einen, weil es unserer Ansicht
nach Niemandem zuzumuten
ist, über einen so langen Zeitraum
– wir reden über eine Bauphase
von zwei bis drei Jahren –
derartigen Dreck und Baulärm zu
ertragen. Außerdem möchten wir
Wohnungsgrundrisse ändern und
Aufzüge einbauen, welche auf der
Etage halten. Damit können unsere
Mitglieder ihre Wohnung barrierearm
erreichen und müssen
nicht weiterhin Treppensteigen.
Zusätzlich werden die Balkone erneuert.
Dass das Gebäude energetisch
saniert wird, versteht sich
von selbst.
»Grün-As«
Gibt es denn Mieter, die wieder
zurückkommen wollen?
Jörg Keim
Ja, die gibt es wirklich. Aber zunächst
müssen wir uns gemeinsam
um eine neue Wohnung kümmern.
Wir bemühen uns dabei um
größtmögliche Hilfe. Angefangen
bei der Wohnungssuche bis hin zur
differenzierten Zahlung von Umzugskosten
und der Übernahme
der Unkosten für die Ummeldung
bei der Meldebehörde.
»Grün-As«
So viele neue Wohnungen zu
finden, ist sicher kein leichtes
Unterfangen auf dem hiesigen
Wohnungsmarkt.
Jörg Keim
Richtig, aber lösbar. Unsere Genossenschaft
besitzt über 15.000
Wohnungen in Leipzig und im Umland.
Allerdings möchten die meisten
Mitglieder natürlich gern in
Grünau bleiben, weil sie sich hier
wohl fühlen. Wir werden aber bestimmt
für jeden eine praktikable
und gute Lösung finden. Wir haben
unseren Mitarbeiter Fabio Lovece
als neuen Ansprechpartner direkt
vor Ort mit dieser Aufgabe betraut.
Notfalls nimmt er alle einzeln an
die Hand. Die Außenstellenleiterin
vom Nelkenweg, Angelika Rolle,
behält die gesamten Aktivitäten im
Blick und steht ebenfalls als Ansprechpartnerin
zur Verfügung.
»Grün-As«
Bis wann muss Herr Lovece
diese Aufgabe bewältigt haben?
Jörg Keim
Im Juli 2018 sollen die Arbeiten
beginnen.
»Grün-As«
»Grün-As« wünscht dafür viel
Erfolg und bedankt sich für das
interessante Gespräch.